Spagat zwischen Plan A und Plan B

Irrel · Zum 1. Juli wird die Verbandsgemeinde (VG) Irrel aufgelöst und in die VG Neuerburg eingegliedert. So will es das Gesetz. Nicht aber die VG Irrel, deren Anwalt derzeit eine Verfassungsklage vorbereitet. Dafür hat man in Neuerburg wenig Verständnis. Denn egal wie die Richter entscheiden: mit einem Urteil ist vor Juli nicht zu rechnen.

 Die VG Irrel muss die Eingliederung in die VG Neuerburg vorbereiten, gleichzeitig wird vor dem Bundesverfassungsgericht gegen den Zusammenschluss geklagt. TV-Foto: Uwe Hentschel

Die VG Irrel muss die Eingliederung in die VG Neuerburg vorbereiten, gleichzeitig wird vor dem Bundesverfassungsgericht gegen den Zusammenschluss geklagt. TV-Foto: Uwe Hentschel

Irrel. Wie kann man sich um etwas bewerben, was man eigentlich gar nicht haben will? Auf diese Frage antwortet Moritz Petry mit einer Gegenfrage: "Was erreiche ich, wenn ich mich nicht bewerbe?" Das zweifelhafte Objekt der Begierde, um das sich diese beiden Fragen drehen, ist das Amt des Bürgermeisters der Verbandsgemeinde Südeifel. Derzeit gibt es diese VG noch gar nicht, doch zum ersten Juli wird sie kommen. Dann nämlich werden die 17 Gemeinden der VG Irrel in die VG Neuerburg eingegliedert, womit aus beiden Gebietskörperschaften dann die VG Südeifel wird. Damit dieses neue Gebilde entscheidungsfähig ist, werden im Vorfeld, am 25. Mai, ein neuer Verbandsgemeinderat und ein neuer Bürgermeister gewählt.
Moritz Petry, derzeit CDU-Bürgermeister der VG Irrel, will sich um dieses Amt bewerben. Noch lieber will er aber eigentlich etwas anderes: den Erhalt der VG Irrel. Die Mehrheit im Irreler VG-Rat will das auch. Die Landesregierung allerdings nicht. Entsprechend ihrer Vorstellung hat sie im Dezember das Gesetz zur Eingliederung der VG Irrel in die VG Neuerburg beschlossen. Dass es dazu kommen wird, daran führt nach derzeitigem Kenntnisstand kein Weg vorbei. Nicht gänzlich ausgeschlossen ist aber, dass diese Zwangseingliederung im Nachgang wieder rückgängig gemacht werden muss. Denn der VG-Rat Irrel hat im November mehrheitlich beschlossen, im Fall der Gesetzesverabschiedung beim Bundesverfassungsgericht dagegen eine Klage einzureichen. Und genau dazu wird es kommen.
"Wir haben unseren Anwalt beauftragt, der die Klage nun vorbereitet und Anfang Februar einreichen wird", sagt Petry, der mit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts jedoch frühestens im Herbst rechnet. Der Anwalt, der noch vier weitere Kommunen in ähnlicher Angelegenheit vertrete, sei davon überzeugt, dass das Gesetz rechtswidrig sei, da es gegen Grundsätze der Gleichbehandlung und der kommunalen Selbstverwaltung und damit gegen die Artikel drei und 28 des Grundgesetzes verstoße, sagt der VG-Chef. Insofern stünden die Chancen 50:50.In fünf Monaten ist es so weit


Demnach könnte also alles wieder so werden, wie es ist. Genauso gut aber auch nicht, weshalb sich Petry nicht nur um das Amt des Bürgermeisters bewirbt, sondern als Verwaltungschef auch mit dem ungewollten Fusionspartner Neuerburg dafür sorgen muss, dass der in gut fünf Monaten anstehende Zusammenschluss über die Bühne geht. "Natürlich müssen wir die Eingliederung vorbereiten", sagt Petry, allerdings werde man dabei nicht mit der "Brechstange" vorgehen. Alles, was nötig sei, werde man unterstützen, fügt er hinzu. Und alles, was kostenintensiv sei, werde man zunächst zurückstellen.
Günter Colling (SPD), der als erster Beigeordneter der VG Neuerburg derzeit Verwaltungschef Norbert Schneider in seiner Urlaubszeit vertritt, hat für die Vorgehensweise in Irrel wenig Verständnis. "Irgendwann muss man doch auch erkennen, dass es so nicht geht", meint Colling. Zudem frage er sich, warum diese Klage erst im Februar eingereicht werde. Dass es zum Gesetz kommen werde, sei doch schon lange vorher klar gewesen, sagt der Beigeordnete, der deshalb von einer "reinen Verzögerungstaktik" im Zuge des Wahlkampfs spricht. Was die Wahrscheinlichkeitsverteilung von Erfolg und Misserfolg der Verfassungsklage betrifft, so zeigt sich Colling weitaus weniger zuversichtlich: "Es räumt ihnen doch keiner wirklich eine Chance ein", sagt er. Außer vielleicht der Anwalt. Und der werde schließlich dafür bezahlt.Meinung

So ein Quatsch!
Fast genau fünf Jahre ist es her, dass das Land seine - durchaus umstrittenen - Vorstellungen zur Kommunalreform klar gemacht hat. So lange weiß jeder in Irrel, dass diese Verbandsgemeinde eben zu jenen gehört, die für zu klein befunden wurden, um langfristig selbstständig zu bleiben. Doch Irrel wollte sich weder Bitburg-Land und Kyllburg noch Neuerburg anschließen. Auf der Zielgeraden soll dies nun mit einer Verfassungsklage erreicht werden. Welche Energie-, Zeit- und Geldverschwendung! d.schommer@volksfreund.deExtra

Der Südkreis besteht jenseits der Stadt Bitburg (14 000 Einwohner) aus fünf VG, die zusammen 50 900 Einwohner in 145 Orten haben: Bitburg-Land: 17 000 Einwohner, 51 Gemeinden; Neuerburg: 9600 Einwohner, 49 Gemeinden; Irrel: 8700 Einwohner; 17 Gemeinden; Speicher: 7900 Einwohner, neun Gemeinden; Kyllburg: 7700 Einwohner, 21 Gemeinden. Der Nordkreis besteht aus den beiden VG: Prüm: 21 000 Einwohner; 44 Gemeinden; Arzfeld: 9600 Einwohner; 43 Gemeinden. Die Rechenaufgabe: Der einzige freiwillige Zusammenschluss zweier Verbandsgemeinden im Eifelkreis Bitburg-Prüm ist die Fusion von Bitburg-Land mit Kyllburg. Aber die Verbandsgemeinde (VG) Kyllburg war nicht die einzige, die unter der vom Land vorgegebenen Mindestgröße von 12 000 Einwohnern liegt. Auch Irrel und Speicher wurden für zu klein befunden, um langfristig selbstständig zu bleiben. Die Entscheidung: Während das Mainzer Innenministerium noch im März 2012 für einen Zusammenschluss der Verbandsgemeinden Bitburg-Land, Kyllburg, Irrel und Speicher geworben hat, hat der Ministerrat im Oktober 2012 entschieden, dass Irrel und Neuerburg zusammengehen sollen und die Obere Kyll, in der es starke Tendenzen nach Prüm gibt, zu Hillesheim (Vulkaneifelkreis) kommt. Das Ergebnis: Damit gäbe es im Eifelkreis ab Juli dieses Jahres die fusionierte VG Bitburg-Land-Kyllburg, die fusionierte VG Irrel-Neuerburg sowie die VG Prüm, die VG Arzfeld und die VG Speicher - also fünf statt wie bisher sieben Verbandsgemeinden. Am Status der verbandsfreien Stadt Bitburg soll sich vorerst nichts ändern. scho

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