Vergewaltigungsprozess: Kein Geständnis, aber Unstimmigkeiten

Trier · Ein 50 Jahre alter Mann aus der Eifel soll die Frau, mit der er mehr als 25 Jahre verheiratet war, vergewaltigt haben. Zu den Vorwürfen schweigt der Angeklagte. Doch je weiter die Verhandlung fortschreitet, desto mehr Widersprüche tun sich auf.

Trier. Hat der Angeklagte seine damalige Ehefrau immer wieder tagelang in einer Scheune auf einem Waldstück in der Eifel eingesperrt und ihr Lebensmittel verwehrt, sodass sie gezwungen war, Wasser aus einem Kuhtrog zu trinken? Bestrafte und schlug er sie, wenn sie etwas tat, das ihm nicht passte? Und verging er sich an ihr, wann immer ihm danach war - und auf die brutale Art, die ihm gerade gefiel?
Das sind die Fragen, über die die Dritte Große Strafkammer am Landgericht Trier zu entscheiden hat - doch der Fall ist kompliziert: Ein Geständnis gibt es nicht. Das Gericht muss die Glaubwürdigkeit des mutmaßlichen Opfers prüfen, das psychisch äußerst labil ist. Am zweiten Verhandlungstag werfen dann gegensätzliche Zeugenaussagen noch mehr Fragen auf.
Die Vorwürfe: Der 50-jährige Eifeler soll seine damalige Frau an den Haaren die Treppe hoch ins Schlafzimmer gezogen, ihre Hände mit seinem Gürtel gefesselt und sie vergewaltigt haben. Ihren Angaben zufolge soll es bereits kurz nach der Hochzeit zu keinem einvernehmlichen Sex mehr gekommen sein. Heute ist die Frau nach Aussage ihrer Ärzte schwer traumatisiert. Von den Albträumen und psychischen Problemen der 49-Jährigen berichtet auch ihr jetziger Ehemann. Mit ihm ging sie im Herbst 2011 zur Polizei, nachdem sie einen Drohbrief erhalten hatte - dort kamen dann erstmals auch die Vergewaltigungsvorwürfe auf den Tisch.
Die Widersprüche: Der Ehemann bezeugt auch den Anruf einer Bekannten bei der 49-Jährigen, auf den diese panisch reagiert habe. Es sei schließlich der Auslöser gewesen, ihren damaligen Ehemann endgültig zu verlassen: Der Ex-Mann und der Bruder der Frau sollen das Gerücht in die Welt gesetzt haben, sie habe sich die Pulsadern aufgeschnitten und sei nun in der Psychiatrie - das jedenfalls habe ihr die Frau am Telefon erzählt. Doch von einem solchen Anruf weiß die Bekannte, ebenfalls als Zeugin vor Gericht, nichts. Der Bruder des mutmaßlichen Opfers sagt aus, mit der Ehe sei alles in Ordnung gewesen. Und ein weiterer Zeuge kann über die Vorwürfe nur lachen: "Der ist es doch gut gegangen bei ihm."
Die Wertungen: Dass man aufgrund von Ungereimtheiten Zweifel an der Aussage der 49-Jährigen hegen kann, räumt auch eine Kriminalpolizistin ein, einst mit dem Fall betraut. Völlig unklar sei dabei jedoch ihr Motiv. Anders die Einschätzung einer als Zeugin geladenen Richterin: "Sie hat sich nicht bemüht, ihn zu beschuldigen, und die Schilderung war ihr körperlich unangenehm." Die Frau habe sich allerdings schwer getan, Dinge zeitlich einzuordnen. "Aber ich habe ihr geglaubt." Ähnlich beurteilt das auch ein Facharzt für Psychiatrie: Immerhin sei Lügen schwieriger als die Wahrheit zu sagen - und ein komplexer Vorgang, den die 49-Jährige vermutlich gar nicht leisten könne.
Es wird noch komplizierter: Vier weitere Zeugen hat Verteidiger Felix Leo für den nächsten Verhandlungstag am Donnerstag, 28. April, beantragt. Auch die 49-Jährige selbst muss dem Gericht noch einmal Fragen beantworten. Zudem steht noch das Gutachten der Sachverständigen Claudia Greve aus. Ein Urteil wird vermutlich am Mittwoch, 18. Mai, gesprochen. eib

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