Landwirtschaft Sind Kühe in der Eifel zu dick?

Bitburg-Prüm · Die Schweizer Kühe sind übergewichtig. Darauf hat neulich eine Initiative hingewiesen. Gilt das auch für die Eifeler Tiere? Ein Grüner sieht auch in der Region Verbesserungsbedarf.

Sind Kühe in der Eifel zu dick?
Foto: linden fritz peter/fritz peter linden

Linda heißt sie, die beste Kuh im Stall. 142 178 Liter Milch hat sie in ihrem 17 Jahre langen Leben gegeben. Und das macht das Fließemer Tier zum Spitzenreiter der Region. Von der Züchtervereinigung Eifel wurde Linda im Februar daher nicht umsonst ausgezeichnet. Und doch wird die Kuh wohl bald nicht mehr zu den Leistungsträgern gehören. Denn die gefleckte Dame wurde 2001 geboren. Und seitdem hat sich einiges verändert.

Längst werden Tiere gezüchtet, die mehr aus ihren Eutern machen. So gab eine rheinland-pfälzische Kuh noch zur Jahrtausendwende im Schnitt 5870 Liter Milch im Jahr, 2012 waren es bereits 6960, 2016 schon 7550 Liter. Und heute werden es wohl noch mehr sein – auch wenn es keine aktuellen Zahlen gibt. Der Trend zu mehr Milchleistung greift weltweit um sich. Durch Züchtungen und Kraftfutter können Landwirte genau das produzieren, was Verbraucher wollen: Milch in Massen – und das noch günstig.

Doch die Entwicklung hat Schattenseiten. Denn die Tiere wurden in den vergangenen Jahrzehnten nicht nur leistungsfähiger, sondern auch größer und schwerer. Seit 2003 sind sie im Schnitt  rund 0,3 Zentimeter im Jahr gewachsen. Die Folge: Sie brauchen mehr Futter, größere Ställe und Weideflächen. Außerdem ist extremes Übergewicht für Kühe ebenso ungesund wie für Menschen.

Auf diese Probleme wies kürzlich eine Initiative hin. Sie kommt ausgerechnet aus der Schweiz, also aus dem Land, in dem Rinder praktisch Nationaltiere sind. Die Eidgenossen wünschen sich „eine neue Kuh“, und zwar eine, die kleiner und gesünder ist. Nicht Leistung soll sich lohnen, sondern Ökologie, Nachhaltigkeit. Aber wie sieht das in der Eifel aus? Haben heimische Kühe die selben Figurprobleme wie Schweizer Schwergewichte?

Die Zucht: „Es gibt dieses Problem in der Eifel nicht“, sagt eine Sprecherin des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau. Hierzulande sei Masse kein Thema:  „Eine übergewichtige Milchkuh zu züchten, ist nicht sinnvoll und wird auch nicht gemacht.“ Demnach bringen Eifeler Tiere im Schnitt 600 Kilogramm auf die Waage. Das sind zwar nicht unbedingt Modelmaße. Im Mittel sind Schweizer Kühe aber rund 200 Kilo schwerer.

Auch bei Regino Esch schrillen keine Alarm-Kuhglocken. Und das Mitglied der Grünen im Eifeler Kreistag muss es wissen. Fünf Sommer lang arbeitete er als Hirte in den Schweizer Alpen und hat daher einen direkten Vergleich. Der Landesvorsitzende von Bioland sagt: „Die Eifeler machen natürlich genauso wie Biobauern und Hunsrücker nicht alles richtig. Auch hier gibt es Haltungen, bei denen Anspruch und Wirklichkeit nicht zusammenpassen.“

Anders als die Eidgenossen sieht Esch die Probleme aber nicht bei der Zucht auf Größe oder Gewicht, sondern bei der auf Milchleistung.

Das Futter: „Intensive Rassen passen nicht zu extensivem Grünland“, sagt der Grüne und meint damit: Kühe, die besonders viel Milch produzieren, kommen meist nicht mit Gras aus. Sie müssen zusätzlich große Mengen Kraftfutter fressen, das meist Soja und Mais enthält:  „Spitzenleistungen von 10 000 Liter und mehr pro Jahr wären sonst kaum zu schaffen.“ Doch diese Haltung sei nicht nur ungesund, sondern auch umweltschädlich. Denn gerade Sojabohnen werden von anderen Kontinenten importiert. Die Alternative laut Esch: Bauern sollten ihre Kühe häufiger auf die Weide schicken, damit sie mehr Gräser fressen und mehr Bewegung bekommen. Das sei Gesundheitsvorsorge und  „ernstzunehmender Klimaschutz“.

Der Bauernverband hat ein Gegen­argument. Gerade die Steigerung der Milchleistung verbessere doch die Ökobilanz. Schließlich brauche es heute weniger Kühe, um größere Mengen Milch zu erzeugen. Und weniger Tiere bedeuteten weniger Methan-Ausstoß. Tatsächlich ist die Zahl der Eifeler Kühe rückläufig. Waren es 2016 noch 33 835, sind es heute gerade noch 31 863.

Die Rahmenbedingungen: Als Fazit ziehen aber sowohl der Grüne als auch die Sprecherin des Bauernverbandes, dass es in der Eifel keine Schweizer Verhältnisse gebe. Der Grund seien die Rahmenbedingungen. So stehen den Landwirten Organisationen und Unternehmen, etwa die Rinder-Union-West, zur Seite. Sie beraten die Landwirte  – sei es beim Futter, bei der Zucht oder der Stallgröße.

Die wurde in der Schweiz zunehmend zum Problem. Denn die massigen Tiere passten nicht mehr hinein. Das liegt laut Esch aber auch daran, dass es im Bergland noch viele „jahrhundertealte Anbindeställe“ gebe. Die Eifel sei moderner aufgestellt. Auch die Mitarbeiterin des Bauernverbandes schreibt: Die Maße der Tiere würden beim Bau von Wirtschaftsgebäuden berücksichtigt. Größere Liegebuchten und Fressbereiche verhinderten, dass es zu eng werde. Und auch hier würden die Bauern nicht allein gelassen: „Kein Landwirt investiert einen sechsstelligen Betrag und lässt sich nicht beraten, wie er seinen Tieren im neuen Stall den bestmöglichen Komfort bieten kann.“

Auch die Eifeler Weiden seien besser gepflegt als in der Schweiz, sagt die Sprecherin. Sie würden so bewirtschaftet, dass die Struktur der Gräser nachhaltig bestehen bleibe.

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