Streit um Sparpläne für Bauämter

Bitburg/Prüm/Daun/Mainz · Die Landesregierung will Geld sparen, indem sie Verbandsgemeinden die Verantwortung für die Bauaufsicht entzieht. Die Verbandsgemeinden bezweifeln, dass das finanzielle Vorteile bringt, und wehren sich.

Bitburg/Prüm/Daun/Mainz. Hinter dem Haus liegt eine große Wiese. Man müsste nur ein paar Apfelbäume fällen und schon wäre da Platz für ein Haus. Aber darf man da überhaupt bauen? Was sieht der Bebauungsplan für das Gebiet vor?
Und falls man da bauen darf, an welche Standards müsste man sich dann halten? Tauchen solche Fragen in den vielen Hundert Orten auf, die in den Verbandsgemeinden Arzfeld, Daun, Gerolstein, Hillesheim, Kelberg, Neuerburg, Obere Kyll, Prüm und Speicher liegen, dann sind Mitarbeiter der Verbandsgemeindeverwaltung die richtigen Ansprechpartner - und nicht jene der Kreisverwaltung. Denn für diese Verbandsgemeinden gilt eine Ausnahmeregelung, die ihnen die Verantwortung für die untere Bauaufsicht gibt. Noch.Zu wenige Baugenehmigungen


Der rheinland-pfälzische Finanzstaatssekretär Salvatore Barbaro will dies mit einer Novelle der Landesbauordnung ändern. Ab kommendem Jahr sollen (mit Ausnahme von Verbandsgemeinden, die mehr als 25 000 Einwohner haben) nur noch die Kreisverwaltungen für Baufragen und Baugenehmigungen zuständig sein.
"Wir sprechen uns seit Jahren für eine Konzentration aus", sagt Jürgen Hesch, Sprecher des rheinland-pfälzischen Landkreistags, der die Pläne sehr begrüßt. Wichtigstes Argument aus Sicht der Kreise ist die aus ihrer Sicht niedrige Zahl der vor Ort zu bearbeitenden Baugenehmigungen (siehe Tabelle).
Zudem sei es, da es oft um Verstöße gehe, besser, wenn die entscheidende Behörde weiter wegliege. Für den Bürger macht es aus Heschs Sicht keinen großen Unterschied. "Man baut ja nur einmal im Leben", sagt er.
Auch Karin Pinn und Patrick Bormann, die Ortsbürgermeister so entlegener Dörfer wie Wiesbaum (VG Gerolstein) und Lützkampen (VG Arzfeld), glauben nicht, dass den Bürgern durch die Neuregelung große Nachteile entstehen. Allerdings fürchtet Bormann ein anderes Problem. "Ich weiß nicht, ob die Belange meiner Ortsgemeinde nicht in einem so großen Haus untergehen", sagt er.
Er wünscht sich "einen verlässlichen Ansprechpartner vor Ort" - jemanden, der die Situation kennt und die Gemeinde unterstützt, sagt Bormann. Und das ist für ihn die Verbandsgemeinde Arzfeld. "Wenn die Kreisverwaltung das genauso schnell, bürgernah und zuverlässig macht wie die Verbandsgemeinde, dann sehe ich da kein Problem", sagt Pinn. Sie sieht in der Reform eine Chance, die Kosten, konkret die VG-Umlage, zu senken.Wird es wirklich günstiger?


Doch genau das Gegenteil könnte den Verbandsgemeinden zufolge der Fall sein. Einem Schreiben der Verbandsgemeinde Arzfeld zufolge könnte die Umlage gar steigen, wenn die Gebühreneinnahmen des Bauamts wegfallen.
"Das Ganze macht keinen Sinn", sagt Aloysius Söhngen, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Prüm. Um die Ortsgemeinden in bauplanerischen Fragen beraten zu können, müsse man ohnehin Personal mit Fachverstand haben. Wenn das Verfahren anschließend beim Kreis weitergeführt werde, binde das genauso viel Arbeitskapazität. Eine Doppelstruktur gebe es zudem gar nicht, da die kleineren Baugesuche komplett von der Verbandsgemeinde abgearbeitet werden - ohne Beteiligung der Kreisverwaltung. Eine Kostenersparnis kann Söhngen nicht erkennen.Außenstellen geplant


Zumal er davon ausgeht, dass die Sachbearbeiter wegen mangelnder Ortskenntnis weite Wege zurücklegen müssen, und das Land als Reaktion auf die Proteste nun plant, Außenstellen einzurichten, bei denen Bürger und Architekten zu bestimmten Terminen doch noch vor Ort beraten werden.
"Wir haben wegen besserer Ortskenntnis kürzere Bearbeitungszeiten, eine enge Vernetzung zu den Agierenden und kurze Wege zu den VG-Werken", sagt Matthias Pauly, Bürgermeister der VG Gerolstein.
Auch für die Architektin Dorothea Klinkhammer aus Lissendorf (VG Obere Kyll) sind die kurzen Wege ein Vorteil. Es sei hilfreich, dass die VG-Mitarbeiter den Bauplatz, um den es geht, oft schon kennen. Sie rechnet allerdings auch nicht mit großen Nachteilen, wenn sie künftig nach Daun fahren müsste.
Pauly will die Bürgernähe nicht aufgeben und schlägt den umgekehrten Weg vor: Die Verbandsgemeinden sollten aus seiner Sicht auch Baugenehmigungen für größere Projekte erteilen dürfen. Dies ist derzeit den Kreisen vorbehalten.
Wie hoch die Ersparnis wäre, kann das rheinland-pfälzische Finanzamt nicht beziffern, da die Kreise das Einsparpotenzial sehr unterschiedlich einschätzen. Genauere Infos gibt das Finanzministerium dazu nicht.
Dennoch scheint die Landesregierung an ihren Plänen festzuhalten. Die neue Landesbauordnung soll bis Mitte 2014 in Kraft treten.

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