Steinbruch in Stromgewittern

Willwerath · Glückliche Gesichter überall: Starke Bands, reibungsloser Ablauf und ein sensationeller Auftritt von Blues Pills - das dritte Festival "Willwerath Rock City" begeisterte Musiker, Besucher und Organisatoren zugleich.

Willwerath. "Ich bin mir sicher, dass einige keine Ahnung haben, was sie heute noch erwartet", sagt Tobias Elsen mitten im begeistert aufgenommenen Auftritt seiner Band Monoshoque im Willwerather Steinbruch. "Aber am Ende werden alle glücklich sein." Er meint natürlich die Gruppe, die im Anschluss kommen wird: Blues Pills, den gerade aufsteigenden Stern am Festivalhimmel (TV von Donnerstag).Dabei ist der Auftritt von Monoshoque ebenfalls ein Glücksbringer, die Willwerather Lokalheroen, Rock-am-Ring-gestärkt, sind noch besser geworden, noch druckvoller und intensiver. Und Elsen, Sänger und Gitarrist, versprüht dabei nicht nur Schweißtropfen, sondern zugleich literweise Charisma.Aber der Reihe nach: Das dritte Festival in Willwerath beginnt schon am Parkplatz. Dort haben sich zwei von den Acapulco Firebirds aufgestellt. Mitorganisator Marco Sifferath (Gitarre, Gesang) und Stefan Paul (Gesang, Kistentrommel) bringen den eintrudelnden Besuchern ein paar Ständchen, bevor die weiterspazieren: Musik von Stevie Wonder, den Rolling Stones, den Zombies, den Beatles, die Mischung ist bunt, die Laune bestens. Eine schöne Geste, die das Publikum beschwingt in den Wald schickt.Dort, auf der größten Bühne, die Willwerath je sah, machen Magret den Auftakt mit galoppierendem, deutschsprachigem Punkrock und angemessen jugendverzweifelten Texten. Das noch spärliche Publikum spendet im Lauf des Auftritts immer mehr Applaus. Könnte was werden mit dieser Formation aus dem Islek.Euphorie wie noch nie

Zweite Band des Abends: The Sonic Beat Explosion, mit sechs Autostunden Anreise in den Knochen - "aus der Zone" komme man, sagt Gitarrist und Sänger Martin Fischer und bittet das Publikum darum, doch ein bisschen näher zu kommen. "Wir stinken nicht."Auch die Musik müffelt keineswegs - ein herrlich euphorisierender Rock mit vielen "Yeahs" und "alrights", bei dem auch skandinavische Einflüsse durchklingen, wo ja ohnehin in den vergangenen Jahren manchmal die bessere Rockmusik herkam. Jubel, Zugaben. Dann fahren Monoshoque ihren Auftritt souverän nach Hause - und es folgt das, was Marvin Go-Bassist Michael Glandien anschließend als "eine Lektion in Rock" bezeichnen wird. Der Bassist von Marvin Go ist völlig geplättet vom Auftritt der Blues Pills mit der schwedischen Sängerin Elin Larsson an der Spitze. Damit ist er nicht allein: Einige Besucher dürften sich während des Konzerts der jungen Band den Adamsapfel mit der Kinnlade geprellt haben, so umwerfend geraten die eineinhalb Stunden. Dabei schlurfen die vier Musiker so unbedarft auf die Bühne, dass man kaum glauben will, wie gewaltig sich das anhört, was sie im Anschluss bieten: eine sofort in Adern und mittlere Körperregionen fahrende, machtvoll pumpende Bluesrock-Variante, die tatsächlich an die großen Vorbilder erinnert und zugleich zeigt, dass hier ebenfalls etwas Großes im Entstehen ist. Es geht also noch etwas in diesem so oft totgeglaubten Genre.Und was Elin Larsson da mit ihrer beseelten Stimme macht, reißt auch den letzten Ignoranten hin. "High Class Woman" heißt ein Titel - yep, stimmt. Im Publikum glaubt einer, Jesus gesehen zu haben. Diese Gruppe wird auf immer größeren Festivals spielen, und ihr Name dürfte dabei immer weiter oben auf den Plakaten stehen. Das Schöne: Bislang scheinen die vier davon noch unbeleckt. Freundlich, natürlich, bescheiden wirken sie - und dankbar für den Jubel, der ihnen entgegenschlägt. Noch sind sie offenbar nicht so cool wie das, was sie auf der Bühne machen. Die gut 500 Zuhörer sind am Ende völlig aus dem Häuschen.Mutig, wer dann noch antritt: Kein Problem für Marvin Go, die alles rausholen, was in ihnen steckt. Und wer Titel wie "Sonic Riot in Hell" im Programm hat, kann sowieso nichts falsch machen. Willwerath Rock City: Das ist jetzt keine Behauptung mehr. Am Ende: alle glücklich.Weitere Fotos im Internet: <%LINK auto="true" href="http://www.volksfreund.de/fotos" class="more" text="www.volksfreund.de/fotos"%>Extra

"Geil - ich freu mich für die Jungs", sagt ein neidloser Wolfgang André, der jahrelang die Üttfelder Rocknacht organisiert hat. Aus Verschneid sind Ulrike und Theo Babitsch gekommen, beide 64 Jahre alt: "Die Atmosphäre ist fantastisch", sagt Theo Babitsch, "das ist traumhaft hier". Und dass man die Organisatoren unterstützen müsse, die so ein Festival auf die Beine stellen. Dass die beiden nicht zu den jüngsten Besuchern gehören, stört sie überhaupt nicht. Ulrike Babitsch lacht: "Es müssen ja nicht immer die Oberkrainer sein." "In zehn, zwanzig Jahren werden wir sagen: Wir waren dabei", sagt am Ende ein erfreut-entspannter Mitorganisator Marco Sifferath angesichts des Auftritts von Blues Pills und der begeistert jubelnden Menge. "Und das in Willwerath. Für zehn Euro." fpl

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