Sträußchen binden gegen das Unheil

Olmscheid/Neuerburg · Blumen und Getreide sollen das Unglück vertreiben: Der Krautwisch hat in der Eifel eine lange Tradition. In den Tagen rund um Mariä Himmelfahrt wird der Strauß aus selbst gesammelten Pflanzen gesegnet. Auch die Bewohner im Seniorenhaus Berghof in Neuerburg pflegen das Brauchtum: Für sie hat Rosi Moser aus Olmscheid ihren Garten geplündert.

Für die Eifeler ist heute Krautwischtag. Wie jedes Jahr an Mariä Himmelfahrt wird das Bündel aus Blumen und Kräutern nach alter Tradition zur Weihung in die Kirche gebracht und dann meist im Haus aufbewahrt - aber der Krautwisch ist viel mehr als nur ein gesegneter Blumenstrauß. Rosi Moser aus Olmscheid (VG Arzfeld) erzählt, wieso: "Der Krautwisch soll Haus und Bewohner vor Ungemach schützen. In der dunklen Jahreszeit soll der Strauß an die Farbenpracht und Fülle des Sommers erinnern - denn in den Pflanzen ruht die Sonne, ihr Licht und ihre Wärme."
Die wollte auch Rosi Moser weitergeben - ebenso wie das Wissen um die Tradition, das die Wanderführerin seit Jahren an Jung und Alt vermittelt. Um den Bewohnern im Seniorenhaus Berghof in Neuerburg (VG Südeifel) eine Freude zu machen, hat sie ihren eigenen Kräutergarten geplündert, alles in ihr Auto verfrachtet und ist damit in das Altenheim gefahren. Dort hat man sie schon erwartet: Auf der Terasse lagen bereits Bündel mit verschiedenen Getreidesorten. Ihre mitgebrachten Kräuter packte Rosi Moser auf einen langen Tisch. Im großen Berghof-Garten von Hubert Heck wurden dann noch bündelweise Kräuter geschnitten, die auch für diesen Zweck angebaut worden waren.
Und dann durften auch endlich die Senioren ans Werk, erzählt Rosi Moser: "Manche kamen mit dem Rollator, andere wurden vom Pflegepersonal im Rollstuhl zu unserer Krautwisch-Aktion gebracht. Alle untersuchten sie die mitgebrachten Kräuter - und es wurden Erinnerungen wach."
Manche erinnerten sich daran, wie sie früher selbst den Krautwisch zusammengesucht haben oder den Maggistrauch im eigenen Garten hatten oder wie man den Krautwisch Verstorbenen mit in den Sarg gelegt hat. Andere erzählten, wie sie den Strauß im Garten vergraben oder zerbröselt und unter das Getreide gemischt haben.
"So wurden beim Binden der Sträuße viele Geschichten rund um das Brauchtum erzählt", sagt Rosi Moser. Am Ende wurden sie während einer Marienandacht gesegnet. "Und jeder Bewohner nahm sich seinen eigenen Krautwisch mit auf sein Zimmer."
Jedes Brauchtum kennt seine eigenen Regeln: Der Krautwisch, erzählt Rosi Moser, soll aus mindestens neun verschiedenen Pflanzen bestehen. Darunter sind Getreide, Tee, Blumen und Heilkräuter. "Die Königskerze, die auch Himmelsbrand oder Wetterkerze genannt wird, gehört in unserer Region in die Mitte des Straußes." Oft werde eine rote Dalie mit eingebunden, die auch Sterbedahlie genannt wird, denn: Wenn sie getrocknet ist, wird sie dunkelrot bis schwarz.
Und noch etwas ist Rosi Moser wichtig, wenn es ans Sammeln der Kräuter geht: "Die Natur ist kein Selbstbedienungsladen, wo man sich unbegrenzt nehmen kann. Man muss ihr mit Respekt begegnen."Extra

 Da werden auch Erinnerungen wach: Die Bewohner vom Neuerburger Seniorenhaus Berghof beim Krautwischbinden. Foto: Privat

Da werden auch Erinnerungen wach: Die Bewohner vom Neuerburger Seniorenhaus Berghof beim Krautwischbinden. Foto: Privat

In Dudeldorf gehört die Krautwischkirmes zu den Höhepunkten des Jahres. Von heute bis Montag, 18. August, richtet der Sportverein das Fest auf dem Burggelände aus. Das Programm: Freitag, 15. August: Weltmeister-Disco mit DJ Mut; Samstag, 16. August: Sommernachtsball mit "Binsfeld & Brauner"; Sonntag, 17. August: drittes Dudeldorfer Traktoren- und Oldtimertreffen, ab 8 Uhr Eintreffen der Traktoren, 9 Uhr Gottesdienst mit Kräuter- und Traktorensegnung, 12 Uhr Mittagstisch, 14.30 Uhr Traktorenkorso, 16 Uhr Konzert des Musikvereins Dudeldorf-Ordorf; Montag, 18. August: Kirmesausklang. In Auw an der Kyll lädt die Pfarrei Maria Himmelfahrt am Sonntag, 17. August, zum Krautwischtag ein. Die Prozession beginnt um 10 Uhr. Es spielt der Musikverein Lyra aus Preist. Dann wird in der Wallfahrtskirche das Hochamt gefeiert, in der Augenwasser und Krautwische gesegnet werden. Der Wallfahrtstag endet um 14.30 Uhr mit einer Marienandacht in der Pfarrkirche. eib

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