Stochern im Dschungel der Förderungen

Stadtkyll/Trier · Hat die Gemeinde Stadtkyll zu Unrecht Fördermittel des Landes bezogen? Das Amtsgericht Trier versucht derzeit, eine Antwort auf diese Frage zu finden. Heraus kommt ein Lehrstück über Theorie und Praxis im öffentlichen Zuschusswesen.

Stadtkyll/Trier. Fallstricke im Förderdschungel: 40 000 Euro hat der Landal Green Park in Stadtkyll für den Bau eines Gehwegs entlang einer Gemeindestraße zum Ferienpark gespendet, damit die Gemeinde ihn überhaupt bauen kann. Doch welche Auswirkungen hat eine solche Zuwendung auf den Zuschuss, den das Dorf vom Land erhält? Zu welchem Zeitpunkt hätte das Land informiert werden müssen? Das Amtsgericht Trier versucht derzeit, diese Fragen zu ergründen.
Ein Blick zurück: 2003 beschließt der Gemeinderat Stadtkyll, den Gehweg anzulegen. Damit soll die Sicherheit der Gäste auf dem Weg zum Ferienpark verbessert werden. Weil der Ort aber notorisch knapp bei Kasse ist und sich die Investition von insgesamt 100 000 Euro nicht einfach so leisten kann, habe man den Beschluss nur unter der Bedingung gefasst, dass er die Gemeinde kein Geld kostet. So berichtet es der nun angeklagte ehemalige Ortsbürgermeister Nikolaus Simon vor Gericht. Man erhofft sich eine Förderung von 60 Prozent seitens des Landes, die restlichen 40 Prozent, also 40 000 Euro soll der Landal-Ferienpark bezahlen.
Drei Jahre später, im Januar 2006, stellt die Gemeinde mit Hilfe der VG einen Förderantrag ans Land. Aus der im Raum stehenden Spende von Landal ist dabei kein Geheimnis gemacht worden, schließlich soll sie dazu dienen, dass die Gemeinde ihren Eigenanteil überhaupt finanzieren kann. "Mir war zu keinem Zeitpunkt bewusst, dass es da rechtliche Probleme gibt", sagt Simon.
Doch ganz so einfach funktioniert es dann doch nicht: Denn um überhaupt eine Förderung bekommen zu können, muss sich laut Gesetz der Ort Stadtkyll auch selbst finanziell beteiligen. Daraufhin hat die VG-Verwaltung in Absprache mit dem Wirtschaftsministerium den Antrag dahingehend geändert, dass sich auch die Gemeinde mit eigenem Geld aus Krediten beteiligt. Das haben die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ergeben und wird von den Beteiligten nicht bestritten.
"Es gibt schließlich mehr als 200 verschiedene Förderprogramme, da ist man selbst als Verwaltungsbeamter mit überfordert und kann nicht alle kennen. Deshalb haben wir uns ja auch beraten lassen", sagt der ebenfalls angeklagte VG-Bauamtsleiter Karl Müller. Im überarbeiteten Antrag wurde der im Raum stehende Zuschuss von Landal nicht erwähnt, weil es noch keine schriftliche Zusage gegeben habe.
Der Vorwurf, den die Staatsanwaltschaft nun erhebt: Spätestens als die 40 000-Euro-Spende von Landal für den Gehweg im September 2006 bei der VG eingegangen sei, hätte man das Land informieren müssen. Denn dadurch hätten sich die förderfähigen Kosten reduziert, was einen geringeren Zuschuss bedeutet. Rund 9000 Euro seien zu viel bezahlt worden.
Doch haben sich damit Ortsbürgermeister und Bauamtsleiter strafbar gemacht? Verteidiger Reinhold Schmitt verneint: Es gebe keinen Betrug, weil niemand getäuscht worden sei, sowohl Ministerium als auch Kommunalaufsicht seien informiert gewesen. "Jeder wusste, was da läuft."
Inwieweit wirklich alle Seiten informiert waren, muss nun an einem zweiten Termin geklärt werden. Dann sollen auch der damals zuständige Sachbearbeiter der Kommunalaufsicht und ein Vertreter des Ministeriums als Zeugen vernommen werden. Die Sitzung ist auf Montag, 19. August, terminiert.Meinung

Interpretation im Sinne der Bürger
Wohl kaum jemand überblickt wirklich, wie viele verschiedene Töpfe es gibt, aus denen öffentliche Vorhaben gefördert werden können. Kein Wunder also, dass sich Kommunalverwaltungen und zuständige Ministerien immer wieder kurzschließen, um über Möglichkeiten zu beraten, Geld für ein bestimmtes Vorhaben in diesem Dickicht aufzutreiben - sicherlich in den allermeisten Fällen zum Wohl der Bürger. Und es gehört auch nicht viel Fantasie dazu, sich vorzustellen, dass dabei auch immer ein gewisser - nennen wir es Interpretationsspielraum - ausgeschöpft wird, um die Buchstaben des Gesetzes zu erfüllen. Das macht die Verwaltungsarbeit aber nicht leichter. Denn nur als Beispiel: Hätte die Gemeinde ihren Eigenanteil zunächst mit Krediten finanziert und wäre die Spende über 40 000 Euro von Landal erst später für die generelle Unterstützung des Fremdenverkehrs eingegangen, würde heute kein Hahn mehr danach krähen. c.brunker@volksfreund.de

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