Gesundheit & Genuss Warum wir fasten – oder nicht verzichten wollen

Meinung | Bitburg/Daun · Am Aschermittwoch beginnt ganz offiziell die Fastenzeit. Wir haben in unserer Redaktion gefragt, wer fastet – und wer genug vom Verzichten hat.

Unsere Erfahrung beim Fasten von Alkohol, Süßigkeiten, Fleisch
Foto: dpa

In einer Überfluss-Gesellschaft klingt freiwilliger Verzicht vernünftig, vielleicht sogar befreiend. Fasten ist Teil aller Kulturen und Religionen, nicht nur, weil der Mensch immer Hungersnöten und mageren Jahren ausgesetzt war.

Schon bei Naturvölkern gab es Fasten-Rituale zur Heilung von Körper und Geist. Bei den alten Ägyptern wurde vor der Priesterweihe gefastet, in der Antike sollte so der Geist geklärt werden. Im Christentum geht es um Buße und Besinnung in Vorbereitung auf das Osterfest. Auch in Hinduismus und Buddhismus, dem Judentum oder dem Islam gilt Fasten als Weg zu Läuterung und Reinigung.

Und heute? Wer fastet und was ist die Motivation dazu? Wir haben uns in der Redaktion diese Frage gestellt. Die sehr persönlichen Antworten lesen Sie hier:

Dagmar Dettmer – Sekt und Wein, ich lass‘ es sein:

Leute treffen, zusammen essen, das Leben oder einen Geburtstag feiern, die Woche ausklingen lassen oder den gelungenen Start begießen – was immer passt: ein Sekt oder ein Wein  und schon wird alles gleich ein bisschen festlicher, gemütlicher, entspannter oder aufregender. Oder man selbst einfach nur benebelt. Ist es  noch Genuss oder einfach nur Gewohnheit, gar Sucht?! Wie leicht oder schwer fällt es mir, eine Weile zu verzichten? Das will ich rausfinden. Und auch, wie das Leben samt der vielen Situationen, in denen sich sonst zugeprostet wird, völlig nüchtern betrachtet so ist. Ein Experiment, Ausgang ungewiss. Halte ich überhaupt bis Ostern durch? Ein bisschen mulmig ist mir schon. Dann sage ich mir: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Und warum nicht genau jetzt, wo so viele sich der Herausforderung stellen, auf irgendwas zu verzichten. Und wer weiß, vielleicht merke ich schon bald: Weniger ist mehr.

Christian Thome – Verzichtet hab‘ ich lange genug:

Ich esse gerne Fleisch. Ich trinke auch gerne Alkohol. Ab und an rauche ich auch mal gerne eine. Vielleicht (wobei, zumindest bei Bier und Kippe sehr wahrscheinlich) wäre es gesünder, 40 Tage auf all das zu verzichten. Aber gerade will ich das einfach nicht. Gerade will ich das tun, worauf ich Lust habe. Ich will jetzt nicht sagen, dass ich während der Pandemie weniger Fleisch, Fluppen oder Flaschen zu mir genommen habe – oh Gott, in dieser Zeitung wäre noch nie mehr gelogen worden. Aber: Auch wenn ich nicht vorhabe, mich täglich mit Fleisch vollzustopfen, die Lunge wegzuquarzen oder zu betrinken – ich würde gerade einfach gerne das tun, was ich will. Und das bedeutet: Wenn ich unterwegs bin, nicht denken: „Jetzt aber nur Cola Zero, ist ja Fastenzeit“, oder im Restaurant deswegen auf das saftige Rumpsteak verzichten. Fasten bedeutet Verzicht. Und davon hatte ich in den vergangenen zwei Jahren genug.

Lydia Vasiliou – Auf den Spuren meiner Kindertage:

In der Gemeinschaft ist man stärker. Deshalb habe ich mich entscheiden die TV-Herausforderung anzunehmen und gelobe: Bis Ostersonntag werde ich auf jegliche Süßigkeiten verzichten. Das erinnert mich an meine Kindheit, in der mein Bruder und ich in der Fastenzeit hauptsächlich von meiner Mutter angehalten wurden, sämtliche Bonbons oder Schokolade in ein dafür bereit gestelltes Behältnis zu geben. Komisch, dass meins immer voller war, als das meines Bruders, obwohl wir mit solchen Errungenschaften eigentlich immer gleich gestellt wurden. An Karsamstag, nach der Ostermette und nachdem die Glocken wieder aus Rom zurück waren, durften wir uns dann an den gesammelten Naschereien erlaben. Das will ich noch mal durchziehen und hoffe dabei auch, zwei, drei Kilo abzunehmen. Süßigkeiten in jeglicher Form – sei es Kuchen, Schokolade, Bonbons oder süße Getränke – sind für mich ab heute tabu.

Stephan Sartoris – Sucht in Sicht: Et jet (weer) jerannt:

Es sind teilweise echt putzige Vorschläge, die für die Fastenzeit 2.0 gemacht werden. Das reicht vom Smartphone-Fastenplan (gern auch auf Null, wenn der Chef mitspielt) über Fastenzeit ohne Shopping (schaff ich locker) oder ohne Soziale Medien (die leichteste Übung für mich!), plastikfrei leben (herausfordernd!), medienfreie Fastenzeit (nö!), Suchtmittel-Fasten (Alkoholisches verabreiche ich mir ohnehin in homöopathischen Dosen, dem Nikotin habe ich vor 20 Jahren abgeschworen, das muss erst mal reichen). Am liebsten wäre mir Corona-Fasten: darauf verzichten, mir das Virus einzufangen (hab ich bislang hingekriegt), und endlich auf Einschränkungen verzichten (dürfen). Her mit dem Freiheitstag! Nochmal kurz überlegt: Ich denke, ich lege mir ein Suchtmittel zu statt auf eins zu verzichten. Also (wieder) rein in die Laufschuhe! Wird zwar etwas dauern, bis auf die Plackerei Glückshormone folgen, aber egal: Et jet jerannt!

Frank Auffenberg – Sieben Wochen ohne Fleisch:

Die Zeit der Mettbrötchen ist vorbei — zumindest für 40 Tage. Ich konsumiere Fleisch bereits recht bewusst, achte in der Regel darauf, dass die Haltungsform stimmt, widerstehe der Versuchung abgepackten Aufschnitt zu kaufen und beiße, wenn es geht, nur in einst glückliche Tierchen, die im Idealfall auch noch in der nahen Region groß geworden sind. Damit ist nun aber erst mal Schluss. Warum? Einfach um den Fleischkonsum nach der Fastenzeit dann vielleicht noch bewusster zu genießen. Die Entwöhnung mache ich mir allerdings nicht leicht: Ich habe mir auch vorgenommen, nicht nur auf echtes Fleisch zu verzichten, sondern auch auf Fleischersatzprodukte: Vegane Cevapcici sind ebenso als Substitut tabu, wie Leberwurst aus Erbsen. Der Fleischverzicht soll sich ja wirklich wie Verzicht anfühlen: Ich freue mich schon auf die gigantische Käseauswahl der Großregion.

Mario Hübner – Bald mal wieder, aber nicht jetzt:

Fasten – also der zeitlich begrenzte Verzicht auf Alkohol, Schoki, das Auto. Gute Sache! Entlastet den Körper (und/oder die Umwelt), stärkt den Willen! Danach fühlt man sich in vielerlei Hinsicht erleichtert. Also los: auf zum Seelenfrieden und zur Strandfigur! Aber ohne mich. Nicht, dass ich Beides bereits besäße oder nicht anstrebte – wer tut das nicht? Mir ist nur die Freiheit, das zu tun, was ich möchte und brauche, aktuell wichtiger. Also ein Bier mit dem Nachbarn zu trinken. In die Eisdiele oder ins Café gehen. Einen Kurzurlaub machen und entspannen. Zwei Jahre unter Corona haben so viele Einschränkungen und Verzicht mit sich gebracht, dass ich mir nicht noch eine freiwillige Fessel anlegen möchte. Vielmehr haben sie mich gelehrt, dass man Wünsche nicht auf die lange Bank schieben sollte. Dennoch gut möglich, dass es mir bald wieder mal danach ist, auf Alkohol, Auto und Alpenmilchschokolade zu verzichten. Nur eben jetzt nicht!

Veronika Königer – Apfelschnitz statt Schokokeks:

Während ich diese Zeilen schreibe, habe ich Kekskrümel an den Fingern – sorry, liebe Kollegen, ich mache auch brav wieder sauber. Und bringe neue Kekse mit, um den Redaktionsvorrat aufzufüllen. Obwohl ich mich an dem in den nächsten Wochen nicht bedienen werde. Denn ich will in der Fastenzeit auf Süßigkeiten verzichten. Sollte eigentlich gar nicht so schwer sein, ich habe mit 18, 19 und 20 überhaupt nichts Süßes gegessen. Aber dann kam die Pandemie, und die habe ich anfangs ohne Schokolade einfach nicht ertragen. Die Lust auf Süßes blieb leider über den März 2020 hinaus, genauso wie Corona. Das Virus habe ich nun nicht so wirklich unter Kontrolle, meine Essgewohnheiten aber (hoffentlich) schon. Und deswegen esse ich ab heute vierzig Tage lang nichts Süßes. Vielleicht bringe ich deswegen auch eher Äpfel statt Ersatzkekse in die Redaktion mit – Gelegenheiten machen Fastenbrecher.

Sybille Schönhofen – Die letzte Zigarette ist Vergangenheit:

Mit Aschermittwoch ist das wie mit Silvester: Es ist ein Datum, das von außen die Aufforderung über mich stülpt, meine Gewohnheiten zu verändern. Der Wunsch nach Veränderung muss aber aus mir selbst kommen und einen guten Grund haben. Und das passiert nicht zu einem im (Kirchen-) Kalender festgelegten Datum. Mein Zeitpunkt, um mit dem Rauchen aufzuhören, kam im vergangenen Sommer. Der Verzicht gibt mir etwas: Freiheit! Ich bin frei vom schlechten Gewissen wegen meiner Gesundheit und ich bin frei von Gedanken wie ich die Sucht befriedigen kann, wenn die Regeln die Zigarette verbieten – im Büro, im Flugzeug, im Krankenhaus, bei Freunden… Nebenbei bin ich von dem Gestank befreit, muss seltener zur Zahnreinigung und spare viel Geld. Für mich steht fest, dass ich weiter verzichte und nach Palmsonntag nicht wieder anfange. Und das hat auch etwas damit zu tun, dass ich nicht faste um des Fastens willen.

Und Sie, liebe Leser? Wenn Sie mit uns Ihre Fasten-Motivation und Ihre Erfahrungen teilen wollen, schreiben Sie an eifel@volksfreund.de (Name und Wohnort nicht vergessen)

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