Stehende Ovation für fahrendes Volk

Prüm · Die Musical-Oper "Der Wind auf der Heide" von Christopher Meux hat Premiere gefeiert - vor einem begeisterten Publikum in der Prümer Karolingerhalle. 200 Menschen bereiteten den Akteuren am Ende großen, lange anhaltenden Applaus.

Stehende Ovation für fahrendes Volk
Foto: Holweck Paul (e_bit )

Prüm. Dunkelheit - ein einsames Horn erklingt in der Ferne, dann sieht man einen Forscher (Volker Dörffel) in seiner Bibliothek: "Was ist ein Gypsy?", fragt er. Und dann erscheinen sie, nach und nach, auf der Bühne: grimmig dreinschauende Männer, Frauen, die aufmerksame Blicke durch den Raum werfen, ein freches Kind.
"Der Wind auf der Heide" beginnt - das dritte große Ensemble-Stück von Christopher Meux, dem früheren Musiklehrer des Regino-Gymnasiums Prüm (der TV berichtete), wieder inszeniert von Florian Burg, der in der Aufführung auch eine Nebenrolle übernimmt.
Im Zentrum der Geschichte steht der Gypsy-Clanchef Jasper Petulengro (Nico Wouterse), dessen Tochter Cassie (Barbara Spoo) sich in einen Mann verliebt, der nicht ihrem Volk angehört. Und den sie deshalb nicht heiraten darf. Am Ende verliert Petulengro alles - seine Frau Dorabella (Danièle Patz) stirbt, Cassie geht fort, der Clan zerfällt, und am Horizont zieht das Grauen des nationalsozialistischen Rassenwahns und des Holocaust auf. Eine sehr ernste und ernsthafte Geschichte also, die jedoch in Prüm von einem überzeugenden Ensemble mitreißend dargeboten wird - mit Kammerchor, mit Tanz (Choreografie und Solotanz Ramona Braun), mit starker Charakterdarstellung.
Zu den Akteuren gehören Robert Kauth in gleich mehreren Rollen, Hiltrud Wagner, die das Kind (Helena Irsch) des Gypsy-Königs hüten soll, und, ebenfalls stark: Barbara Spoo als Cassie, am Anfang ein keckes Mädchen, das später von seinen Gefühlen für den nicht-Gypsy Ben (Patrick Bullinger) überrascht und dann wie vom Blitz getroffen wird, als sie feststellt, dass ihre Eltern sie mit dem ungeliebten Lall (Moritz Rehfeld) verheiraten wollen.
Emotionsgeladene Momente


Helena Irsch, ganze 13 Jahre alt und bereits mit ihrem Lied "Sternenkind" bekannt, zeigt große Reife in ihren Soli und als Schauspielerin. Patrick Bullinger (Ben), Gesangsstudent an der Hochschule für Musik Saar, beherrscht mit facettenreicher Tenorstimme sowohl die operettenhaften Nummern als auch die emotionsgeladenen Momente.
Nico Wouterse ist als Opernsänger auf den großen Opernbühnen der Welt zu Hause, hat aber sichtlich Spaß daran, in dieser vergleichsweise kleinen Produktion des Vereins "Neues Musiktheater" mitzuwirken. Er belebt die anspruchsvolle Rolle des Jasper mit gewaltiger, ausdrucksstarker Stimme und enormem Schauspieltalent.
Sie alle überzeugen - wie auch Danièle Patz als Cassies Mutter und Volker Dörffel als "Romani Rei", der vergeblich versucht, das Leben der Gypsies mit der Gesellschaft in Einklang zu bringen.
"Jede Sängerin, jeder Sänger hat es verstanden, eine Person glaubhaft darzustellen, aber auch die verschiedenen Elemente in ein Gesamtbild einzupassen", sagt Meux hinterher. "Ich war sehr zufrieden, die Mannschaft hat Tolles geleistet."
Dirigent Rainer Serwe steuert das Kammerorchester mit Präzision und Gefühl, die Sänger fühlen sich hörbar in guten Händen, das Orchester liefert eine große Klangvielfalt - nicht zuletzt die Solistinnen Steffi Hontheim (Horn) und Claudia Kussmaul (Geige), die zum Tanz feurige Soli spielt. Regisseur Florian Burg hat aus dem Ensemble eine geschlossene Einheit gemacht - und eine Inszenierung entworfen, die auch im Detail erfreut. Zusätzlich übernimmt er die Rolle eines NS-artigen Wissenschaftlers, der Cassies Kind (Helena Irsch) mit eiskalter Akribie untersucht. Auch die Bühnendekoration von Irene Balter aus Üttfeld besticht.
Bis auf winzige Kleinigkeiten, die man aber im Publikum kaum bemerkt habe, ist deshalb auch für Christopher Meux alles bestens über die Bühne gegangen. Er ist nicht der Einzige mit dieser Meinung - die Zuschauer in Prüm spenden zum Schluss großen, anhaltenden Applaus. "Der Abend war überwältigend. Das Stück gehört auf die große Bühne", sagt ein Besucher.
Zu diesen zählt auch Herbert Fandel, der Leiter der Kreismusikschule Bitburg-Prüm: "Es war eine begeisternde Aufführung - in jeder Hinsicht. Und es war viel drin: Auf der einen Seite wunderschöne Melodien, auf der anderen ein Text und eine Geschichte, die die Menschen anrühren", sagt Herbert Fandel. Und das alles sei umgesetzt worden "in einer modernen, anziehenden Version. Das hat mich angefasst. Und ich gehe auch noch ein zweites Mal hin."
Extra

 Ergreifendes Spiel: Nico Wouterse und Danièle Patz.

Ergreifendes Spiel: Nico Wouterse und Danièle Patz.

Foto: Holweck Paul (e_bit )

Die Aufführung zieht weiter: nach Luxemburg, ins Amphitheater Berdorf. Termine: Freitag, 26. August (19 Uhr), Samstag, 27. August (19 Uhr), Sonntag, 28. August (17 Uhr). In der Stadthalle Bitburg wird das Stück ebenfalls drei Mal aufgeführt - allerdings erst im kommenden Jahr: am Freitag, 16. September (19.30 Uhr), am Samstag, 17. September (19.30 Uhr), und am Sonntag, 18. September um 17 Uhr. Die Verkaufsstellen, darunter Ticket regional, werden noch bekanntgegeben. fpl Alles weitere zum Stück im Internet unter <%LINK auto="true" href="http://www.neues-musiktheater.de" text="www.neues-musiktheater.de" class="more"%>

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