Spannung in den Eifeler Verbandsgemeinden: Wer darf und soll mit wem müssen?

Bitburg/Prüm · Vorschläge zur Kommunalreform: Der erste Teil des Gutachtens von Martin Junkernheinrich, Professor an der Universität Kaiserslautern, liegt vor. Der Trierische Volksfreund hat bei einigen Kommunalchefs aus der Eifel und Vulkaneifel nachgefragt, was sie davon halten und nun von der Landesregierung erwarten.

Bitburg/Prüm. Die Landesregierung hat Martin Junkernheinrich mit einem Gutachten beauftragt: Der Professor für Stadt-, Regional- und Umweltökonomie an der Technischen Universität Kaiserslautern soll Vorschläge für die Zukunft aller für zu klein befundenen Kommunen erarbeiten, die nicht freiwillig fusioniert haben. Zu klein sind aus Sicht des Landes alle Verbandsgemeinden mit weniger als 12 000 Einwohnern. Im Eifelkreis zählen dazu Neuerburg, Irrel, Kyllburg, Speicher und Arzfeld.
Während es für die Verbandsgemeinden Neuerburg und Arzfeld nun eine Ausnahmegenehmigung geben soll, so dass diese nicht fusionieren müssen, sieht das bei Irrel, Kyllburg und Speicher anders aus. Konkrete Vorschläge, wie sich diese drei Kommunen - und im Vulkaneifelkreis die Obere Kyll, Hillesheim und Kelberg - vergrößern sollen, folgen im zweiten Teil des Gutachtens, der allerdings noch nicht vorliegt. Auf dieser Basis erarbeitet die Regierung dann einen Vorschlag, der dem Landtag unterbreitet werden soll. Dann wird sich entscheiden, ob und wer wie zwangsvermählt wird. Der TV hat die Bürgermeister betroffener Verbandsgemeinden befragt, was sie vom ersten Teil des Gutachtens halten:

Moritz Petry (Irrel): "Eins vorweg: Es ist ein wissenschaftliches Gutachten, und der Gesetzgeber ist nicht daran gebunden, das umzusetzen. Ich bin gespannt, welche Vorschläge für mögliche Zusammenschlüsse nun in Teil 2 des Gutachtens folgen. Für uns in Irrel stellt sich die Frage, wie eine Gebietsänderung denn aussehen soll, nachdem das Gutachten ja bereits zu dem Schluss kommt, dass unsere Nachbarkommune Neuerburg mit 49 Orten groß genug ist, um selbstständig zu bleiben.
Weil es schon so viele Orte sind, müsste das doch aller Logik nach auch für Bitburg-Land gelten. Für mich gibt es für Irrel nur drei Möglichkeiten: Entweder die VG Neuerburg wird auf Irrel und Arzfeld aufgeteilt, oder wir fusionieren kreisüberschreitend mit Trier-Land, was der Gesetzgeber ja nicht will und was deshalb ausgeschlossen ist, oder mit Bitburg-Land. Bei einer Fusion mit Bitburg-Land fürchte ich eine zu starke Konzentration der Verwaltung in Bitburg. Bei den ersten beiden Varianten sehe ich die größte Chance, ein Unterzentrum wie Irrel zu stärken."

Andreas Kruppert (Arzfeld): "Für uns als VG Arzfeld ist das natürlich erfreulich. So können wir auch in Zukunft eine bürgernahe Verwaltung vorhalten. Letztlich hat das aktuelle Gutachten nur bestätigt, was die erste Untersuchung der Universität Trier bereits ergeben hat. Nämlich dass es aufgrund der Größe der Fläche und der Vielzahl der Ortsgemeinden keine Notwendigkeit eines Neuzuschnitts oder einer Fusion der VG Arzfeld gibt.
Wobei man auch die Frage stellen kann, warum man jetzt ein zweites Gutachten gebraucht hat, um zu denselben Ergebnissen wie beim ersten zu kommen. Spannend ist aber jetzt die Frage, wie der Eifelkreis künftig aussehen könnte. Das wird in einigen Wochen bekanntgegeben. Wenn Arzfeld und Neuerburg als kleine Verbandsgemeinden neben deutlich größeren Einheiten stehen, ist das eine neue Situation."

Rudolf Becker (Speicher): "Ich bedaure sehr, dass die ganzen Amerikaner, die außerhalb der Airbase in unserer Verbandsgemeinde leben, nur zu 50 Prozent auf die Einwohnerzahl angerechnet wurden. Hätte man die Amerikaner zu 100 Prozent mitgezählt, wäre die VG Speicher bei rund 12 000 Einwohnern und hätte damit ein Kriterium für eine Ausnahmeregelung erreicht. Ich sehe das Gutachten, beziehungsweise den ersten Teil davon, aber dennoch nicht negativ für Speicher.
Kommunal reform



Denn ich gehe davon aus, dass Speicher nicht einer anderen Verbandsgemeinde zugeschlagen wird, sondern so vergrößert wird, dass unsere Verbandsgemeinde den Anforderungen entspricht. Mein Favorit ist der Vorschlag aus dem Gutachten der Universität Trier. Da war vorgesehen, unsere VG um einige Orte aus Bitburg-Land und Kyllburg zu vergrößern. Dieser Vorschlag wurde auch im Hinblick auf Finanzkraft und Schuldenlast sowie Bürgernähe mit der höchsten Punktzahl bewertet. Eine Fusion mit Bitburg-Land kommt für uns nicht infrage, weil dieses Gebilde einfach zu groß wird und damit zu weit weg ist von den Bürgern."

Diane Schmitz (Obere Kyll): "Zum Gutachten kann ich nicht viel sagen, weil wir ja noch nicht betroffen sind. Für uns wird es erst interessant, wenn Teil B kommt. Da sind wir gespannt auf die Vorschläge von Herrn Junkernheinrich. Ich erwarte auf jeden Fall einen Vorschlag, mit dem wir gut leben können und der der neuen VG eine gute Zukunft gibt - auch in finanzwirtschaftlicher Hinsicht. Ich gehe davon aus, dass wir einen finanzstarken Partner hinzubekommen: Prüm oder Gerolstein zusammen mit Hillesheim."

Norbert Schneider (Neuerburg): Das Gutachten stellt die Kommunalreform als ständigen Prozess dar und zeigt weitere wichtige Reformschritte auf. Auf der Grundlage des Gutachtens kann das Land somit auch künftig einem Änderungsbedarf auf der Ebene der Verbandsgemeinden gerecht werden. Der Umgang mit neuen Medien hat bei uns in der Verbandsgemeinde längst über ein Bürger- und Ratsinformationssystem Einzug gehalten. Der technische Fortschritt wird künftig Bürgern weite Wege ersparen. Unser Verbandsgemeinderat hat sich zusammen mit mir für eine aktive Beteiligung an der Kommunalreform während der Freiwilligkeitsphase ausgesprochen. Aus diesem Grund haben wir mit all unseren Nachbarverbandsgemeinden Fusionsgespräche geführt. Hintergrund dieser Gespräche war immer, durch Veränderung der Strukturen wirtschaftliche Gebilde zu schaffen, die den Anforderungen an einen modernen Dienstleister gerecht werden und gleichzeitig bezahlbar sind. Leider konnten wir mit keiner Verbandsgemeinde die Gespräche intensivieren.

Rainer Wirtz (Kyllburg): Das neue Gutachten bringt für die Verbandsgemeinde Kyllburg keine neuen Erkenntnisse. Der Verbandsgemeinderat hat in seiner Sitzung am 28. Juni dieses Jahres einen Gebietsänderungsbedarf anerkannt und sich für eine freiwillige Fusion mit der VG Bitburg-Land ausgesprochen. Über diese freiwillige Fusion entscheiden nun letztlich die Ortsgemeinden. Es ist vorgesehen, das Beteiligungsverfahren in den Ortsgemeinden bis Ende September abzuschließen. scho/mra/ch/fpl

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort