Tomaten ziehen und Wäsche waschen: Alibi Eifelservice hilft Erwerbssuchenden seit 30 Jahren (Fotostrecke)

Bitburg · Bei der Arbeitsloseninitiative Bitburg (Alibi) herrscht reges Treiben: In der Wäscherei wird gebügelt und gemangelt, im Lager staubsaugt ein junger Mann einen kleinen Teppich und im Eingangsbereich verrückt Petra Herweg-Zahnen mit Mitarbeitern Tische, Sessel und Sofas.

 Fachanleiterin Petra Herweg-Zahnen rückt mit Ingrid Mordmüller Möbel.

Fachanleiterin Petra Herweg-Zahnen rückt mit Ingrid Mordmüller Möbel.

Foto: Andrea Weber

"Ich nenne das immer Tetris spielen, was wir hier machen", sagt die Fachanleiterin für das Second Hand Kaufhaus und lacht. Es sei eine Herausforderung, die Möbel schön aufzustellen, da sie oft nicht zusammenpassten. Im Moment sei es besonders schwierig, weil es so leer sei.

Woran das liegt? Alibi wird 30 - ab 17 Uhr wird am Donnerstag bei einer After-Work-Party gefeiert. Im August gibt es 30 Prozent Jubiläums-Rabatt, "deshalb wurde viel verkauft", erklärt Winfried Reis. Die meisten kennen den Alibi Eifelservice wegen des Kaufhauses, sagt der Geschäftsführer. Aber die Organisation biete viel mehr. Formulare ausfüllen, Bewerbertraining, Gemüseanbau oder Möbeltransport und eben Verkauf: Durch vielfältige Projekte und Hilfsangebote versucht der Eifelservice Menschen, wieder in Arbeitsverhältnisse zu führen.

Christine Köhnen sitzt mit fünf Männern und Frauen im Computerraum. Sie betreut rund 60 Menschen im Jahr, die gerade erst arbeitslos geworden sind. "Langzeitarbeitslosigkeit vermeiden" heißt das Projekt. Mit Bewerbertraining und Stellenrecherche unterstützt sie die Teilnehmer acht Wochen lang bei der Arbeitssuche. 25 hätten im vergangenen Jahr etwas gefunden, sagt Reis.
Im Raum nebenan warten Frauen und Männer auf eine Beratung. Drei Mitarbeiter helfen an 16 Stunden in der Woche beim Formulare ausfüllen und Anträgestellen - wenn nötig, übersetzt eine Dolmetscherin.

Das Projekt "Perspektive Beschäftigung: ,Ich machs - Raus aus der Isolation" ist für Menschen, die schon jahrelang arbeitslos sind. Sie arbeiten ein Jahr lang freiwillig im Garten an der Schleifmühle und im Gewächshaus bei der Alten Kaserne mit. "Mir geht es darum, den Leuten beizubringen, wie man eine Pflanze vom Samen bis zur Ernte zieht", sagt Fachanleiter Johannes Schon. Tomaten, Paprika, Auberginen, Bohnen, Zuchini: Die Ernte kann sich sehen lassen. Besucher dürfen sich bedienen. Schon zieht aber nicht nur chemiefreie Pflanzen mit den Teilnehmern - Blattläuse bekämpfen sie mit selbstgemachtem Knoblauch-Sud. Sie züchten auch Bienen und haben ein Insektenhotel gebaut.

So sollen die Menschen soziale Kontakte pflegen und Struktur erhalten, sagt Reis. "Da ist es schon ein Erfolg, wenn einer wieder einen anständigen Haarschnitt bekommt, sich wäscht oder zum Zahnarzt geht." Von 70 Teilnehmern in zweieinhalb Jahren hätten zehn bis 15 noch mal eine Arbeit aufgenommen. Manchmal sei aber auch die Rente oder der Weg in die Suchtklinik ein Erfolg. "Wir prüfen, ob die Menschen beschäftigungsfähig sind", erklärt Reis.

Die meisten Menschen sind über "Arbeitsgelegenheiten", früher Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, bei Alibi tätig - wie Ulrike Geib. Die Buchhändlerin kam vor zwei Jahren in die Eifel. Ohne Auto habe sie keinen Job gefunden, erzählt sie. Seit Januar arbeitet sie 30 Stunden pro Woche bei Alibi. "Ich würde gerne bleiben", sagt sie. Innerhalb von fünf Jahren dürfe sie höchstens drei Jahre an einer AGH teilnehmen, erklärt Reis. Geib mag besonders den Umgang mit den Kunden. Und die Kollegen seien super. Das findet auch Ingrid Mordmüller. "Es ist so familiär hier", sagt die 59-Jährige aus Philippsheim - sie koche manchmal in der Mittagspause für alle, verrät Reis. Die Kollegen und Vorgesetzten seien freundlich und: "es macht Spaß, überhaupt was zu arbeiten." Einen Euro bekommen Geib und Mordmüller pro Stunde, im Schnitt 130 Euro im Monat. Flüchtlinge, die auf ihre Anerkennung warten, arbeiten über die sogenannte Flüchtlingsintegrationsmaßnahme mit. Sie bekommen 80 Cent pro Stunde. Bei Alibi geht es aber weniger ums Geldverdienen. Auch die soziale Integration sei wichtig, sagt Reis. Vor der Arbeit werde gemeinsam Kaffee getrunken, mittags manchmal zusammen gegessen. "Mittwochs fahren wir zur Tafel", sagt der Geschäftsführer. Er findet es faszinierend, was die Menschen leisten, trotz mancher Defizite, die sie mitbrächten. "Es ist ganz toll, zu sehen, dass Erfolge möglich sind, wo andere die Leute schon abgeschrieben haben."

ARBEITSLOSENINITIATIVE BITBURG - ALIBI
Alibi dient nach eigenen Angaben der beruflichen und sozialen Integration von erwerbssuchenden Menschen aus dem Kreis Bitburg-Prüm. Die Initiative wurde 1987 als Verein gegründet und 2001 in eine gemeinnützige GmbH umgewandelt. Alibi beschäftigt 23 hauptberufliche Mitarbeiter und macht im Schnitt 300.000 Euro Umsatz im Jahr. Gewinn hat sie in den letzten 20 Jahren rund 30.000 Euro erzielt.

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