Unter eidgenössischer Flagge

Der zweitgrößte Türenhersteller Deutschlands, die Prüm-Garant-Gruppe (Weinsheim und Ichtershausen), wechselt erneut den Besitzer: Die Schweizer Looser Holding hat die Mehrheit der Anteile übernommen. Auch Betriebsrat und Mitarbeiter befürworten den Verkauf.

 „Das Beste, was uns passieren konnte“: Türenwerk-Geschäftsführer Detlev Schröder (links) und der Betriebsratsvorsitzende Manfred Lenz freuen sich über den Verkauf in die Schweiz. TV-Foto: Fritz-Peter Linden

„Das Beste, was uns passieren konnte“: Türenwerk-Geschäftsführer Detlev Schröder (links) und der Betriebsratsvorsitzende Manfred Lenz freuen sich über den Verkauf in die Schweiz. TV-Foto: Fritz-Peter Linden

Weinsheim. Kaufen, halten, ausbauen: Das sind die erklärten Ziele der Schweizer Looser Holding bei der Übernahme der Werke in Weinsheim und Ichtershausen.Die Mitarbeiter wurden am Freitag über das Ergebnis der Verhandlungen informiert — und nahmen die Nachricht "sehr positiv" auf, wie der Betriebsratsvorsitzende Manfred Lenz im TV-Gespräch bestätigt. Die Hoffnung auf ein langfristiges Engagement der Schweizer — ohne "Heuschrecken-Verhalten" — begründet Lenz vor allem damit, dass man weder an einen Mitbewerber aus der Branche noch an einen weiteren Finanzinvestor verschachert worden sei. Lenz: "Da zahlen dann die Mitarbeiter den Kredit selber mit dem Plus, das sie erwirtschaften." Der nächste Investor müsse dann noch mehr zahlen - "und so kann es passieren, dass ein Unternehmen darüber kaputt geht".Diese Befürchtung habe man dank des neuen Mehrheitseigners nicht: "Das ist hier anders", sagt Lenz. "Diese Leute haben eigenes Kapital — und das Ziel, mindestens 15 Jahre dabeizu bleiben." Bester April der Firmengeschichte

Richtig froh über den Verkauf ist selbstverständlich auch Detlev Schröder, einer der beiden geschäftsführenden Anteilseigner (neben Markus Reitz). "Das ist eine klasse Geschichte", sagt Schröder. "Etwas Besseres konnte uns eigentlich nicht passieren." Lenz und Schröder betonen indessen gemeinsam, wie zufrieden man auch mit der Halder-Gruppe gewesen sei. "Ohne diesen Investor", sagt Schröder, "wären wir nie zu dieser Marktbedeutung gekommen." "Und wir sind immer korrekt behandelt worden", sagt Lenz.Man habe exklusiv mit den Schweizern verhandelt, berichtet Detlev Schröder. Auch um zu verhindern, dass ein Investor zum Zuge komme, der die Firma nur ausschlachten wolle. Tatsächlich sei ein Verkauf zwar erst für das Jahr 2009 vorgesehen gewesen. "Aber jetzt hatten wir diese Chance — und die mussten wir umsetzen."Das Türenwerk steht unterdessen gesünder da als je zuvor: "Im vergangenen Monat", berichtet Lenz, "hatten wir einen Umsatz von sieben Millionen Euro. Das gab's noch nie in unserer Geschichte."Nachdem in der jüngeren Vergangenheit 20 Mitarbeiter die Firma verlassen und die übrigen Kollegen noch vor zwei Jahren bei Lohnverhandlungen Verzicht geübt hätten, seien inzwischen bereits wieder 40 Leute eingestellt worden — sowie 20 Leih-Arbeiter, weil derzeit nicht anders an Fachkräfte zu kommen sei.Angesichts dieser Situation freut sich Manfred Lenz nun auf den 23. Mai. Dann beginnen die neuen Tarifverhandlungen der IG Metall mit dem Arbeitgeberverband. "Bei so guten Zahlen", sagt er, "dürfte da ja für uns noch was drin sein." Meinung Gesundes Selbstvertrauen Leitung und Belegschaft von Prüm Türenwerk haben im Lauf der Jahrzehnte einige Wellentäler durchschritten, dabei jedoch nie ihr gesundes und begründetes Selbstbewusstsein verloren. Weil neben dem Auftreten auch die harten Zahlen stimmen, standen die Flirtchancen mit potenten Partnern gut. Die neue Verbindung schafft die Voraussetzung dafür, den Standort Prüm dauerhaft zu sichern und zu stärken. Auch vor dem Hintergrund der anziehenden Konjunktur kommt die Nachricht genau zum richtigen Zeitpunkt. Gekauft, geplündert und abgestoßen: Dieser international mittlerweile übliche Dreiklang des Schreckens bei Übernahmen scheint den Weinsheimern erspart zu bleiben. Hoffentlich bleibt der stolz präsentierte Bräutigam aus der Schweiz auch nach der Hochzeit den eigenen Prinzipien treu und setzt auf nachhaltige Entwicklung des Türenwerks. Einen Wegfall dieses wichtigen Arbeitgebers könnte das Prümer Land wirtschaftlich kaum verkraften. m.hormes@volksfreund.deHintergrund Das Prüm Türenwerk, ursprünglich eine Abteilung der Streif AG, wurde 1970 unter dem Namen "Bauelemente Prüm" gegründet und lieferte zunächst Türen und Zargen ausschließlich für die Weinsheimer Fertigbauer. Beide Unternehmen waren im Besitz der Essener Hochtief AG. Das Türenwerk weitete seine Kundschaft in den Folgejahren immer weiter aus. Im Jahr 2000 verkaufte Hochtief die Streif AG, behielt aber das Türenwerk. 2004 erfolgte die Übernahme durch die Geschäftsleitung ("Management Buy-Out"), im Wesentlichen finanziert durch die Halder-Gruppe mit Sitz in Frankfurt. Im Jahr darauf führte Halder das Türenwerk mit der thüringischen "Garant Türen und Zargen GmbH" zu einer Holding zusammen. Umsatz mit insgesamt rund 750 Mitarbeitern: Rund 113 Millionen Euro. Im Jahr 2007 wird die Prüm-Garant-Gruppe von der Schweizer Looser Holding (Jahresumsaatz: rund 250 Millionen Euro) übernommen. (fpl)

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