Sparkommissare entdecken die Beamten

MAINZ/BITBURG-PRÜM. Sie arbeiten länger als ihre Kollegen, die Gehaltserhöhung fällt niedriger aus und jetzt kappt der Dienstherr auch noch die Jubiläums-Gratifikation: Den Beamten bröckeln die Privilegien weg, weil das Land einen eisernen Sparkurs fährt.

Post aus Mainz gehört in diesen Tagen sicherlich nicht zur Lieblingslektüre in den kommunalen Verwaltungen. Denn eine Hiobsbotschaft jagt die nächste. Das Land hat einerseits weniger Geld, um Projekte vor Ort zu bezuschussen; andererseits erhöht Mainz die Umlagen und treibt mehr Geld bei Städten und Gemeinden ein.Sachgeschenk im Wert von 40 Euro

Zur Jahreswende schickte das Innenministerium den "Entwurf einer Ersten Landesverordnung zur Änderung der Jubiläumszuwendungsverordnung" an die Verwaltungen. Dahinter verbirgt sich eine Neuerung, die sich die "Sparkommissare" aus der Landeshauptstadt ausgedacht haben: Beamte sollen ab dem 1. April nur noch eine bescheidene Jubiläumszugabe in Form eines Sachgeschenks im Gegenwert von höchstens 40 Euro nebst Urkunde erhalten. Bisher gab's bei 25-jährigen Dienstjubiläen 307 Euro, nach 40 Jahren 410 Euro und nach 50 Jahren 512 Euro; seit 1999 mussten diese Zuwendungen allerdings versteuert werden.Wie Pressesprecher Schäfer vom Mainzer Innenministerium mitteilt, spart das Land durch die vom Kabinett bereits abgesegnete Änderung jährlich rund eine Million Euro.Für Brigitte Stopp, die Landesvorsitzende des Beamtenbundes, ist dies ein weiterer Versuch, das Beamtenrecht auszuhöhlen. Den Änderungsentwurf bewertet sie als "Werkzeug zur Demotivation der Beamtinnen und Beamten, das wir auch aus arbeitspsychologischer Sicht für völlig verfehlt halten". Einige Mitgliedsgewerkschaften, so der Beamtenbund in einer Stellungnahme an die Landesregierung, würden sogar von einer Verhöhnung langjähriger betriebstreuer Beamten sprechen und erwägen, ihren Mitgliedern zur Nichtannahme der Jubiläumsgabe zu raten.Die Stimmung in der Beamtenschaft werde zunehmend schlechter, hat Brigitte Stopp beobachtet. Die Gratifikation sei nur ein Beispiel, wie das Land die Beamten schröpfe und sie gegenüber Beschäftigten in der freien Wirtschaft benachteilige. Durch Zuzahlungen im Krankheitsfall fielen bereits für Beamte in mittlerer Position monatlich rund 50 Euro weg. Außerdem wolle das Land die gestiegenen Personalkosten durch Streichung oder Verzögerung von Beförderungen kompensieren.Im Kreis Bitburg-Prüm stößt die Landesverordnung auf wenig Gegenliebe: "Der Einspareffekt dieser Kürzungen von Gratifikationen tendiert gegen Null", ist Jürgen Backes, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Bitburg-Land, überzeugt. "Die Jubiläumszahlungen waren doch ohnehin nur eine symbolische Zuwendung, mit der lange Zugehörigkeiten zur Verwaltung gewürdigt werden sollten."Backes befürchtet, dass die Streichungen demotivierend wirken und mit solchen Diskussionen unnötige Neiddiskussionen in Gang gesetzt werden. "Verwaltungen haben ein Dienstleistungsangebot bereit zu halten, und das kostet eben Geld." Deshalb sieht er bei den Personalkosten innerhalb der Verwaltung nur wenig Einsparpotenziale.Diese Meinung teilt auch Landrat Roger Graef: "Verdiente Beamte haben es verdient, von ihren Dienstherren eine Anerkennung zu bekommen." Da mit der Änderung ohnehin nur sehr wenig Geld gespart werden könne, bedauert er diese als Sparmaßnahmen deklarierten Streichungen von Prämien. Einsparpotenziale sieht er vielmehr im Bereich von Sozialmaßnahmen und bei Standards des Brandschutzes und anderer Bauauflagen.Für Aloysius Söhngen, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Prüm, steht der Demotivierungseffekt bei den Streichungen der Jubiläumsprämien im Vordergrund. "Wenn man gute Mitarbeiter haben will, dann sollte man sie auch gut bezahlen", sagt der Prümer Verwaltungschef. "Sinnvoller wäre eine vernünftige Aufgabenkritik, bei der genau geklärt wird, was originäre Aufgabe der öffentlichen Hand ist. Dann könnte man auch Personal einsparen."Bürgermeister Streit vertritt "große Lösung"

Auch der Bitburger Stadtbürgermeister Joachim Streit hält nichts von diesen kleinen Lösungen. "Das Land spart bei 2600 Beamten etwa 750 000 Euro. Doch den Haushalt der Stadt Bitburg rettet diese Vorschrift nicht", sagt Streit. "Warum beschränkt man sich immer auf die kleinen Lösungen, mit denen man die Beamten nur ärgert? Schließlich arbeiten diese schon eineinhalb Stunden mehr in der Woche als ihre angestellten Kollegen, und ihre Gehälter wurden vor ein paar Jahren um neun Prozent gekürzt, weil ihre Pensionen aus der Staatskasse bezahlt werden." Bitburgs Stadtoberhaupt Joachim Streit schlägt lieber die große Lösung vor: "Am besten würde man das Beamtentum abschaffen, dann gäbe es nur noch einen öffentlichen Dienst und keine Unterscheidung mehr zwischen Beamten und Angestellten in staatlichen Verwaltungen."

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