Viel Wind um Geheimnisverrat

BITBURG. Weil ein Mitarbeiter der Kreisverwaltung entgegen der Verschwiegenheitspflicht vertrauliche Unterlagen weitergegeben haben soll, hat der Geschäftsführer der Trierer Temme AG Strafanzeige erstattet. Die Kreisbehörde bestätigt den Informationsfluss, hält die Vorwürfe jedoch für überbewertet.

Wenn sich Amtsträger der Kreisverwaltung und Vertreter der in Trier ansässigen Temme AG treffen, dann meistens in irgendeinem Gerichtssaal. Der Landkreis Bitburg-Prüm führt derzeit in 25 Fällen Prozesse vor dem Verwaltungsgericht. Prozesse, in denen es um die Frage geht, ob die Errichtung von bis zu 20 Meter hohen Photovoltaikanlagen in Verbindung mit bereits vorhandenen Windrädern zulässig ist. "Am RWE kommt man nicht vorbei"

Die Kreisverwaltung als Entscheidungsträger sagt Nein, doch Jörg Temme, Geschäftsführer und Antragsteller, ist da anderer Meinung - und bekam diese Ansicht durch Urteile des Oberverwaltungsgerichts in Koblenz auch bestätigt. Doch zwischen all den Prozessen und Nerven zermürbenden Genehmigungsverfahren steht jetzt noch ein weiterer Vorwurf im Raum, der von der Staatsanwaltschaft Trier bereits mit dem entsprechenden Aktenzeichen versehen wurde. Wegen "Verletzung von Privatgeheimnissen" haben die Anwälte Temmes Strafanzeige gegen einen Mitarbeiter der Kreisverwaltung Bitburg-Prüm erstattet. Obwohl die Behörde nie von ihrer Verschwiegenheitspflicht entbunden worden sei, "hat die Kreisverwaltung das Ding an Mitbewerber raus gegeben", sagt der Windpark-Betreiber und meint mit dem "Ding" vertrauliche Unterlagen zu Forschungsvorhaben, der entsprechenden Anträgen bei Kreisverwaltung beigefügt worden seien. Bei diesen "privaten Geschäftsgeheimnissen" geht es vor allem um Hybridtechnik (die oben erwähnte Verbindung von Windkraft und Photovoltaik) und Stromspeichertechnologie. Weitergeleitet wurden diese Unterlagen gleich zwei Mal. Und das Pikante an der Sache ist, dass beide Empfänger für das RWE beziehungsweise mit dem RWE zusammenarbeiten. "Wir nennen es MDS, Magnetdynamische Speicher, und bei RWE heißt es Dynastore", erklärt Temme und wirft der Kreisverwaltung vor, die Unterlagen bewusst der Konkurrenz ausgehändigt zu haben. "Wenn man im Bereich der Elektrotechnik arbeitet, kommt man am RWE fast nicht vorbei", sagt Stephan Schmitz-Wenzel, zuständiger Geschäftsbereichsleiter bei der Kreisverwaltung und schließlich derjenige, der die Unterlagen weitergeleitet hat. Grund für den Datentransfer sei allerdings nicht die enge Verbundenheit des Kreishauses mit dem RWE gewesen, sondern die Begutachtung der Unterlagen durch Experten, "um fundiert belegen zu können, dass die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts vom 11. Mai 2005, in der unser nicht von Expertenmeinung gestützter Vortrag als unzureichend moniert worden war, von falschen technischen Zusammenhängen ausging", erklärt Schmitz-Wenzel. Darauf beruft sich auch das Mainzer Ministerium für Finanzen in einen Antwortschreiben an Temme, räumt allerdings auch ein, dass offenbar nicht hinreichend geprüft worden sei, "ob die Gutachter hinsichtlich des Forschungsinteresses in einem Konkurrenzverhältnis zu Ihrem Unternehmen stehen". Diese Frage hätte vor der Beauftragung der Gutachter mit Temme geklärt werden müssen, heißt es weiter. Die Kreisverwaltung sieht das jedoch anders: Die Unterlagen und damit die "Grundzüge der Technik" seien während der mündlichen Verhandlungen und in den Urteilen des Oberverwaltungsgerichts "öffentlich zugänglich gewesen und teilweise auch in Fachzeitschriften publiziert worden", sagt Schmitz-Wenzel . Er habe nichts weitergeleitet, "wodurch einem die Idee kommen könnte, es handle sich um ein großes Geheimnis".

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort