Unter falschem Fähnchen

Jünkerath · Es muss nicht immer Nürburgring sein oder der Zwist um Michael Billen: Der rheinland-pfälzische Wahlkampf hat auch auf lokaler Ebene Aufregendes zu bieten. So mokieren sich an der Oberen Kyll derzeit viele über eine CDU-Broschüre, in der das Logo der Verbandsgemeinde (VG) verwendet wird.

 Angeeckt: Die Verwendung des Verwaltungslogos in der CDU-Broschüre passt vielen nicht. TV-Foto: Fritz-Peter Linden

Angeeckt: Die Verwendung des Verwaltungslogos in der CDU-Broschüre passt vielen nicht. TV-Foto: Fritz-Peter Linden

"Schon verwunderlich" findet das Bürgermeisterin Diane Schmitz: Die CDU Obere Kyll veröffentlicht eine vierseitige Wahlkampfbroschüre üblichen Inhalts (wir machen alles richtig, die anderen alles falsch), verwendet darauf das Logo der VG-Verwaltung und ruft damit den Eindruck hervor, die VG stehe hinter Partei und Werbeblatt.

Das ist zwar nicht direkt ein Schwerverbrechen, allerdings auch nicht erlaubt. Für die parteilose, im Wahlkampf von der CDU unterstützte Bürgermeisterin steht deshalb fest: Das VG-Zeichen habe "nichts darauf zu suchen." Sie habe die Partei inzwischen bereits darauf hingewiesen, dass das nicht mehr vorkommen solle.

Deutlicher wird Ewald Hansen, der Fraktionsvorsitzende der SPD im Verbandsgemeinderat: "Das ist natürlich eine Sauerei. Das ist ein amtliches Logo, das kann man nicht für den Wahlkampf verwenden." Ganz abgesehen davon, dass sich die CDU in der gleichen Broschüre die Einrichtung einer Ganztagsschule (GTS) in Jünkerath auf die Fahne schreibe, nachdem sie genau diese Schule jahrelang bekämpft habe.

Zurück zum Logo: "Ich hätte es seitens der FWG ganz klar nicht verwendet", sagt deren Vorsitzender an der Oberen Kyll, Lothar Schun. Das Zeichen habe offiziellen Charakter. Die Nutzung in einer Parteibroschüre sei "keine glückliche Lösung".

Der Ärger um die Broschüre ist leichter zu verstehen, wenn man zwei Jahre zurückblickt: Als damals im Wahlkampf um das Bürgermeisteramt SPD, FWG und Bündnis 90/Die Grünen für ihren gemeinsamen Kandidaten Martin Schöddert warben, untersagte ihnen die Verwaltung, damals noch unter Werner Arenz (CDU), die Verwendung des VG-Wappens, das 2010 durch das Logo ersetzt wurde.

Dass jetzt die CDU genau damit für sich wirbt, kommt deshalb bei vielen überhaupt nicht gut an. Diane Schmitz verweist auf etliche kritische Reaktionen, die bereits bei ihr eingegangen seien.

Lothar Schun glaubt allerdings, dass es Wichtigeres geben mag als eine Broschüre mit anmaßendem Beigeschmack: "Der Bürger sagt vielleicht: Wofür regt ihr euch auf, habt ihr nichts anderes zu tun?" Und Martin Schulz, Ratsmitglied der Grünen, nimmt das Ganze locker: Es sei ja bei der CDU üblich, siehe GTS, "sich mit fremden Federn zu schmücken", sagt er. Dennoch: "Ich rieche da keine Intrige. Was soll man machen, das sind halt Politiker."

Ein Anruf beim CDU-Gemeindeverband führt zunächst zu nichts: Verantwortlich für die Broschüre, sagt der Vorsitzende Willi Heinzius aus Scheid, sei Parteikollege Peter Pick gewesen. Der aber verweist zurück auf den Vorsitzenden und verspricht: "Wir melden uns bei Ihnen."

Am gestrigen Dienstag ruft Heinzius dann noch einmal an - und gibt eine kategorische Antwort: "Wir sind die CDU Obere Kyll. Da können wir doch das Logo benutzen", sagt er. Das zeige doch nur, "dass wir uns zur Verbandsgemeinde bekennen".

Es sei wie mit Schwarz-Rot-Gold: "Das ist die Fahne der Bundesrepublik Deutschland. Die darf man auch benutzen." Eine Verfehlung sehe er jedenfalls keine in der nicht genehmigten Verwendung des VG-Logos. "Ob alle damit einverstanden sind, bezweifle ich natürlich stark."

Meinung

Kleine Frechheiten

Das wirklich Freche an der kritisierten CDU-Broschüre ist natürlich nicht der kleine Etikettenschwindel mit dem VG-Logo. Sondern dass die Partei darin suggeriert, die Ganztagsschule sei sozusagen ihre Erfindung. Dabei haben gerade die Christdemokraten die Einrichtung jahrelang blockiert. Den Rest sollten wir nicht zu hoch hängen: Die CDU hat sich da eine kleine Nickeligkeit erlaubt. Unverfroren tut sie in ihrer Broschüre so, als habe sie die Verwaltung im Rücken, als stehe sie sozusagen für die VG. Und liest man das darin abgedruckte Interview mit Kandidatin Julia Klöckner, könnte man glauben, sie sei praktisch zwischen Birgel und Hallschlag groß geworden, die Gute. Nur ein völlig unbedarfter Leser wird das für bare Münze nehmen. Fp.linden@volksfreund.de

Extra Der Begriff Logo stammt ab vom griechischen logos (Wort, Rede, Vernunft). Ursprünglich stand es eigentlich nur für Schriftzüge, längst aber umfassen viele Logos auch grafische Elemente. In der Niederschrift der VG-Ratssitzung vom 1. Juli 2010, veröffentlicht im Amtsblatt, steht eindeutig, was es mit dem Logo der Verwaltung auf sich hat: Nämlich dass es ab sofort "in allen Briefen, Bescheiden, Formularen, Glückwunschschreiben et cetera sowie auf der Internetseite der Verbandsgemeinde Obere Kyll" verwendet werde. Dabei handle es sich "um ein sogenanntes ,CI' (Corporate Identity) für die Verbandsgemeindeverwaltung". Corporate Identity - darunter versteht man das Erscheinungsbild eines Unternehmens oder einer Einrichtung. Das heißt: Das Logo steht ausschließlich für die VG-Verwaltung. (fpl)

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