Stausee in Biersdorf Mit dem Sauger durch das Wasser

VON UWE HENTSCHEL · Die etwa alle zehn Jahre notwendige Entschlammung des Stausees Bitburg ist nicht nur aufwendig, sondern auch teuer. Bereits seit Jahren wird deshalb nach Alternativen gesucht. Nun wird eine so langsam konkret.

 Zukünftig soll das Sediment, das sich im Stausee Bitburg ablagert, nicht mehr aufwendig entsorgt, sondern aus dem See über die Staumauer direkt in den unteren Verlauf der Prüm gepumpt werden.

Zukünftig soll das Sediment, das sich im Stausee Bitburg ablagert, nicht mehr aufwendig entsorgt, sondern aus dem See über die Staumauer direkt in den unteren Verlauf der Prüm gepumpt werden.

Foto: Uwe Hentschel

Noch versteckt sich das Problem unter der Wasseroberfläche. Nur vereinzelt ragen Reste von Treibgut aus dem Wasser. Das, was beim derzeit recht niedrigen Wasserstand zum Vorschein kommt, stammt größtenteils von dem Starkregenereignis Anfang Juni 2018. Laut Stausee-Zweckverband flossen damals zeitweise mehr als 13 Millionen Liter pro Minute in den See. Und nachdem das Gewässer innerhalb kürzester Zeit an seine Kapazitätsgrenzen gestoßen war, floss diese Menge an der anderen Seite auch wieder raus. Das Unwetter hat entlang der Prüm und damit sowohl ober- als auch unterhalb des Stausees viel Schaden angerichtet.

Und trotzdem: „Ohne den See wäre das Hochwasser im unteren Flussverlauf weitaus dramatischer verlaufen“, sagt Michael Detering, der sich mit dem Gewässer schon seit längerem befasst. Der Ingenieur ist Mitarbeiter des Essener Büros DB Sediments, das sich schwerpunktmäßig mit einem Problem auseinandersetzt, das auch den Stausee Bitburg betrifft. Das Gewässer, das viele Erholungssuchende ans Ufer lockt, dient nämlich in erster Linie dem Hochwasserschutz.

Dieser Hochwasserschutz wiederum wird dadurch beeinträchtigt, dass sich im See sehr viel Sediment beziehungsweise Schlamm ablagert. Laut Detering lagern derzeit rund 400 000 Kubikmeter davon im See. Die Hochwasserschutzkapazität des Gewässers liegt bei 1,45 Millionen Kubikmetern. Mehr als ein Viertel dieser Kapazität wird demnach also allein schon durch den Schlamm aufgebraucht.

Weil dieses Problem nicht neu ist, sondern bereits seit Anfang an besteht, muss der vor gut 50 Jahren angelegte Stausee immer wieder entschlammt werden. Dafür wird das Wasser weitgehend abgelassen und der Schlamm mit Hilfe von Baggern auf Kipplader verladen, die den Schlamm dann wegtransportieren. Bei den ersten Entschlammungs-Aktionen, die ungefähr alle zehn Jahre fällig sind, wurde das nährstoffreiche Sediment auf den Feldern verteilt.

Dann wurden die Grenzwerte verschärft. Das nährstoffreiche, aber eben auch mit Schadstoffen belastete Material durfte nun nicht mehr verteilt werden. Anfang des Jahrtausends wurde deshalb im Vorfeld der damals anstehenden Entschlammung neben dem See ein Zwischenlager angelegt, das inzwischen voll ist, für dessen Inhalt es keine Verwendung gibt, das aber zunächst geleert werden müsste, bevor man sich überhaupt Gedanken über eine nächste Entschlammung machen kann. Und hier kommt DB Sediments ins Spiel.

Das Ingenieurbüro hat ein Verfahren entwickelt, für das weder der See geleert noch das Zwischenlager geräumt werden muss. Stattdessen kommt eine schwimmende Arbeitsplattform zum Einsatz, die mit Hilfe einer Saugpumpe den Schlamm vom Seegrund aufsaugt und diesen dann über einen langen Schlauch bis zum Wehr des Sees befördert. Dort wird das Sediment dann dem unteren Flussverlauf zugeführt.

Die autonom schwimmende Plattform kreist dabei aber nicht über den gesamten See, sondern schwimmt lediglich im oberen Bereich hin und her. Wie Detering erklärt, lagert dort auch der größte Teil des mitgespülten Erdreichs. „Es ist gar nicht notwendig, das gesamte Sediment zu entfernen“, sagt er. „Wenn wir die Ablagerungen um 20 Prozent reduzieren, ist der Hochwasserschutz wieder hergestellt“, erklärt der Ingenieur. Und genau das könne mit Hilfe der Sediment-Transfer-Technologie erreicht werden.

Für Detering hat dieses Verfahren gegenüber der bisherigen Praxis zahlreiche Vorteile. Ein nicht ganz unwesentlicher sind dabei die Kosten, mit denen er auch den Zweckverband Stausee Bitburg überzeugen konnte. Zwar sind diese noch nicht genau beziffert. Doch angesichts der Tatsache, dass der Schlamm nicht aufwendig entfernt und zudem auch noch teuer entsorgt werden muss, geht Detering davon aus, dass das von ihm vorgeschlagene Verfahren auf längere Sicht höchstens ein Viertel oder Drittel der Kosten der bisherigen Vorgehensweise verursachen wird. Nach Auskunft der VG-Verwaltung Bitburger Land hat die jüngste Entschlammung im Jahr 2016, die sich auch nur auf einen Teilbereich des Sees bezog, mehr als 360 000 Euro gekostet. Die Entleerung des Zwischenlagers ist in dieser Summe nicht enthalten.

Für Josef Junk, Vorsitzender des Zweckverbands und Bürgermeister der VG Bitburger Land, hat dieses Verfahren, das nun womöglich zum Einsatz kommen wird, aber auch noch einen zusätzlichen Reiz. „Sobald wir den Schlamm aus dem See nehmen, sind wir rechtlich dazu gezwungen, ihn auch zu entsorgen“, sagt er.

Durch das nun anvisierte Verfahren werde das Sediment direkt vom Grund des Sees in den unteren Lauf der Prüm gepumpt. Dadurch müsse das nährstoffreiche Sediment, das sich — gäbe es den See nicht —  ohnehin im weiteren Flussverlauf absetzen würde, erst gar nicht „in die Hand genommen“ werden.

Wie der Ingenieur erklärt, werde das Sediment auch nicht in gewaltigen Mengen einfach über das Wehr gespült, sondern dosiert aus dem See gepumpt. Und das über einen Zeitraum von sechs Jahren. In dieser Zeit soll die schwimmende Pumpe dann ausschließlich im Winterhalbjahr, wenn der Wasserspiegel des Sees auch deutlich niedriger ist als im Sommer, im Einsatz sein. „Der Sediment-Eintrag wird dem Durchfluss angepasst“, sagt Detering. Da das im See angesammelte Sediment im unteren Flussverlauf fehle, werde durch dieses Verfahren der natürliche Zustand unterhalb des Wehrs also wiederhergestellt, verspricht der Ingenieur.

So viel zur Theorie. Was die praktische Umsetzung betrifft, so muss nun laut Junk zunächst geklärt werden, ob der Auftrag an das Büro aus Essen vergeben werden kann oder aber ob zuvor doch eine europaweite Ausschreibung erforderlich ist. Darüber hinaus werde derzeit noch geprüft, ob dieses Verfahren möglicherweise im Rahmen der Aktion Blau plus bezuschusst werden könne, erklärt Junk.

 Zukünftig soll das Sediment, das sich im Stausee Bitburg ablagert, nicht mehr aufwendig entsorgt, sondern aus dem See über die Staumauer direkt in den unteren Verlauf der Prüm gepumpt werden.

Zukünftig soll das Sediment, das sich im Stausee Bitburg ablagert, nicht mehr aufwendig entsorgt, sondern aus dem See über die Staumauer direkt in den unteren Verlauf der Prüm gepumpt werden.

Foto: Uwe Hentschel
 Zukünftig soll das Sediment, das sich im Stausee Bitburg ablagert, nicht mehr aufwendig entsorgt, sondern aus dem See über die Staumauer direkt in den unteren Verlauf der Prüm gepumpt werden.

Zukünftig soll das Sediment, das sich im Stausee Bitburg ablagert, nicht mehr aufwendig entsorgt, sondern aus dem See über die Staumauer direkt in den unteren Verlauf der Prüm gepumpt werden.

Foto: Uwe Hentschel
 Zukünftig soll das Sediment, das sich im Stausee Bitburg ablagert, nicht mehr aufwendig entsorgt, sondern aus dem See über die Staumauer direkt in den unteren Verlauf der Prüm gepumpt werden.

Zukünftig soll das Sediment, das sich im Stausee Bitburg ablagert, nicht mehr aufwendig entsorgt, sondern aus dem See über die Staumauer direkt in den unteren Verlauf der Prüm gepumpt werden.

Foto: Uwe Hentschel
 Zukünftig soll das Sediment, das sich im Stausee Bitburg ablagert, nicht mehr aufwendig entsorgt, sondern aus dem See über die Staumauer direkt in den unteren Verlauf der Prüm gepumpt werden.

Zukünftig soll das Sediment, das sich im Stausee Bitburg ablagert, nicht mehr aufwendig entsorgt, sondern aus dem See über die Staumauer direkt in den unteren Verlauf der Prüm gepumpt werden.

Foto: Uwe Hentschel

„Das Land fördert dazu auch ein zweijähriges Monitoring der Technischen Universität Darmstadt, mit dem dieses Verfahren wissenschaftlich begleitet wird“, sagt der Bürgermeister. Möglicherweise, so Junk, könne daraus ein Pilotprojekt für andere Stauseen mit der gleichen Problematik werden.
Fotostrecke zum Biersdorfer Stausee unter: www.volksfreund.de

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