Sonnenstrom für die Gemeindekasse
Die Gemeinde Arzfeld will über eine Stiftung eine Photovoltaik anlage bauen und betreiben. Die daraus entstehenden Einnahmen sollen der Jugendarbeit und anderen sozialen Projekten zugute kommen. Doch noch steht die Zustimmung der Kommunalaufsicht für die benötigte Gemeindebürgschaft aus.
Arzfeld. (ch) Aus Sonnenenergie wird Geld für Spielplätze, Jugendräume oder Seniorentage, so plant es die Gemeinde Arzfeld. Und das würde folgendermaßen gehen: In Arzfeld gründet sich eine Untergliederung der deutschlandweiten Stiftung "Sonne für Deutschland" (siehe Extra) unter dem voraussichtlichen Namen "Sonne für Arzfeld". Diese Stiftung nimmt für den Bau einer Photovoltaikanlage einen Kredit in Höhe von rund 4,5 Millionen Euro auf. Die Anlage wird auf einer vier Hektar großen Fläche hinter dem Sportplatz aufgebaut, die noch als Gewerbegebiet ausgewiesen ist. Das ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass es noch eine erhöhte Vergütung für den Sonnenstrom nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG, siehe Extra) gibt. Zwei Megawatt Strom sollen so erzeugt werden.
Ortsgemeinde soll bürgen
Damit die Stiftung das Geld von den Banken bekommt, braucht sie einen Bürgen, der im Notfall für einen Teil des Kredits geradesteht. Die Rede ist von rund 30 Prozent der Investitionssumme, also 1,35 Millionen Euro. Diese Aufgabe soll und will die Ortsgemeinde übernehmen, schließlich erhält sie im Gegenzug die Gewinne der Stiftung. Die Arzfelder Verbandsgemeindeverwaltung schätzt den Ertrag aufgrund von Wirtschaftlichkeitsberechnungen auf rund 20 000 Euro jährlich. "Das sind absolut realistische Zahlen", sagt Andreas Kruppert (CDU), Bürgermeister der Verbandsgemeinde (VG) Arzfeld. Die Berechnungen nehmen dabei eine Laufzeit von 20 Jahren an. Das Geld fließt allerdings nicht in den allgemeinen Haushalt. Es ist zweckgebunden und darf nur für gemeinnützige Projekte wie neue Spielplätze, die Jugend- oder Altenarbeit verwendet werden.
Das klingt nach einer schönen und sauberen Sache. Doch noch gibt es eine Hürde zu überwinden. Die steht in Bitburg und nennt sich Kommunalaufsicht. Denn die Gemeinde Arzfeld hat keine Rücklagen, aus denen sie für die Bürgschaft eintreten könnte. Daher hat die Kommunalaufsicht Bedenken gegen eine Bürgschaft geäußert und noch keine Genehmigung ausgesprochen.
Risiko liegt "praktisch bei null"
Das wiederum bringt die Arzfelder auf die Palme und gegen die Kommunalaufsicht auf. Die Gemeinderatsmitglieder betonen unisono, dass es selbstverständlich sei, dass die Gemeinde im Fall des Falls für die Bürgschaft eintreten werde und dafür auch Eigentum wie Waldbesitz verkaufen würde. Außerdem liege das Risiko des Investments "praktisch bei null", sagt Kruppert. Natürlich könne niemand garantieren, dass die Sonne in 15 Jahren noch scheine. Aber dann habe man andere Probleme.
"Es ist völlig unverständlich, dass uns die Genehmigung für die Bürgschaft verweigert wird", sagt Ratsmitglied Rainer Hoffmann (SPD). Man wolle offensichtlich eine Entwicklung verhindern, die zusätzliche Einnahmen bringe.
Aus Sicht der Kommunalaufsicht stellt sich der ganze Vorgang jedoch deutlich anders dar. Um eine Bürgschaft zu genehmigen, müsse zwingend von der VG-Verwaltung ein solcher Antrag gestellt werden. Dies sei aber noch nicht erfolgt, schreibt Pressesprecherin Heike Frankiewitsch. Bei einer Besprechung am 22. Februar habe die VG "keine belastbaren Unterlagen zur Beurteilung der Risiken der Investition vorgelegt", außerdem seien "die Wirtschaftlichkeitsberechnungen des Anbieters bis dahin nicht durch die Verbandsgemeindeverwaltung überprüft und bewertet worden". Eine Aussage zum genauen Inhalt einer solchen Bürgschaft habe man auch nicht machen können. Keineswegs sei aber verlangt worden, dass die Gemeinde schon jetzt Eigentum - beispielsweise Wald - verkaufe, um eine Rücklage zu bilden. Zudem, so Frankiewitsch, habe die VG-Verwaltung keine Alternative zur Bürgschaft vorgeschlagen. Das Fazit der Kreisverwaltung: Man werde erst wieder tätig werden, wenn der Antrag der VG-Verwaltung vorliege und "die VG eine eigene Bewertung zu der angestrebten Rechtsform ,Stiftung' sowie zu der Wirtschaftlichkeitsberechnung des Anlagenanbieters, der Firma Regionalkonzept, vornimmt und schriftlich hier vorlegt".
Heute soll ein weiteres Gespräch zwischen VG und Kommunalaufsicht stattfinden, berichtet VG-Chef Kruppert. Dass es noch keinen formellen Antrag gab, liege daran, dass man in dem Vorgespräch erst einmal klären wolle, unter welchen Umständen die Kommunalaufsicht eine solche Bürgschaft überhaupt genehmigen werde. ExtraSonne für Deutschland ist eine gemeinnützige Stiftung, ins Leben gerufen von der Firma RegionalKonzept GmbH aus Fürth. Sie bietet Kommunen an, Projekte zur Nutzung erneuerbarer Energien zu finanzieren und zu errichten. Dazu werden eigenständige Unterstiftungen gegründet, wie in diesem Fall "Sonne für Arzfeld". Die Stiftung schüttet alle Überschüsse zugunsten des Gemeinwohls aus. In Kyllburg und Badem wird bereits eine 5,4 Hektar große Photovoltaikanlage gebaut. Der Vorteil dieses Modells: Die Einnahmen sind höher, als wenn die Flächen nur an Photovoltaikanlagen-Betreiber verpachtet werden. Allerdings müssen daher auch die Investitionskosten und der Betrieb selbst übernommen werden. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz hat zum Ziel, den Anteil regenerativer Energien an der Stromversorgung in Deutschland zu fördern. Bis 2020 soll deren Anteil mindestens 20 Prozent betragen. Dazu werden die Stromnetzbetreiber verpflichtet, Strom aus solchen Anlagen anzunehmen und zu einem Mindestpreis zu vergüten. Seit 2011 liegt dieser Betrag bei Freiflächen-Photovoltaikanlagen wie in Arzfeld bei 21,11 Cent pro Kilowattstunde. Ab September wird eine weitere Senkung der Vergütung erwartet. Nach der Gemeindeordnung (§ 104) darf eine Gemeinde keine Sicherheiten zugunsten Dritter, wie beispielsweise der geplanten Stiftung, übernehmen. Ausnahmen muss die Aufsichtsbehörde genehmigen. Wesentlich für die Genehmigung ist die Bewertung des Risikos. Die Kommunalaufsicht hat darauf zu achten, dass eine übermäßige und sachlich nicht erforderliche Verbürgung der Gemeinde unterbleibt. (ch)