Unterwegs auf der Vier-Sterne-Route

Speicher/Jünkerath · Seit wenigen Wochen zählt der Kylltal-Radweg offiziell zu den besten Radwanderwegen Deutschlands, der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) hat ihn mit vier von fünf Sternen ausgezeichnet. Doch hält er auch, was diese Wertung verspricht? Der TV hat die Etappe zwischen Jünkerath und Speicher getestet.

 Forsch voran: Dank seiner guten Bahnanbindung ist der Kylltalradweg bei vielen Tourenradlern sehr beliebt – wie bei dieser Gruppe aus Bonn. TV-Foto: Christian Brunker

Forsch voran: Dank seiner guten Bahnanbindung ist der Kylltalradweg bei vielen Tourenradlern sehr beliebt – wie bei dieser Gruppe aus Bonn. TV-Foto: Christian Brunker

Der beste Radweg in Rheinland-Pfalz startet am Kronenburger See und führt die Kyll entlang bis nach Trier-Ehrang. Der ADFC hat die 118 Kilometer des Kylltalradwegs mit vier von fünf möglichen Sternen bewertet - kein anderer Radweg in Rheinland-Pfalz hat mehr (der TV berichtete).
In ganz Deutschland gibt es nur 13 so hoch bewertete Strecken. Doch hält der Weg, was die Auszeichnung verspricht? Der Trierische Volksfreund macht den Test im Abschnitt zwischen Jünkerath und Speicher.
Wo startet man die Reise? Da gibt es viele Möglichkeiten, allerdings bieten sich vor allem die zahlreichen Bahnhöfe als Ausgangspunkt an. Zum einen gibt es dort in der Regel ausreichende und kostenlose Parkplätze, zum anderen hat man anschließend nach der Rückfahrt im Zug keinen weiten Weg mehr zum Auto zurückzulegen.
Tipp: Die Eifel Tourismus GmbH bietet die Streckendaten als GPS-Download an.
Was gibt es unterwegs zu sehen? Viel Natur, viele schmucke Dörfer: Immer wieder bieten sich dem Radler neue Ansichten eines typischen Eifel-Flusstales. Dazwischen führt die Strecke immer wieder durch schmucke kleine Dörfer. Aber auch Kulturangebote verlocken zu einer Pause, sei es die historische Wassermühle in Birgel oder die Bertradaburg in Mürlenbach. Als Zwischenstopp bietet sich ein Halt in Gerolstein an.
Wie ist das kulinarische Angebot entlang der Strecke? Stellenweise gut, stellenweise ausbaufähig. Geht es durch die Orte, findet sich schnell ein Hinweisschild auf die nächste Gastwirtschaft, die meistens nahe am Weg liegt (ob sie allerdings gerade geöffnet hat, ist Glücksache).
Noch zu verbessern ist das schnelle Angebot zwischendurch - der klassische Tankstellenstopp - um Getränke, ein belegtes Brötchen oder einen Schokoriegel zu bekommen. Denn das ist fast nicht vorhanden.
Wie ist die Wegequalität? Abwechslungsreich. Zwischen Jünkerath und Lissendorf sind einige Passagen nicht asphaltiert und führen über fein geschotterte, bei Trockenheit aber gut zu befahrende Wege. Eher für Mountainbikes taugt der Abschnitt zwischen Philippsheim und Speicher, der einem Waldweg gleichkommt. Dort werden die Radfahrer sogar per Warnschild aufgefordert, wegen der schlechten Wegstrecke abzusteigen. Gerade dieser Bereich führt aber in unmittelbarer Nähe an der Kyll entlang und zählt zu den schönsten Passagen des gesamten Wegs. Jenseits dieser Stellen ist der Kylltalradweg durchgehend gut asphaltiert.
Wie funktioniert die Rückfahrt? Problemlos. Die Regionalbahn, die an jedem Bahnhof hält, fährt in der Regel einmal pro Stunde. Längere Wartezeiten sind daher die Ausnahme. Dazu gibt es den Regionalexpress, der schneller unterwegs ist, dafür aber nicht überall hält. Daher sollte man sich unbedingt vorher informieren.
Was ist noch zu verbessern? Nach wie vor eine Problemstelle ist der Abschnitt zwischen Kyllburg und Erdorf. Der Radweg verlässt an dieser Stelle das Kylltal und führt über den Berg nach Wilsecker. Der Anstieg überwindet auf einer Länge von drei Kilometern 110 Höhenmeter - für Familien nicht geeignet. Diese sollten stattdessen ab Kyllburg den Zug nutzen und bis zur nächsten Station weiterfahren, müssen dafür aber Wartezeiten und die Kosten für die Fahrkarten in Kauf nehmen.
Ebenfalls bei Touren mit der Familie zu bedenken: Die Eifel ist nicht Holland, und der Kylltal-Radweg verläuft nicht auf einer ehemaligen Bahntrasse. Daher sind immer wieder kurze steile Passagen zu bewältigen. Diese dauern zwar fast nie länger als bis zur nächsten Kuppe, stellen für untrainierte Fahrer aber eine Herausforderung dar. Außerdem ist der Radweg nicht durchgängig, immer wieder führen Abschnitte über schwach befahrene öffentliche Straßen - besonders in den Orten.
Was sagen die Gäste? "Der Radweg und die Eifel sind einfach wunderschön", sagt eine 80-jährige Touristin. Der Radweg sei sehr gut ausgeschildert und habe einen guten Belag. Sie ist mit zwei Freundinnen am Morgen mit dem Zug in Bonn gestartet und bis Jünkerath gefahren. Von dort geht es bis nach Trier. Sie sei diese Tour schon drei Mal gefahren. "Und sie ist immer wieder toll."
Fazit: Der Kylltalradweg profitiert von seiner guten Verkehrsanbindung. Selten ist der nächste Bahnhof weit entfernt, daher kann die Streckenlänge nahezu beliebig auf das eigene Können angepasst werden.
Und es ist eine Fahrt in eine Richtung möglich, ohne auf halber Strecke kehrt machen zu müssen. Das bietet kein anderer Radweg in der Eifel. Dafür müssen bei der Streckenbeschaffenheit und bei der Wegequalität Abstriche in Kauf genommen werden. Die Radwege auf den ehemaligen Bahntrassen bieten angenehmere Profile und kommen nahezu ohne fordernde Anstiege aus.
Wer sich allerdings für ein E-Bike entscheidet - und das machen immer mehr Menschen -, den kann sogar der Anstieg nach Wilsecker nicht schrecken.
Radeln am Fluss - Der TV stellt in einer kleinen Serie die Fluss-Radwege in der Westeifel vor.
Extra

Seit Ende Mai dieses Jahres hat der Landesbetrieb Mobilität (LBM) Gerolstein acht Zählgeräte an verschiedenen Radwegen installiert, um belastbare Zahlen über die Nutzung der Wege zu bekommen. Deshalb liegen noch keine präzisen Jahreszahlen vor, aber erste Größenordnungen gibt es bereits. So waren auf dem Kylltalradweg bei Jünkerath seit Mai rund 30 000 Radler unterwegs. Zum Vergleich: Auf dem Maare-Mosel-Radweg waren es 70 000, auf dem Prümtalradweg bei Pronsfeld 60 000 und auf dem Nimstalradweg in Höhe Wolsfeld 30 000. ch

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