Sonnenstrom auf schwieriger Flur

Hallschlag · Martin Quetsch, Landwirt in Hallschlag-Kehr und Anwohner des Espagit-Munitionsgeländes, hat 20 Hektar der teils kontaminierten Fläche gekauft. Seine Vorhaben dort: ein Stall für Export-Kälber und eine Photovoltaik-Anlage.

Hallschlag. Erstaunlich: Noch vor sieben Jahren wollte niemand das Kerngelände der ehemaligen Hallschlager Munitionsfabrik Espagit haben - noch nicht einmal geschenkt. Damals hatte der Espagit-Rechtsnachfolger, die Kölner Chemiefirma Meissner, die etwa 20 Hektar Fläche der Verbandsgemeinde (VG) Obere Kyll und der Ortsgemeinde Hallschlag angeboten - kostenlos.
Allerdings auch umsonst: Die Kommunen winkten dankend ab. Zu groß sei das Risiko böser und teurer Überraschungen mit dem immer noch kontaminierten Gelände (der TV berichtete).
Inzwischen sieht das anders aus - die 20 Hektar haben den Besitzer gewechselt. Käufer ist der Landwirt Martin Quetsch, dessen Eigentum direkt ans Espagit-Gelände grenzt. "Es wollte ja sonst keiner haben", sagt Quetsch. "Bis auf den Moment, wo ich es gekauft habe."
Vor etwa drei Jahren wollte auch die Ortsgemeinde Hallschlag die Flächen kaufen, für einen symbolischen Euro - und dort ebenfalls, wie jetzt auch Martin Quetsch, Solaranlagen errichten: "Das wäre doch schön gewesen", sagt Ortsbürgermeister Hans-Jürgen Breuer. "Der Solarpark Hallschlag - praktisch das Gegenteil von dem, was da mal war."
Dazu allerdings kam es nicht. Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD), die fast ein Vierteljahrhundert lang mit der Altlast befasst war - und rund 57 Millionen Euro in die Räumung stecken musste - habe an den Einnahmen mitverdienen wollen, sagt Breuer. "Da haben wir davon Abstand genommen."
Das stimme so nicht, sagt ADD-Sprecherin Eveline Dziendziol. "Wir haben definitiv nie die Aussage getroffen, dass uns die Gemeinde irgendwelches Geld abtreten müsste, falls sie eine Solaranlage errichten würde." Breuer, auf das Dementi angesprochen, bleibt allerdings bei seiner Darstellung.Exportstall für Eifelkälber


Und weil inzwischen Martin Quetsch zugeschlagen hat - der zur mutmaßlich geringen Kaufsumme keine Angaben macht - ist das auch egal. Auf der unbelasteten Teilfläche des ehemaligen Räumungscamps will er einen Stall bauen. Dort sollen dann Kälber von Bauern aus dem Umland "zwischengeparkt" werden - zur Untersuchung durch den Amtstierarzt, zur Prüfung ihrer Dokumente und zum anschließenden Export nach Belgien und in die Niederlande. Der Antrag zur Genehmigung sei bereits gestellt: "Da warte ich auf Antwort."
Kniffliger wird die Angelegenheit bei Quetschs zweitem Vorhaben: Denn auf dem übrigen Espagit-Gelände ist jede Nutzung verboten, die einen Eingriff in den Boden bedeuten würde. Das Gelände ist seit Abschluss der Räumarbeiten mit einem Leitungssystem versehen, das Sickerwasser auffängt und in eine Reinigungsanlage lenkt - weil sich dort immer noch gefährliche Stoffe in der Erde befinden.Behörde mit Bedenken


Zuständig dafür ist wiederum die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) des Landes. In der Außenstelle Trier ist Alfred Weinandy mit Espagit und den Folgen befasst. Er bestätigt, dass eine Voranfrage zur Errichtung des Solarparks bei ihm eingegangen sei.
Noch sei die Stellungnahme der SGD nicht geschrieben, sagt er, verweist aber auf den Grundbucheintrag, demzufolge auf den Flächen keine Eingriffe vorgenommen werden dürfen. Und Solar-Panels könnten verhindern, dass der Regen gleichmäßig auf den Boden gelange: "Das Konzept zur Sicherung sieht ja vor, dass die aufgetragene Erdschicht breitflächig durchflossen wird." Stünde dort eine Solaranlage, würde sich das Wasser andere Wege suchen und vielleicht zu schnell in den Untergrund gelangen. Das könne zur Überlastung des Reinigungssystems führen.
Zweitens sollen die Schadstoffe im Erdreich allmählich ausgespült werden. Durch eine solche Anlage aber würden sich die Flächen verringern, an denen Wasser in die Erde gelangt und die gefährlichen Stoffe mitnimmt.
Das weiß auch Martin Quetsch, hält aber dagegen, dass er nicht auf der gesamten Fläche Anlagen errichten will: Von den 20 Espagit-Hektar seien zehn komplett entmunitioniert. Und da müsste, so findet er, eine Genehmigung möglich sein. Allerdings wolle er dort ohnehin nur bauen, "wenn das auch wirtschaftlich ist".Meinung

Warum nicht?
Der Hader geht weiter: Offenbar hat es auch nach dem Ende der Räumarbeiten auf dem Espagit-Gelände Missstimmung gegeben, was den Umgang mit der Altlast und einer vielleicht doch möglichen Nutzung betrifft. Ein kommunaler Solarpark - das hätte tatsächlich gut geklungen, zumal dann viele etwas davon gehabt hätten. Aber auch ein Privatinvestor wie Martin Quetsch kann aus dem Problemfall etwas Positives machen - sofern er die Genehmigung erhält. Dass er als direkter Anwohner etwas aus der Altlast herausholen will, ist natürlich bauernschlau. Aber nicht verwerflich. fp.linden@volksfreund.de

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