Unverschuldeter Unfall: Wer zahlt den Feuerwehreinsatz?

Muss ein Autobesitzer für einen Feuerwehreinsatz bei einem Unfall bezahlen, auch wenn er daran keine Schuld hat? Diese Frage hat nun das Verwaltungsgericht Trier beschäftigt, nachdem sich eine Halterin gegen einen Gebührenbescheid der Verbandsgemeinde Arzfeld gewehrt hat.

Arzfeld/Trier. Ein zehn Jahre altes Mädchen fährt in Arzfeld auf dem Gehweg parallel zur Bundesstraße 410. In Höhe des Rewe-Markts entscheidet sie sich, auf die andere Straßenseite zu fahren - ohne anzuhalten und ohne auf den Verkehr zu achten. Ein Autofahrer, der in Richtung Irrhausen unterwegs ist, kann nicht mehr rechtzeitig ausweichen und stößt mit dem Kind zusammen. Das Mädchen wird schwer verletzt mit dem Rettungshubschrauber ins Krankenhaus geflogen. Dieses Geschehen liegt fast drei Jahre zurück, doch die juristischen Folgen sind noch nicht ganz abgeschlossen. Denn wegen des Unfalls rücken zwei Feuerwehrwagen mit zusammen sechs Mann aus, der Einsatz dauert eine gute Stunde. Die Kosten hierfür stellt die Verbandsgemeinde (VG) Arzfeld der Halterin des Autos, die nicht am Steuer saß, in Rechnung und verschickt einen Gebührenbescheid über 336 Euro.

Grundlage hierfür sind eine Satzung der Verbandsgemeinde und das Brand- und Katastrophenschutzrecht. Es sieht vor, dass die für einen Feuerwehreinsatz entstandenen Kosten in Rechnung gestellt werden können. In erster Linie wird dazu der Verursacher eines Einsatzes herangezogen - in diesem Fall das zehn Jahre alte Kind -, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt hat. Ist das nicht der Fall, ist in zweiter Linie der Halter des Fahrzeugs haftbar zu machen. Grundlage hierfür ist die sogenannte "Gefährdungshaftung" (siehe Extra). Auf dieser Grundlage hat die Verbandsgemeinde Arzfeld den Gebührenbescheid an die Fahrzeughalterin verschickt. Man habe keine Belege dafür gehabt, dass das Mädchen den Unfall grob fahrlässig verursacht habe, sagt Susanne Roß vom Ordnungsamt der VG.

Doch die Halterin wehrt sich gegen den Gebührenbescheid und legt Widerspruch ein. Nachdem der Kreisrechtsausschuss ihn zurückgewiesen hat, landet der Fall vor dem Verwaltungsgericht Trier. Dort betont ihr Anwalt Ralf Mathey, das Landgericht Trier habe festgestellt, dass den Autofahrer keinerlei Schuld am Unfall treffe und er ihn nicht hätte verhindern können. Das Mädchen habe den Unfall sehr wohl grob fahrlässig verursacht.

Das sieht der Vorsitzende Richter am Verwaltungsgericht, Uwe Goergen, ähnlich. Schon zehnjährige Kinder wüssten, dass man, bevor man eine stark befahrene Straße überquere, nach links und rechts schauen müsse. Von daher gebe es durchaus Anhaltspunkte, ob nicht doch eine grobe Fahrlässigkeit vorliege. Dann müsste das Kind beziehungsweise dessen Eltern für den Feuerwehreinsatz aufkommen.

Außerdem, so sagt Richter Goer gen, hätte die VG den Fall selbst prüfen und bewerten müssen, bevor sie den Gebührenbescheid verschickte. Dies sei aber offenbar nicht erfolgt. Wobei es durchaus möglich sei, dass man nach der eigenen Prüfung zum selben Ergebnis komme, also dass der Halter haftbar zu machen sei. Daher regt der Richter einen Vergleich an: Falls sich die VG mit der Hälfte des Betrags, also 168 Euro, zufriedengebe, könne so eine einvernehmliche Lösung gefunden werden. Darauf verständigen sich schließlich beide Parteien, können diese Zustimmung aber bis zum 5. April noch widerrufen.

EXTRA GEFäHRDUNGSHAFTUNG



Nach dem Straßenverkehrsgesetz haftet der Halter eines Fahrzeugs für Tod, Körper-, Gesundheits- oder Sachschäden, die durch den Betrieb entstehen (§7 des Straßenverkehrsgesetzes). Dies begründet sich darauf, dass der Halter einen potenziell gefährlichen Gegenstand wie ein Auto in den öffentlichen Verkehr bringt und ist unabhängig von der Schuldfrage. ch

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