Verkorkst, versemmelt und formal verloren

SEFFERWEICH. Nachdem die Kreisverwaltung ihre Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht Leipzig zurückgezogen hat, kann der Windparkbetreiber Jörg Temme die am Standort Sefferweich vorgesehenen Photovoltaikmodule errichten. Denn das Verfahren hat die Kreisverwaltung damit verloren – wenn auch aus Sicht der Behörde nur "formal".

Für Jörg Temme, Geschäftsführer der Watt GmbH, gibt es da nicht viel schönzureden: "Dieses Verfahren hat die Kreisverwaltung vor dem höchsten Verwaltungsgericht versemmelt." Verfahren zwischen der Kreisverwaltung und Temme gibt es derzeit annähernd so viele wie Windparkstandorte im Kreis. Streitsache in fast allen Fällen ist die geplante Errichtung von bis zu 20 Meter hohen Photovoltaik- und Kleinhybridanlagen im Umfeld bereits vorhandener Windkraftanlagen (der TV berichtete). Andere Verfahren mit mehr Bedeutung

In diesem einen, "versemmelten", Verfahren geht es um den Standort Sefferweich. Bereits 2002 wurde der Antrag zur Erweiterung vom Trierer Unternehmer gestellt, der jedoch letztlich von der Kreisverwaltung Bitburg-Prüm abgelehnt wurde. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Koblenz hatte im Mai 2005 die Errichtung der Anlagen schließlich doch für zulässig erklärt, worauf die Kreisverwaltung in letzter Instanz Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVG) einlegte - eine Revision, die kurz vor der anstehenden Urteilsverkündung jedoch wieder zurückgezogen und das Urteil des OVG somit rechtskräftig wurde. "Formal könnte man sagen, wir haben das Verfahren verloren", sagt Stephan Schmitz-Wenzel von der Kreisverwaltung Bitburg-Prüm. Allerdings sei der Rückzug der Revision in Hinblick auf ein weiteres Verfahren vollzogen worden, von dem sich die Kreisbehörde einen besseren Verlauf verspricht. Seinen Optimismus stützt Schmitz-Wenzel auf eine Begründung des Bundesverwaltungsgerichts: "Im Hinblick darauf, dass inzwischen in anderen Verwaltungsstreitverfahren zu den auch im anhängigen Verfahren entscheidungserheblichen Fragen Beweis erhoben worden ist, durch den die Tatsachenfeststellungen, die dem angefochtenen Urteil zugrunde liegen, in einem anderen Licht erscheinen könnten, hält der Senat diesen Fall für nicht geeignet, eine Entscheidung zu treffen, von der präjudizielle Wirkungen ausgehen könnten." Im Klartext heißt das, dass man in den anderen laufenden Verhandlungen auf Grund neuer Beweise oder Gutachten zu andern Erkenntnissen kommen könnte und damit auch zu anderem Urteilen. Und da von diesem Fall keine "präjudiziellen Wirkungen ausgehen", ist das OVG-Urteil zum Standort Sefferweich auch nicht auf andere ähnlich gelagerte Fälle übertragbar. Für Schmitz-Wenzel wird damit "das OVG-Urteil vom Mai 2005 in Frage gestellt". Und das sei auch der Grund, warum die Kreisverwaltung die Revision zurückgezogen habe. Das sieht Temmes Rechtsanwalt, Christoph Franke, etwas weniger leidenschaftlich. "Tatsache ist doch, dass die Kreisverwaltung die erste und zweite Instanz verkorkst hat", sagt der Jurist aus Bielefeld, "und in der letzten Instanz diese Fehler nicht zurückweisen konnte". Nur aus diesem Grund sei die Revision zurückgezogen worden, sagt Franke, und auch an der Situation ändere das nichts: "Wir haben ein rechtskräftiges Urteil", fügt der Anwalt hinzu, und zudem müsse die Kreisverwaltung auch für die Verfahrenskosten aufkommen. Sein Mandant warte jetzt darauf, dass der Antrag für Sefferweich von der Kreisverwaltung nun endlich zugelassen werde. Und da dies noch nicht geschehen ist, hat Temme vor dem Verwaltungsgericht Trier bereits eine Untätigkeitsklage gegen die Kreisverwaltung eingereicht. Untätigkeit oder vielmehr Verschleierung wirft der Trierer Unternehmer der Behörde auch im Rahmen ihrer Informationspflicht vor und bezieht sich dabei auf die entsprechende Mitteilung in den Kreisnachrichten vom 13. April 2006. Dort wird das Zurückziehen der Revision unter anderem damit begründet, dass "eine endgültige Klärung der Frage der Zulässigkeit von Photovoltaikanlagen im Zusammenhang mit Groß-Windkraftanlagen nicht mehr zu erwarten war". Dass die Behörde damit das Verfahren in letzter Instanz verloren habe, werde gar nicht erwähnt, ärgert sich Temme, im Gegenteil: "Wer das liest, denkt doch eher, die Kreisverwaltung hat gewonnen."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort