CDU verhindert SPD-Beigeordneten in der Töpferstadt Streit zum Start des neuen Stadtrates in Speicher

Speicher · Eklat im Stadtrat Speicher: Nach der Beigeordnetenwahl verlässt die SPD-Fraktion die Sitzung. Die CDU-Fraktion hatte den sozialdemokratischen Kandidaten durchfallen lassen.

Streit zum Start des neuen Stadtrates in Speicher
Foto: TV/Schramm, Johannes

Der Stadtrat Speicher hat sich am Montag zum ersten Mal zusammgengefunden. Reibungslos verlief der Start in die neue Legislaturperiode aber nicht. Denn bereits vor Ende der ersten, konstituierenden Sitzung gab es gewaltigen Zoff wegen der Wahl des dritten Beigeordneten. Während Karin Plein (CDU) und Harald Thiel (FDP) von jeweils 18 von 19 Mitgliedern des Rates durchgewunken wurden, ist SPD-Kandidat Christian Maassen durchgefallen. Denn die CDU-Fraktion  verwehrte ihm bei zwei Wahlgängen ihre zehn Stimmen. Eine einzige Stimme hätte genügt, Maassen zum dritten Beigeordneten zu machen. Doch kein Christdemokrat war am Montag bereit, sein Kreuzchen für ihn zu machen. Die SPD verließ deshalb die Sitzung.

Das sagen die Sozialdemokraten: „Wir haben die Welt nicht mehr verstanden“, sagt der Speicherer SPD-Chef Oswald Krumeich. „Wir waren wenig erfreut bis entsetzt“, gibt ihm Fraktionssprecherin Katja Zunker Recht. Schließlich hätten die Sozialdemokraten die Kandidaten von CDU und FDP bei der Beigeordnetenwahl anstandslos unterstützt. „Wir haben Frau Plein und Herrn Thiel mitgetragen, um ein Zeichen für eine gute Zusammenarbeit zu setzen“, erklärt Zunker: „Doch wie die nach dieser Wahl aussehen soll, weiß ich nicht.“

Streit zum Start des neuen Stadtrates in Speicher
Foto: TV/Schramm, Johannes

Das sieht Christian Maassen genauso. Die Wahlschlappe verbucht der Angestellte als persönliche Niederlage. Schlimmer sei es aber, dass die CDU versuche, die Demokratie auszuhebeln. Er sei bei einer Mitgliederversammlung der SPD gewählt worden und nun wollten die Christdemokraten einen anderen Kandidaten erzwingen.

Warum die CDU ihm die nötige Mehrheit verweigert hat, könne er sich nicht erklären. Sein Manko sei wohl, vermutet Maassen, dass er kein gebürtiger Speicherer sei und nicht lange kommunalpolitisch aktiv. Womöglich sei er auch im Rechnungsprüfungsausschuss oder als Elternvertreter der Kindertagesstätte jemandem auf die Füße getreten. Erinnern könne er sich daran allerdings nicht.

Auch Krumeich und Zunker fällt kein guter Grund ein, Maassen die Stimme zu versagen. Ihr Kandidat sei „ein guter Demokrat“, ein „sachorientierter Kommunalpolitiker“ und zudem „ein junger Mann, in Zeiten, in denen politisches Engagement oft nur jenseits des Rentenalters gelebt wird.“

Fraktionssprecheirn Zunker glaubt daher, dass es der CDU „um taktische Überlegungen ging, und nicht um den Gemeinsinn“: „Offenbar sollte hier von führenden Personen eine Machtdemonstration vollführt werden, um zu zeigen, wer der Herr im Haus ist.“

Das sagt der Bürgermeister: Bürgermeister Erhard Hirschberg ist mit diesem Vorwurf nicht gemeint. Der hätte kein Problem damit, sagt er, wenn Maassen ihn vertreten würde. Der Stadtchef hatte sogar versucht, seine Fraktion zu überzeugen, den Sozialdemokraten zu wählen. „Ich wollte der SPD eine Hand reichen, damit wir weiterhin friedlich zusammenarbeiten können“, sagt Hirschberg. Doch wochenlange Gespräche blieben erfolglos. Es ärgere ihn, dass seine Fraktion ihn so habe auflaufen lassen.

SPD-Chef Krumeich bestätigt, er könne dem Bürgermeister keine Vorwürfe machen. Der habe sich dafür eingesetzt, dass Maassen Beigeordneter wird. Es habe letztlich an der „CDU-Truppe“ gelegen, „die nicht hinter ihrem Bürgermeister steht“.

Das sagen die Christdemokraten: Von einem Vertrauensverlust zwischen Verwaltungschef und Partei könne keine Rede sein, findet hingegen Karin Plein: „Das Verhältnis zu Herrn Hirschberg ist nach wie vor hervorragend.“ Warum die Fraktion den Bürgermeister verärgern musste, erklärt die Speicherer CDU-Chefin so: „Für uns war Maassen nicht wählbar.“

Zum einen sei der Mann in Speicher weitestgehend unbekannt. Er sei in keinem Verein aktiv und beim Wähler unbeliebt. Trotz einem Start von Listenplatz drei habe er es schließlich nicht in den Stadtrat geschafft, „weil der Bürger ihn dort nicht wollte“. Ihn zum Vertreter des Bürgermeisters zu ernennen, hätte daher nicht dem Willen der Speicherer entsprochen. „Persönliche Fehden“ mit Maassen gebe es keine. Trotzdem habe jedes Fraktionsmitglied sich gegen den Mann gestellt – und das nicht aus Fraktionszwang, sondern aus freien Stücken.

Wie es weitergeht: Die Stelle des dritten Bürgermeistervertreters in Speicher bleibt nach dem Debakel erstmal vakant. Nachdem die SPD den Saal verlassen hatte, haben CDU und FDP niemanden nominiert.

„Wir wollen der SPD ihren Beigeordneten nicht vorenthalten“, sagt Plein. Nur könne man eben nicht für Maassen stimmen. Ihr würden viele geeignetere Anwärter bei den Sozialdemokraten einfallen, sagt sie: Raimund Biewer etwa, oder „praktisch jedes andere erfahrene Ratsmitglied“. „Wir müssen uns da in den nächsten Tagen an einen Tisch setzen und eine Lösung finden“, sagt Plein.

Doch auf dieses Personalkarussel will sich die SPD-Spitze nicht setzen. „Wir lassen uns nicht von der CDU vorschreiben, wen wir aufstellen“, sagt Oswald Krumeich.

Fraktionssprecherin Katja Zunker gibt ihm Recht: „Wir werden keinen anderen Kandidaten als Maassen vorschlagen.“ Nötig wäre das ohnehin nicht. Denn verpflichtend braucht Speicher keinen dritten Beigeordneten.

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