Streitthema Fusion mit Bitburg-Land: Zweiter Anlauf nach Eklat

Kyllburg · Die Fusion mit der Verbandsgemeinde Bitburg-Land ist in der Verbandsgemeinde Kyllburg umstritten. Zuletzt war es nicht möglich, über einen Gesetzentwurf zu beraten, weil SPD, FDP, Grüne und Teile der FWG aus Protest den Ratssaal verlassen haben. Heute tagt der Kyllburger Verbandsgemeinderat erneut zum Thema.

Kyllburg. Ein zweites Mal wird der Verbandsgemeinderat Kyllburg heute Abend versuchen, eine gemeinsame Stellungnahme zum Entwurf des Fusionsgesetzes der Verbandsgemeinden Kyllburg und Bitburg-Land beschließen. Ende Juni sollte der VG-Rat schon einmal darüber beraten. Doch eine Koalition von SPD, FDP, Grünen und Teilen der FWG verließ beim Aufruf des Tagesordnungspunktes den Sitzungssaal (der TV berichtete).

Der Eklat: Bürgermeister Rainer Wirtz setze vom Rat verabschiedete Beschlüsse zum Thema Kommunalreform nicht um, lautete der Vorwurf, der die Ratsmitglieder zum Boykott brachte. Während die Fraktionsmitglieder der Freien Wählergemeinschaft (FWG, sechs Sitze), SPD (fünf Sitze), Grünen und FDP (jeweils zwei Sitze) von Anfang an eine freiwillige Ehe der beiden Verbandsgemeinden befürwortet haben, stemmte sich die CDU-Fraktion zunächst lange gegen die Fusion. Der Streit entzündete sich abermals an der Sonderumlage (siehe Extra). Die vorformulierte Stellungnahme sorgte für großen Unmut, weil im Gesetzentwurf die 2,5-prozentige Sonderumlage nicht mehr zwingend vorgegeben ist, sondern nur noch davon gesprochen wird, dass es einem zukünftigen VG-Rat obliegt, die Umlage einzuführen. Als dies im Entwurf der Stellungnahme auch noch begrüßt wurde, kochte manchem Ratsmitglied die Galle hoch.
Mitunter wurde dem VG-Chef sogar ein eigenmächtiges Vorgehen unterstellt, wogegen sich Wirtz entschieden wehrte. Geschlossen verließen SPD, Grüne, FDP und Teile der FWG den Saal. Es wurde damit gedroht, weitere Termine solange zu boykottieren, bis Wirtz schriftlich seine "Bereitschaft zur uneingeschränkten und vorbehaltlosen Umsetzung des VG-Ratsbeschlusses zum Fusionsvertrag" erklärt habe. Dem Bürgermeister wurde vorgeworfen, dass er nichts unversucht lasse, die Fusion zu sabotieren.

Das Entgegenkommen: Bis Freitag stand nicht fest, ob die rebellischen Fraktionen sich diesmal an der Beratung zu diesem Thema beteiligen. Sie haben ein schriftliches Bekenntnis von Wirtz zur Fusion gefordert - das lag aber bis Freitag noch nicht vor. Wirtz hat auf Anfrage des TV angekündigt, die Situation befrieden zu wollen. "Mein Schreiben ist formuliert. Es wird noch am Wochenende rausgehen", versichert er. Er erkläre darin die Bereitschaft, den VG-Rat in seinen Entscheidungen zu unterstützen. Er betont aber auch, dies schon immer gemacht zu haben. "Das stelle ich in dem Schreiben auch deutlich klar. Es gab schon Workshops, es gab viele Vorbereitungen. Ich habe den Rat immer unterstützt." Er hofft nun auf eine demokratische Diskussion: "Die hätte ich mir ja schon für die letzte Sitzung gewünscht."Meinung

Kindergartenzoff
Ganz abgesehen davon, ob die Vorwürfe gegen den Kyllburger Verbandsgemeindechef Rainer Wirtz berechtigt oder haltlos sind, mit ihrem Verhalten haben die Ratsmitglieder von SPD, FDP, Grüne und FWG nicht gerade politische Reife bewiesen. Eine Abstimmung zur Stellungnahme platzen zu lassen, indem der Raum verlassen wird, ist ebensowenig anständig, wie die vorgeworfenen Anschuldigungen gegen den Kyllburger Verbandsgemeinde-Bürgermeister. Grundlegend für demokratische Prozesse sind konstruktive Diskussionen. Sie wurde mit dem Boykott verhindert, obwohl das Abstimmungsergebnis dank der klaren Mehrheit der Kritiker ausgemachte Sache gewesen wäre. Es bleibt zu hoffen, dass die offensichtliche Ohrfeige ein impulsgesteuerter Einzelfall bleibt und in den Sitzungen des VG-Rats keine Sandkastenkultur Einzug erhält. f.auffenberg@volksfreund.deExtra

Eine um 2,5 Prozent höhere Umlage sollen die 21 Kyllburger Gemeinden zehn Jahre lang an die neue Verbandsgemeinde Bitburger Land zahlen. So steht es im Vertrag über die Fusion zwischen den Verbandsgemeinden Bitburg-Land und Kyllburg. Grund für die Sonderumlage waren die im Vertrag zugrunde gelegten Finanzdaten: Die Pro-Kopf-Verschuldung ist in der VG Kyllburg demnach drei Mal so hoch wie in der VG Bitburg-Land. Ob diese Berechnung allerdings stimmt, daran hat der Kyllburger Stadtrat erhebliche Zweifel. Denn im Fusionsvertrag zugrunde gelegt wurden Zahlen aus den Haushaltsplänen 2012. Geschätzte Zahlen also, da die beiden Verbandsgemeinden bis dato noch keine Abschlüsse für die Jahre 2009 bis 2011 vorlegen konnten. Mittlerweile ist der Jahresabschluss 2009 für die VG Kyllburg erstellt. Anders als im Haushaltsplan prognostiziert, schließt dieser nicht mit einem Minus, sondern einem Überschuss von rund 230 000 Euro ab. Der Kyllburger Stadtrat befürchtet, dass sich der Fehler aus 2009 in den Haushaltsplänen der Folgejahre fortgesetzt hat, da diese immer auf Basis der Vorjahrespläne erstellt werden. Kurzum: Das im Fusionsvertrag ermittelte Defizit könnte deutlich geringer ausfallen und die Sonderumlage damit nicht gerechtfertigt sein. Deshalb hat der Rat im Juni entschieden, gegen den Fusionsvertrag zu klagen. neb

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