Sie sind angekommen: Wie jugendliche Flüchtlinge in der Eifel ohne Familie zurechtkommen und hier Weihnachten feiern

Bitburg · Seit Herbst 2015 betreut der gemeinnützige Verein Karree Eifel drei Wohngruppen für jugendliche Flüchtlinge, die ohne Begleitung nach Deutschland gekommen sind. 15 dieser jungen Menschen sind im Bitburger Jugendhotel untergebracht. Sie kommen aus Syrien, Afghanistan und Somalia, stammen somit aus völlig unterschiedlichen Kulturen und leben jetzt mitten in der Eifel. Das könnte schwierig sein, klappt aber ganz gut.

 Im Bitburger Jugendhotel leben junge Flüchtlinge, die ohne Familie nach Deutschland gekommen sind. TV-Foto: Uwe Hentschel

Im Bitburger Jugendhotel leben junge Flüchtlinge, die ohne Familie nach Deutschland gekommen sind. TV-Foto: Uwe Hentschel

Foto: Uwe Hentschel (uhe) ("TV-Upload Hentschel"

Bitburg. "Kartoffeln sind super", sagt Mohammad Barafi. Er grinst. Und zwar so, dass sein Gegenüber recht schnell feststellen muss, dass Kartoffeln dann wohl doch nicht unbedingt seine Leibspeise sind. Und bei Ibrahim Shobak, der neben ihm sitzt, ist die Leidenschaft für Kartoffeln offenbar ähnlich schwach ausgeprägt. Für das Nachtschattengewächs hat er nur ein leicht gequältes Lächeln übrig.Familie ist noch in Syrien


Vor 14 Monaten ist der inzwischen 18-jährige Ibrahim von Syrien nach Deutschland gekommen. Über die Türkei nach Griechenland und von dort über die Balkanroute nach Österreich und schließlich Deutschland. Ibrahim hat sich damals ganz alleine auf den Weg gemacht.
Seine Familie ist nach wie vor in Syrien. "Wir telefonieren jeden Tag", sagt der junge Mann, der inzwischen seit mehr als einem Jahr in Bitburg lebt, dort die Berufsbildende Schule besucht und gerne Frisör werden möchte. Mit Haarschneiden kennt er sich aus. Das hat Ibrahim schon gemacht, bevor er aus dem Kriegsgebiet flüchtete.
Abdullah Dorman hat sich gemeinsam mit seinem Onkel in Afghanistan auf die Reise gemacht. Beide haben in Europa einen ähnlichen Weg hinter sich wie Ibrahim. In Österreich jedoch wurden sie getrennt. Denn Abdullah hatte eine Blinddarmentzündung und kam deshalb ins Krankenhaus.
Sein Onkel musste ohne ihn weiter. Er ist jetzt in Belgien untergebracht und Abdullah lebt in Bitburg. Der inzwischen 18-Jährige war Ende 2015 einer der ersten jugendlichen Flüchtlinge, die ins Bitburger Jugendhotel Youtel auf dem Flugplatz gezogen sind.
Inzwischen leben dort 15 Jungs. Der jüngste ist 15, die ältesten sind 18. Sie stammen aus Syrien, Afghanistan und Somalia, teilen sich gemeinsam ein halbes Stockwerk des Jugendhotels. Fast jeder von ihnen hat sein eigenes Zimmer. Dazu gibt es einen Gemeinschaftsraum mit Fernseher, Sitzmöglichkeiten und Küche.
Gemeinsam kochen


Am Wochenende wird gemeinsam gekocht. Die Woche über werden die jungen Flüchtlinge über die Kantine des Jugendhotels versorgt. "Für die Jungs ist das eine große Umstellung", sagt Martina Kreuzkamp. "Sie würden sich natürlich häufiger ein Essen aus ihrer Heimat wünschen."
Kreuzkamp ist Erzieherin und Mitarbeiterin des Vereins Karree Eifel. Der Fachdienst für Familienhilfe und schulische Inklusion betreut insgesamt drei Wohngruppen mit jungen Flüchtlingen, die ohne Familie nach Deutschland gekommen sind (siehe Extra). "Wir haben hier drei bis vier verschiedene Kulturen auf engstem Raum", sagt Kreuzkamp, "und es war bisher ein sehr friedfertiges Miteinander."
Das bestätigt auch Ralf Olk, Chef des Jugendhotels. "Ich hatte anfangs schon Bedenken, ob das auch wirklich klappt", räumt Olk ein, "doch es läuft sehr gut". Und das nicht nur innerhalb der Wohngruppe, sondern allgemein. "Wenn es eine Gruppe gibt, bei der Integration funktioniert, dann sind es genau diese jungen Flüchtlinge", ist der Youtel-Betreiber überzeugt.Integration funktioniert


Denn die Jungs unterlägen durch ihre Situation nun mal nicht tagtäglich dem kulturellen Einflussbereich ihrer Familien, so Olk. Und das erleichtere die Integration durchaus. Das bedeutet eben aber auch, dass hin und wieder Dinge auf dem Teller landen, an die man sich erst gewöhnen muss. Ob die Jungs wollen oder nicht.
Aber es gibt natürlich auch Ausnahmen. Wie zum Beispiel zu Weihnachten. Am heutigen Heiligabend hat Kreuzkamp mit ihrem algerischen Kollegen Dienst. Die Jungs sind fast alle da. Es gibt Geschenke und dazu ein festliches Essen. "Wir kochen kein deutsches Gericht", sagt die Erzieherin, "sondern wir bereiten etwas zu, das allen schmeckt." Ein multikulturelles Menü. Womöglich ohne Kartoffeln.Extra

Die Einrichtung Karree Eifel betreibt neben der Wohngruppe im Jugendhotel noch eine weitere in der Bitburger Saarstraße sowie eine dritte in Konz-Hamm. Wie Karree-Eifel-Geschäftsführer Thomas Kallwitz erklärt, leben in diesen drei Gruppen 32 junge Flüchtlinge, für die aber unterschiedliche Jugendämter zuständig sind. So unterliegen einige Jugendliche im Youtel der Zuständigkeit des Eifelkreises, andere hingegen sind den Landkreisen Bernkastel-Wittlich, Trier-Saarburg, der Stadt Trier oder gar dem Kreis Cochem-Zell zugeordnet. Das hängt damit zusammen, dass die Flüchtlinge generell nach einem festgelegten Schlüssel (Königsteiner Schlüssel) auf Länder, Kreise und Kommunen verteilt werden. Ist aber in den dortigen Einrichtungen kein Platz mehr, so werden die jungen Flüchtlinge auf Wohngruppen benachbarter Kreise verteilt. Die Kosten der Unterbringung trägt aber nach wie vor der eigentlich zuständige Kreis. uhe

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