Steinernes Zeugnis einer Bluttat

Auf dem Friedhof von Gondenbrett hat man vor vier Jahren die Reste eines Gebeine-Hauses entdeckt. Das "Beinhaus", von Bürger Hanns-Georg Salm wiederaufgebaut, erhält jetzt ein Denkmal, samt Förderung von der Landes-Kulturstiftung (siehe Extra). Alois Mayer erzählt dazu eine Geschichte aus dem Spanisch-Niederländischen Krieg.

 Das Beinhaus unterhalb des Friedhofs in Gondenbrett, wiederaufgebaut von Hanns-Georg Salm. Hier spielte sich damals die Bluttat der Soldaten ab. TV-Foto: Fritz-Peter Linden

Das Beinhaus unterhalb des Friedhofs in Gondenbrett, wiederaufgebaut von Hanns-Georg Salm. Hier spielte sich damals die Bluttat der Soldaten ab. TV-Foto: Fritz-Peter Linden

Gondenbrett. Es war im Jahr 1572: Wieder zankten sich europäische Herrscher um Land und Güter, ohne Rücksicht auf Leid und Leben ihrer Untertanen. Es war in dem Krieg, den die Spanier gegen die Niederländer führten. Und gemäß der Devise "der Krieg ernährt die Soldaten" zogen in diesem Jahr kaiserliche Reiter unter Führung des Grafen von Löwenstein durch die Eifel. Sie plünderten und raubten und ließen bei ihrem Durchmarsch alle Menschlichkeit vermissen. Hilfe von außen war nicht zu erwarten.

Und als die Bauern erfuhren, dass eine größere Abteilung roher Reitersoldaten wieder marodierend durchs Mehlental zog, um Anschluss an ihre Truppen zu bekommen, sammelten sich in ihrer Not viele Menschen aus den Dörfern der Umgebung. Sie waren bereit, ihr Hab und Gut und ihre Familien zu verteidigen. Bis aufs Blut, wenn es sein musste. Mit Sensen, Mistgabeln und Äxten bewaffnet, stellten die Bauern sich zwischen Gondenbrett und Obermehlen auf, um den Soldaten einen Hinterhalt zu legen. Als die feindlichen Reiter erschienen, stürmten die kriegsunerfahrenen Bauern aus ihren geschützten Stellungen. Viel zu früh und viel zu stürmisch rannten sie mit Geschrei auf die kampfbereiten Reiter in dem Tal zu. Strategisch gesehen bot das Gelände den Bauern nur Nachteile im Gegensatz zu der Kavallerietruppe. Für diese war das Tal günstig und offen. Kommandos und militärische Befehle ertönten. Sofort bildeten die Spanier eine geschlossene Schlachtordnung und erwarteten kampfbereit die herabstürmenden Bauern. Schon stockte der Angriff. Wieder erteilte der Offizier seinen Befehl, und die Flanken der Reiter marschierten vor. Die Bauern gerieten in Verwirrung, ließen sich zusammendrängen. Nach den ersten Säbelhieben und Schreien der Verwundeten brach Panik aus. Die Bauern wandten sich um und suchten ihr Heil in der Flucht. Nun war es ein Leichtes für die Reiterei, ihrem mörderischen Handwerk nachzukommen. Nahezu einhundert Mann wurden dabei wie Schafe niedergehauen. Etliche Menschen versteckten sich angstvoll in dem Gebeinhaus auf dem Gondenbretter Friedhof, um dem grausamen Gemetzel zu entgehen. Doch sie wurden von den Reitern bemerkt und ebenfalls erbarmungslos getötet.

Die Nacht brach an. Und nun konnte man all überall auf den Bergen große brennende Feuer sehen. Es waren "Notfeuer", die die Dörfler ringsum angezündet hatten, um so die Hilfe der Nachbarorte herbeizurufen. Kampflos wollte man sich nicht ergeben. Man wollte einen erneuten Angriff auf die Reiter wagen, diesmal zwischen Gondenbrett und Hontheim. Das war den Soldaten nun aber doch zu riskant. Und so änderten sie ihren Plan. Im Morgengrauen verließen sie schleunigst die Gegend und zogen über Lünebach fort aus dem Prümer Land.

Den Opfern zum Gedenken



Das Beinhaus, das so viel Schreckliches erlebt hatte, und die alte Kirche aus der Zeit um 1500 existieren nicht mehr. 1836/37 wurden sie wegen Baufälligkeit abgebrochen. Ein großes und altes Sandsteinkreuz ("Münsterbergkreuz") stand bis in die jüngste Zeit hinein auf dem ehemaligen Kirchenstandort. Dann wurde dieses ursprüngliche Pestkreuz auf den neu angelegten Friedhof versetzt. Gondenbrett ist stets bemüht, die Geschichte seines Ortes zu bewahren und sie zu erforschen. So entdeckte man im Jahr 2006 bei Grabungen auch die Grundmauern und die Rückwand des ehemaligen Beinhauses wieder. Und erneut war die Erinnerung an jenes Gemetzel von 1572 wach. Und um heute Lebende an jenen Bauernaufstand zu erinnern und sie zu mahnen, entsteht an dieser Stelle eine würdige Gedenkstätte.

ExtraStarke Initiative eines Bürgers: Das ehemalige Beinhaus am Friedhof in Gondenbrett ist in den vergangenen drei Jahren von Hanns-Georg Salm wieder aufgebaut worden, der dabei auch sämtliche Kosten übernahm. Die Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur fördert wiederum die künstlerische Ausgestaltung der Gedenkstätte mit 3000 Euro. Das gaben der Vorstandsvorsitzende der Stiftung, Ministerpräsident Kurt Beck, und Kulturministerin Doris Ahnen (beide SPD) in Mainz bekannt. Der Bildhauer Sebastian Langner aus Wittlich wird eine Metall-Plastik zum Gedenken an die Toten des Bauernaufstands von 1572 fertigen. (fpl)Hintergrund Der Spanisch-Niederländische Krieg, auch Achtzigjähriger Krieg genannt, dauerte von 1568 bis 1648. In ihm erkämpfte die Republik der Sieben Vereinigten Niederlande ihre Unabhängigkeit von der spanischen Krone. Vor dem Krieg gehörte das Gebiet (mit den heutigen Niederlanden, Belgien, Luxemburg und einem Teil Nordfrankreichs) zu Spanien. Im Zuge der Reformation bilden sich in den Niederlanden zwei unterschiedliche konfessionelle Lager heraus - der wallonische Süden bleibt katholisch, der flämisch-friesische Norden wird protestantisch. Zudem stellten die aus vielen Provinzen bestehenden Niederlande mit ihrem Diamanten- und Überseehandel eine bedeutende wirtschaftliche Macht dar, die Spanien nicht gewillt war, aus seinem Besitz zu geben. (amy)

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort