SPD-Fraktion und Landrat streiten vor Gericht

BITBURG. Das Verwaltungsgericht Trier muss klären, ob Fraktionen im Kreistag Anträge zu Themen stellen dürfen, die in den Aufgabenbereich des Jugendhilfeausschusses fallen. Landrat Roger Graef und die SPD-Fraktion sind uneins in dieser Frage.

Der Jugendhilfeausschuss eines jeden Kreises ist etwas Besonderes. Während Ausschüsse des Kreistags für die Bereiche Umwelt oder Öffentlicher Personennahverkehr gebildet werden können oder nicht, muss es in jedem Kreis einen Jugendhilfeausschuss geben. Der setzt sich mit Themen wie Kindergartenplänen, der Unterbringung von Pflegekindern oder auch den Zuschüssen für den Sportplatzbau auseinander. Laut Gesetz hat der Jugendhilfeausschuss ein Beschlussrecht in allen grundsätzlichen Angelegenheiten der Jugendhilfe. Und dieses alleinige Beschlussrecht ist auch der Grund dafür, dass Landrat Roger Graef (CDU) im Jahr 2005 Anträge der SPD-Kreistagsfraktion zu den Themen "Tagespflegebörse - Qualität in der Tagespflege" und "Ferienbetreuung im Landkreis Bitburg-Prüm im Sommer 2005" partout nicht auf die Tagesordnung einer Kreistagssitzung heben wollte. Über das Jugendtaxi durfte gesprochen werden

Dies wiederum sahen die Sozialdemokraten im Kreistag nicht ein. Nach für sie erfolglosen Gesprächen mit der Verwaltung in Bitburg wandte sich die SPD-Fraktion an die Obere Kommunalaufsicht bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier (ADD). "Wir baten die Kommunalaufsicht, vor der Kreistagssitzung über den Sachverhalt zu entscheiden", sagt SPD-Fraktionschef Bernd Spindler. Die Entscheidung flatterte aber erst nach der Sitzung ins Haus. Das Ergebnis: Die Kommunalaufsicht schloss sich der Auffassung der Bitburger Behörde an. Das ist für Spindler auch nicht weiter verwunderlich. Denn die ADD habe nur eine Schilderung des Sachverhalts aus Sicht der Kreisverwaltung in Bitburg angefordert. "Wir wurden nicht dazu befragt, wie wir die Sache sehen", sagt Bernd Spindler, der auch den Grund für das Verhalten der Trierer Behörde zu kennen glaubt: "Mir ist gesagt worden, dass der starke Arm des Landrats bis in die ADD reicht." Und so ging die Kreistagssitzung auch ohne die von der SPD geforderten Themen vonstatten. Bei der Sitzung wurde übrigens sehr wohl im Tagesordnungspunkt "Jugendtaxi - Antrag der SPD-Kreistagsfraktion" über ein Thema aus dem Bereich der Jugendhilfe gesprochen. Die Angelegenheit mit den nicht auf die Tagesordnung gekommenen Themen ließen die Sozialdemokraten aber nicht auf sich beruhen. "Es geht uns ums Grundsätzliche", sagt Spindler. Das Beschlussrecht des Jugendhilfeausschusses stehe dabei gar nicht zur Debatte, auch wenn das von der Verwaltung so gesehen werde. Die SPD geht nämlich davon aus, dass Fraktionen eines Kreistag ein Initiativrecht haben. Sie sollen Gestaltungsvorschläge in den Entscheidungsprozess einbringen können. Das Recht zum Beschluss über solche Initiativen bleibe davon unberührt, sagt Spindler. Auch den Minderheitenschutz für kleinere Fraktionen sieht die SPD nicht gewahrt. So gibt es zwar beispielsweise im Bitburg-Prümer Kreistag eine aus zwei Mitgliedern bestehende grüne Fraktion. Die ist jedoch mit keinem Vertreter im Jugendhilfeausschuss mit von der Partie, wenn über Fragen der Jugendhilfe gesprochen wird. "Würde die Rechtsauffassung des Landrats Bestand haben, hätten die Grünen keine Möglichkeit, Ideen und Anregungen aus dem Bereich Jugendhilfe einzubringen", sagt Spindler. Die Bitburg-Prümer Kreisverwaltung sieht dies naturgemäß anders. Normalerweise könne der Kreistag Themen an sich ziehen, sagt Stephan Schmitz-Wenzel von der Kreisverwaltung. Dies sei beim Jugendhilfeausschuss aber nicht so. Sofern sich der Jugendhilfeausschuss im vom Kreistag gesetzten Rahmen bewege, sei dieser nicht befugt, über ein Thema aus dem Verantwortungsbereich des Jugendhilfeausschusses zu beschließen. "Der Kreistag hat das Finanzrecht, und der Jugendhilfeausschuss gibt das Geld aus", bringt es Schmitz-Wenzel auf einen Nenner. Welche der beiden Seiten Recht hat, wird sich am 8. Juni entscheiden. Dann findet um 9.30 Uhr im Verwaltungsgericht in Trier die Verhandlung in dieser Angelegenheit statt. Ein ähnlicher Rechtsstreit wurde bereits in den 90er Jahren letztinstanzlich vom Bundesverwaltungsgericht geklärt. Die Mitglieder des Kreistags treffen sich am heutigen Freitag, 14.30 Uhr, zu einer Sitzung im Sitzungssaal der Kreisverwaltung in Bitburg. Auf der Tagesordnung steht dabei unter anderem die Restabfallentsorgung für den Raum Trier und außerdem die Reform des Haushaltsrechts.

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