Sparzwang: Kreistag muss heute entscheiden

Bitburg/Prüm · Der Eifelkreis ist pleite. Deshalb sollen die Kreistagsmitglieder heute beschließen, die Haushaltslage mit Hilfe von Sparmaßnahmen um 700 000 Euro zu verbessern. Oder sogar um mehrere Millionen Euro. Denn in nichtöffentlicher Sitzung steht auch das Streitthema Waldverkauf auf dem Programm.

 Die Taschen des Eifelkreises sind leer, trotzdem stehen neue Ausgaben auf der Tagesordnung. TV-Foto: Archiv/Cordula Fischer

Die Taschen des Eifelkreises sind leer, trotzdem stehen neue Ausgaben auf der Tagesordnung. TV-Foto: Archiv/Cordula Fischer

Bitburg/Prüm. Selbst der Landrat bezeichnet die Tagesordnung als paradox. Denn auf der einen Seite muss der Kreistag am heutigen Montag entscheiden, wie der finanzschwache Eifelkreis im laufenden (!) Haushaltsjahr 700 000 Euro einsparen kann. Und auf der anderen Seite sollen die Politiker für verschiedene Projekte freiwillige Ausgaben in Höhe von fast 200 000 Euro genehmigen: 10 000 Euro für das Eifel-Literatur-Festival, 112 500 Euro für das Projekt Lernpartnerschaften, in dessen Rahmen Schülern Grundkenntnisse verschiedener Berufsfelder vermittelt werden, 24 202 Euro für das Projekt "Zukunfts-Check-Dorf", das die Orte des Eifelkreises fit machen soll für ihren Kampf mit dem demografischen Wandel und 32 000 für das Projekt "Baukultur Eifel" - eine Informationskampagne, die Bauherren zeigen soll, wie sie modern und dennoch standortgemäß bauen können.
Ohne solche Ausgaben könne man keine Politik mehr machen, sagt Landrat Joachim Streit. Er geht daher davon aus, dass sie weitgehend beschlossen werden. Doch im Grunde dürfe man dies angesichts der finanziellen Lage nicht tun. Denn im Haushaltsplan für 2011 steht unterm Strich ein Minus von 7,6 Millionen Euro. Und jährlich muss der Kreis erfahrungsgemäß 4,5 Millionen Euro weitere Schulden machen, um seine laufenden Kosten zu decken - 22 Millionen Euro Miese sind so schon zusammengekommen.
Kurz: Die Finanzlage ist miserabel. So sieht das auch die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier, die den Eifelkreis daher aufgefordert hatte, die Kreisumlage zu erhöhen, um auf diesem Weg mehr Geld von den Gemeinden einzunehmen. Passiert ist das allerdings nicht. Bereits zwei Mal hat sich der Kreistag gegen den Willen des Landrats mehrheitlich geweigert, die Umlage auf den Landesdurchschnitt zu erhöhen. Daher fordert die ADD den Kreis nun schon zum zweiten Mal auf, dann eben auf anderem Wege dafür zu sorgen, dass der Haushalt entlastet wird. Im ersten Schreiben forderte sie noch 1,8 Millionen Euro. Nun sind es plötzlich "nur noch" 700 000. Der Grund: Die ADD hat sich, wie sie nun einräumt, beim ersten Mal verrechnet. Und das macht die heutige Sitzung noch paradoxer. Denn im nichtöffentlichen Teil werden sich die Kreistagsmitglieder (höchstwahrscheinlich) intensiv darüber streiten, ob sie den kreiseigenen Wald nun verkaufen oder lieber doch nicht. Ein Verkauf, der ersten Schätzungen zufolge genau jene geforderten 1,8 Millionen Euro bringen sollte. In Wirklichkeit ist er einem aktuellen Gutachten zufolge - das die Politiker zur Entscheidungsfindung abwarten wollten - jedoch sogar 700 000 Euro mehr wert.
Außerdem sollen die Mandatsträger ja bereits im öffentlichen Teil beschließen, wie der Kreis dank verschiedener Maßnahmen (siehe Extra) 2011 die von der ADD gewünschten 700 000 Euro sparen kann. Das heißt: Sollten sowohl der Waldverkauf als auch die Einsparungen durchgehen, würde die Kommune ihren Haushalt um ein Vielfaches der geforderten 700 000 verbessern. Und der Landrat hätte nichts dagegen. Denn paradoxerweise vertritt er - für Landräte durchaus ungewöhnlich - die Ansicht der ADD, dass dringend etwas passieren muss. Nur ist er noch ein bisschen strenger.
Zur Situation im
Kreis Vulkaneifel: Seite 13
Mit folgenden Maßnahmen will der Eifelkreis seine Haushaltslage 2011 um 700 000 Euro verbessern: Einmalig soll die "Sport und Tourismus im Eifelkreis Bitburg-Prüm GmbH", deren Erträge aus den Dividenden der RWE-Aktien gespeist werden, 200 000 Euro an den Eifelkreis ausschütten. Zudem sollen die Mittel für die Unterhaltung von Schul- und Verwaltungsgebäuden (zum Beispiel kleinere Malerarbeiten) pauschal um 160 000 Euro gekürzt werden, ebenso wie die Unterhaltung der Kreisstraßen (150 000 Euro). Durch günstigere Verträge mit Reinigungsfirmen lassen sich 40 000 Euro sparen, und dadurch, dass die Stelle der ausgeschiedenen Amtsärztin nicht neu besetzt werden konnte, fallen bei den Personalkosten 100 000 Euro weg. Dank eines günstigen Zinssatzes für die Kassenkredite lassen sich weitere 50 000 Euro sparen. Wie Landrat Joachim Streit betont, sind diese Maßnahmen allerdings nicht nachhaltig. Denn irgendwann müssen die Schulen dann doch gestrichen oder die Straßen repariert werden. kah Zu allem Überfluss hat sich wegen starker Kursverluste im vergangenen Jahr auch noch der Wert der kreiseigenen RWE-Aktien drastisch verringert: Die 528 330 Aktien - die gerne als Tafelsilber des Kreises bezeichnet werden - sind heute statt rund 35 Millionen (Januar 2010) nur noch 13,5 Millionen Euro Wert. Gleichzeitig fällt auch die zu erwartende Dividende geringer aus. Gab es 2010 laut Kreisverwaltung noch 3,50 Euro pro Aktie, werden es 2011 wohl nur noch 2,40 Euro sein. Das bedeutet: Statt 1,8 Millionen Euro werden es in diesem Jahr voraussichtlich nur noch knapp 1,3 Millionen Euro sein. kah

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