Turbulenzen durch Fusion und Finanzmarkt Angebot für Lehman-Papiere

Mehr Ausnahme denn Regel: Auf das turbulenteste Jahr ihrer Geschichte mit Fusionsdebatte und Finanzmarktkrise blickt die Kreissparkasse (KSK) Vulkaneifel (ehemals Daun) zurück: Während das Kreditgeschäft 2008 um 2,5 Prozent zurückging, wurde die Bilanzsumme dennoch um 2,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesteigert: auf 814 Millionen Euro. Der Gewinn liegt bei rund einer Million Euro. Neue Wendung: Die KSK Vulkaneifel hat nach eigener Auskunft ein Angebot, ihre Anleihen bei der pleite gegangenen US Bank Lehman Brothers mit Verlust zu verkaufen. Die KSK wird die (nach TV-Informationen 2,5 Millionen Euro umfassenden) Papiere aber behalten und setzt darauf, dass diese schon bald in Aktien einer neuen Lehman-Bank umgewandelt werden.

 Blicken auf ein turbulentes Jahr 2008: die beiden Vorstände der nach wie vor eigenständigen Kreissparkasse Vulkaneifel, Helmut Sicken (links) und Dieter Grau. TV-Foto: Mario Hübner

Blicken auf ein turbulentes Jahr 2008: die beiden Vorstände der nach wie vor eigenständigen Kreissparkasse Vulkaneifel, Helmut Sicken (links) und Dieter Grau. TV-Foto: Mario Hübner

Daun. Mit den Worten "So ein Jahr brauche ich nicht noch einmal", drückte Dieter Grau, Vorstandschef der KSK Vulkaneifel, beim Smalltalk nach der Bilanz-Pressekonferenz treffend aus, wie sehr 2008 ihm, seinen Mitarbeitern und dem Finanzinstitut zugesetzt hatte.

Zwei Stichworte hatten die vergangenen zwölf Monate geprägt: Fusion und Finanzmarktkrise. Grau sagte: "In den ersten acht Monaten wurden wir durch die Fusionsdebatte beherrscht, direkt im Anschluss schlug die Finanzmarktkrise zu."

Grau ließ keinen Zweifel daran, was dem Geldinstitut mehr geschadet hat: die von der CDU in den beiden Eifelkreisen initiierte und doch gescheiterte Fusion mit der KSK Bitburg-Prüm.

Er sagte: "Bis Ende August ist unser Kreditgeschäft, unser Brot-und-Butter-Geschäft, um fünf Prozent zurückgegangen. Die Kunden haben uns in dieser Zeit gemieden. Und das ist allein auf die Fusionsdebatte zurückzuführen."

Als diese beendet und das Vorhaben vom Tisch gewesen sei, "platzte der Knoten gewaltig, und wir konnten uns vor Kreditanfragen kaum mehr retten". So sei in den letzten vier Monaten das Minus im Kreditgeschäft von fünf auf 2,5 Prozent reduziert worden.

Im Gegenzug sorgte die Finanzmarktkrise einerseits für Verwerfungen, andererseits spielte sie den heimischen Geldinstituten in die Karten.

Immer mehr kamen in den Schoß der heimischen Kreditinstitute zurück. In Zahlen ausgedrückt: Die Einlagen der Kunden stiegen auf das Rekordniveau von 591 Millionen Euro. Allein die Termingelder nahmen in kürzester Zeit um fast 64 Millionen Euro zu. Grau: "Wir saßen plötzlich auf einem Berg von Geld, für das wir selbst Anlageformen finden mussten. Doch das war gar nicht so einfach, da es viele Akteure nicht mehr gab oder sie nicht mehr infrage kamen."

IKB, Hypo Real Estate sowie einige Landesbanken & Co lassen grüßen.

"Immer auch ein Risko"



Das Problem: Da die Bank selbst Zinsen von rund 2,5 Prozent an die Kunden zahlt, müssen ihre Anlageformen besser verzinst sein, "denn davon leben wir", so Grau.

Und weil es für (sichere) Bundeswertpapiere nur drei Prozent Zinsen gibt, für die (weniger sicheren) Dax-Werte wie eine Daimler-Anleihe aber 7,5 Prozent, "steckt in solchen Geschäften immer auch ein Risiko", sagte Grau. Grundsätzlich investiere die Bank (siehe Lehman-Artikel) aber "fein filetiert und mit breiter Risikostreuung bundesweit und in Europa - bevorzugt bei Banken, aber auch bei großen Unternehmen und in Staatsanleihen".

Für 2009 ist Grau "fest davon überzeugt, dass es ab der zweiten Jahreshälfte Licht am Ende des Tunnels gibt". Denn sowohl die Unternehmen als auch die Staaten hätte viel rascher als in früheren Zeiten auf die Rezession reagiert; "daher wird sie auch nicht so lange dauern", übte sich Grau in Zweckoptimismus.

Mit mehr Optimismus sieht er dem Ansinnen der CDU im Kreistag entgegen, den Gewinn der KSK dafür zu verwenden, Löcher im Kreisetat zu stopfen (der TV berichtete). Daun. (mh) Auch am Rande der Bilanzpressekonferenz 2008 sagte Dauns KSK-Vorstandschef Dieter Grau nichts zum Wert der Lehman-Anleihen, die die KSK 2001 gezeichnet hatte und an deren Geld sie seit der Insolvenz der US-Bank nicht herankommt. Nach TV-Informationen handelt es sich um 2,5 Millionen Euro, was Grau aber erneut weder bestätigte noch dementierte.

Auf TV-Nachfrage gab er aber eine aktuelle Wendung in der Sache Lehman bekannt: "Wir haben ein neues Phänomen: Uns liegt ein Angebot vor, unsere Lehman-Anleihen zu kaufen - für 27 Prozent des Ursprungswerts." Nach TV-Rechnung wäre das ein Erlös von 650 000 Euro und ein Verlust von 1,85 Millionen Euro. Das wolle die Bank aber nicht tun. Vielmehr setzen Grau & Co darauf, mit den Papieren sogar noch Gewinn zu machen - wenn auch erst in ein paar Jahren. Grau sagte: "Aus Lehman wird nach dem Insolvenz-Verfahren wieder eine Bank entstehen, und da wir einige US-Unternehmen kennen, die nach der Insolvenz wieder sehr erfolgreich wurden, bleiben wir investiert." Schließlich würden nach der Insolvenz "unsere Anleihen in Aktien umgewandelt", so Grau. Und da "unser Engagement so gering ist, haben wir gut aushalten".

Meinung

Gewinner in schwerer Zeit

Die Kreissparkasse Vulkaneifel und ihr Chef Dieter Grau gehen gestärkt aus dem turbulenten Jahr 2008 hervor. Das war nicht abzusehen. Das Geldinstitut ist dank des Widerstands der Bevölkerung aus dem Landkreis Vulkaneifel weiterhin eigenständig und hat trotz allen Trubels und einer sie lähmenden Diskussion weiter zugelegt. Gar nicht auszudenken, wo die Bank stünde, wenn die CDU ihr das Fusionsdebakel erspart hätte. Auch Dieter Grau hat im vergangenen Jahr deutlich an Statur gewonnen. Weiterhin der fleißige und solide Arbeiter für das Institut, hat er sich erstmals auch mutig und zuweilen außerordentlich deutlich für einen Banker nach vorne gewagt und - wenn es sein musste - Tacheles geredet. Das hätte ihn leicht den Kopf, sprich Job, kosten können. Solche Männer braucht das Land. m.huebner@volksfreund.de

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