VG Irrel will mit Anwalt Rechtmäßigkeit einer Zwangsfusion prüfen

Irrel · Weil das Land trotz eindeutigem Bürgerentscheid an einer Fusion der Verbandsgemeinden (VG) Irrel und Neuerburg festhält, will der VG-Rat Irrel einen Anwalt einschalten. Dieser soll zunächst in einem formellen Verfahren prüfen, inwieweit eine Zwangsfusion mit der Verfassung des Landes überhaupt vereinbar ist.

Warum am Bürgerentscheid in der Verbandsgemeinde (VG) Irrel nur 43,3 Prozent der Wahlberechtigten teilgenommen haben, weiß letztlich keiner. Irrels VG-Bürgermeister Moritz Petry (CDU), der bei seiner Wahl 2009 immerhin fast 66 Prozent der Wähler zum Urnengang motivieren konnte, sieht das Ergebnis als klares Votum.

Beim Bürgerentscheid stimmten immerhin mehr als 90 Prozent gegen eine Fusion mit der VG Neuerburg. Petry selbst bekam damals "nur" 61,4 Prozent der Stimmen und ist Verwaltungschef der VG geworden. Die Frage ist allerdings, ob er das auch bleibt. Denn in Mainz hält man trotz Bürgervotum nach wie vor an der Fusion der beiden Verbandsgemeinden fest. Und wenn es dazu nicht freiwillig kommt, dann eben auf Anordnung.

Für Petry, der diesbezüglich bereits Gespräche mit dem Gemeinde- und Städtebund geführt hat, ist nicht nachvollziehbar, warum Irrel und Neuerburg fusionieren müssen, "wenn es gleichzeitig 39 Kommunen im Land gibt, die unangetastet bleiben". Darunter seien auch 21 Kommunen, die weniger als 10.000 Einwohner hätten, fügt der Verwaltungschef hinzu. In der Sitzung des Irreler VG-Rats betont er erneut, dass einer Fusion mit Neuerburg ohnehin nicht mehr zugestimmt werden könne. Zumindest nicht im Lauf der kommenden drei Jahre. In diesem Zeitraum darf der Rat keinen Beschluss fassen, der mit dem Bürgerentscheid nicht vereinbar ist.

Die Mitglieder des VG-Rats haben deshalb eine Beschlussvorlage auf dem Tisch liegen, mit deren Hilfe darüber abgestimmt werden soll, einen Anwalt einzuschalten. Dieser soll für ein Honorar von 16.000 Euro zunächst prüfen, ob der noch vorzulegende Gesetzentwurf des Landes zur Fusion der beiden Verbandsgemeinden mit der Verfassung überhaupt vereinbar ist (siehe Extra).

Fest steht aber bereits jetzt, dass die Beschlussvorlage nicht mit den Vorstellungen der SPD-Fraktion vereinbar ist. So kritisiert Fraktionssprecher Horst Zwank, dass die VG Irrel sämtliche Optionen freiwilliger Fusionen und damit auch 1,5 Millionen Euro an Hochzeitsprämie verspielt habe, obwohl der Erhalt der Eigenständigkeit wegen der hohen Verwaltungskosten nicht finanzierbar sei. "Ich sehe absolut keine Notwendigkeit, jetzt noch einen Anwalt einzuschalten", sagt Zwank, der das Bürgervotum anders interpretiert als Petry. Schließlich würden die 90 Prozent, die gegen eine Fusion gestimmt hätten, aufgrund der geringen Wahlbeteiligung nur 39 Prozent der Bürger abdecken. Was den SPD-Fraktionschef zu dem Umkehrschluss führt, dass die übrigen 61 Prozent für eine Fusion mit der VG Neuerburg seien oder aber zumindest nichts dagegen hätten.

Angesichts dieser Rechnung stellt sich für Niko Billen, Sprecher der CDU-Fraktion, die Frage nach dem Demokratieverständnis der SPD. Egal wie hoch die Wahlbeteiligung sei: Es gebe ein klares Votum, das zu berücksichtigen sei. "Wir müssen alles tun, um die Fusion zu verhindern", sagt Billen, "und da sind mir auch die 16.000 Euro für den Anwalt egal."

Auch Albert Heck von der FWG-Fraktion unterstützt den Antrag der Verwaltung. "Wir haben bislang alles versucht, um eine Fusion zu verhindern", sagt Heck, "deshalb bin ich der Meinung, dass wir auch diesen Schritt gehen sollten." Mit den Stimmen der FWG und der CDU und bei drei Gegenstimmen der SPD stimmt der Rat schließlich für den Einsatz eines Anwalts. Im darauf folgenden nicht öffentlichen Teil der Sitzung wurde dieser Auftrag (mit drei Gegenstimmen) an eine Kanzlei vergeben.
Extra:Umfrage


Neben dem Bürgervotum der VG hat auch der Verein zur Förderung kommunaler Abgabengerechtigkeit vor wenigen Wochen die Bürger zu ihren Vorstellungen befragt. Anders als beim Bürgervotum konnten die Teilnehmer zwischen mehreren Alternativen wählen. Nach Auskunft des Vereins wurden in der VG 4500 Umfragebögen verteilt, von denen mehr als 400 ausgefüllt zurückkamen.

Auf die Frage "Welchen Verwaltungszusammenschluss wollen Sie für die VG Irrel?" wählten laut Verein 45 Prozent einen Zusammenschluss mit Bitburg-Land, wohingegen knapp 41 Prozent als erste Priorität einen Erhalt der VG Irrel wünschten. Rund zehn Prozent sprachen sich für eine Verbindung mit Luxemburg aus, drei Prozent für einen Zusammenschluss mit Trier-Land und weniger als ein Prozent für eine Fusion mit Neuerburg. uhe

Wenn der Gesetzentwurf zur Fusion vorliegt, müssen dazu auch die Verbandsgemeinden angehört werden. Laut Bürgermeister Moritz Petry soll der nun beauftragte Anwalt diesen Entwurf auf seine Verfassungskonformität hin prüfen, um dann gegebenenfalls beim Verfassungsgericht in Koblenz eine Beschwerde einzureichen.

"Die Landesregierung kann nach dem Anhörverfahren, das wahrscheinlich bis Ende August läuft, auch entscheiden, den Gesetzentwurf zurückzuziehen, wenn sie erkennen, dass er zu große Prozessrisiken und Unwegbarkeiten beinhaltet", erklärt Petry, der genau darauf hofft.

Sollte es dazu jedoch nicht kommen, müsse sich der Rat je nach Bewertung der Erfolgsaussichten mit der Frage einer Klage auseinandersetzen, erklärt Petry.

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