Umstellen auf Bioprodukte - Landwirte können sich beim Infotag in Sellerich umfassend informieren

Wascheid/Heckhuscheid/Sellerich. · Der Bioland-Landesverband bietet in der übernächsten Woche einen Informationstag in Sellerich. Thema: Die Umstellung auf ökologische Produktion. Die wird nämlich angesichts fallender Preise für konventionell erzeugte Milch und andere Produkte immer attraktiver.

Umstellen auf Bioprodukte - Landwirte können sich beim Infotag in Sellerich umfassend informieren
Foto: Fritz-Peter Linden

"Vor 20 Jahren waren wir noch die Öko-Spinner", sagt Regino Esch, Biolandwirt aus Wascheid. "Das hat sich geändert. Und macht Spaß."
Bauern, die noch Spaß haben? Wo doch alles in der Krise versinkt? Doch, tatsächlich. Und es hat Gründe, dass man die Biobauern so selten klagen hört: "Wir spüren einen großen gesellschaftlichen Rückhalt", sagt der 44-Jährige. Und anders als viele der ohnehin schon geplagten, konventionell arbeitenden Landwirte "müssen wir unser tägliches Tun nicht so verteidigen. Da kommt dann auch eine größere Zufriedenheit her - und man kommt mit finanziellen Durststrecken besser zurecht."
Gemeinsam mit seiner Frau Sibylle und mit Wiebke Medau betreibt der 44-Jährige in Wascheid den Hof Steinrausch - und er ist Landesvorsitzender von Bioland, einem der großen Öko-Anbauverbände neben Naturland, Demeter und anderen.

Und da wird es für manchen anderen Bauern interessant: Denn die Verbände werben derzeit um Landwirte, die sich ihnen an- und ihre Produktion umstellen wollen. Die Nische dürfe ruhig noch größer werden, sagt Regino Esch, "wir sind offen für mehr Betriebe". Zumal der Verbraucher intensiv nachfrage - "und auch, weil es Wirtschaftskraft in der Region hält. Jedes Schiff mit zugekaufter Soja aus Übersee stärkt nicht unsere Wirtschaftskraft, und es sorgt auch nicht dafür, gutes Grünland in der Eifel zu erhalten."
Bioland bietet deshalb am Dienstag, 24. November, einen ganzen "Umstellertag", an dem sich alle, die darüber nachdenken, umfassend informieren lassen können. Denn der Öko-Markt wächst - und die Nachfrage, sagt Esch, könne in Deutschland bei weitem nicht befriedigt werden. Stattdessen werde aus Ländern wie Österreich und Dänemark zugekauft.
Und dann ist da noch ein Argument für die ehemaligen Spinner: Biomilch liegt derzeit stabil bei einem Preis von 47 bis 49 Cent ab Hof fürs Kilogramm, während das konventionelle Produkt deutlich unter 30 Cent bringt.

Gute Erfahrungen

Also - umstellen? Ist das der Weg? Marco Berweiler aus Heckhuscheid hat das mit seiner Frau Tina und seinen Eltern vor fünf Jahren auf gemeinsamen Beschluss hin getan, als die Preiskrise von 2009 gerade vorbei war. War es eine gute Entscheidung? "Im Rückblick betrachtet auf jeden Fall", sagt der 39-Jährige. Nein, auch für ihn, ergänzt er, "wachsen die Bäume nicht in den Himmel. Man ist nicht frei von Sorgen. Aber man macht sich weniger." Und das auch vor dem Hintergrund der aktuellen, schweren Krise in der konventionellen Bauernschaft, der Protestaktionen und immer schrilleren Töne, die dabei angeschlagen werden (der TV berichtete).
Berweiler halbierte seinen Milchkuh-Bestand damals auf 35 Stück und reduzierte seine Flächen. Außerdem hat die Familie noch 80 Schafe, baut Futter und Getreide an.
Die Umstellung (siehe Extra) sei nicht so gravierend gewesen, sagt Berweiler, weil man am Stall keine baulichen Veränderungen habe vornehmen müssen und Weideland direkt am Hof habe. Noch ein Vorteil: Er kommt öfter vor die Tür. "Bei 70 Kühen im Stall ist man nicht so viel draußen."
Zum Umstellertag fährt der Verband ein großes Programm auf - und will, sagt Regino Esch, nicht "auf heile Welt machen". Es gehe konkret zur Sache, man werde genau über den Biomarkt informieren. Mit dabei ist Umwelt-Staatssekretär Thomas Griese, hinzu kommen Vertreter von Molkereien und Milcherzeugergemeinschaften.

Besuch beim Biohof

Landwirte erfahren alles über die Möglichkeiten einer langfristig vertraglich gesicherten Abnahme ihrer Milch, über Förderprogramme und die Bedingungen einer Umstellung auf Bio. Anschließend können die Teilnehmer den Biolandbetrieb von Manfred Lenz im Dorf besichtigen. Der Umstellertag beginnt um 10 Uhr im Gemeindehaus. Die Teilnahme ist kostenlos.
Informationen erhalten interessierte Landwirte bei Katharina Kaiser (Bioland) unter Telefon 06131/2397941, außerdem per E-Mail an katharina.kaiser@bioland.de

Extra Vorgaben
Wer auf Bio umstellt und sich an die EU-Vorgaben und die teils noch strengeren Regeln der einzelnen Verbände halten will, muss einiges ändern: Grundgedanke ist eine stärkere Kreislaufwirtschaft, mit eigenproduziertem Futter, ohne Chemiedünger oder Pflanzenschutz. Die Erträge pro Fläche und Tier sind geringer, der Einsatz von Medikamenten strenger reguliert. Tiere haben mehr Platz in den Ställen und müssen raus auf die Weiden. Das alles wird kontrolliert - auch ohne Ankündigung. Die Umstellung wird staatlich gefördert.
Ministerin Ulrike Höfken hat aktuell allen Landwirten, die eine Umstellung erwägen, eine zusätzliche Möglichkeit dazu eingeräumt: Noch bis 30. November kann der Antrag gestellt werden von allen, die im kommenden Jahr die Förderung erhalten wollen. fpl
Meinung

Eins fällt auf, wenn man mit Biobauern spricht: Der Ton. Es fehlen der Alarmismus, die Erregung, die Sorge, es fehlen auch die Nickeligkeiten und Gemeinheiten untereinander, mit denen sich manche andere Landwirte auch noch gegenseitig das Leben schwer machen. Anstatt, verdammt, zusammenzuhalten.
Nein, auch Biobauern sind nicht auf Rosen gebettet. Aber ihre Lässigkeit hat Gründe: Der Markt wächst, der Preis stimmt - Argumente, die auch jene verstehen müssten, die bisher auf die Spinner herabgesehen haben. f.linden@volksfreund.de

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