Prozess Vier Jahre Haft für Drogenhandel

Trier/Bitburg · Glimpflicher als zu erwarten endete vor dem Landgericht Trier der Prozess gegen einen 27-Jährigen Drogenhändler aus der Westeifel. Geholfen hat ihm sein rechtzeitiges Geständnis.

 ARCHIV - ILLUSTRATION - Eine modellhafte Nachbildung der Justitia steht am 15.07.2014 im Raum eines Richters des Landgerichts Duisburg (Nordrhein-Westfalen) neben einem Holzhammer und einem Aktenstapel. Im Landgericht Bochum sollen Richter nun das Urteil gegen zwei Männer sprechen, die einen Autoverkäufer umgebracht haben sollen. Die Staatsanwaltschaft hatte für sie  lebenslange Haft beantragt.   (zu dpa vom 09.01.2018) Foto: Volker Hartmann/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++

ARCHIV - ILLUSTRATION - Eine modellhafte Nachbildung der Justitia steht am 15.07.2014 im Raum eines Richters des Landgerichts Duisburg (Nordrhein-Westfalen) neben einem Holzhammer und einem Aktenstapel. Im Landgericht Bochum sollen Richter nun das Urteil gegen zwei Männer sprechen, die einen Autoverkäufer umgebracht haben sollen. Die Staatsanwaltschaft hatte für sie lebenslange Haft beantragt. (zu dpa vom 09.01.2018) Foto: Volker Hartmann/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++

Foto: dpa/Volker Hartmann

Gut gelaufen ist es im Leben des Angeklagten bisher nicht. Den Vater hat er nur für eine Stunde gesehen, Mutter alleinerziehend, Grundschule und erste Jahre der Hauptschule in Berlin, erste Drogenerfahrungen mit etwa zehn Jahren. Dann zieht die Mutter aus beruflichen Gründen in die West-
eifel, wo der Teenager den Rest der Hauptschule absolviert. „Von Berlin in die Eifel, das war wohl ein Kulturschock für ihn“, sagt die psychiatrische Sachverständige Dr. Sylvia Leupold im Verlauf der Verhandlung vor der Dritten Großen Strafkammer des Landgerichts. Nach der Schule fasst er nirgendwo richtig Fuß, bricht Lehren ab und schlägt sich manchmal in ungelernten Jobs durch.

Um seinen ständigen Cannabiskonsum zu finanzieren, verlegt er sich verstärkt auf  Drogenhandel. Im Jahr 2018 heiratet er, die Frau war damals auch in der Szene bewandert. Inzwischen läuft die Scheidung, nur am gemeinsamen kleinen Sohn (2) hängt er sehr. Er zieht bei einer Freundin ein, sein Kumpel lebt auch in der Wohngemeinschaft.  Am Abend des 24. November 2019 wird er in Bitburg von einer Polizeistreife kontrolliert.

„Ich kannte ihn schon im Zusammenhang mit Drogen“, sagt die Beamtin. Dann wird die Wohnung untersucht. „Es roch dort deutlich nach Cannabis“, sagen alle Polizeizeugen. Und die Beamten werden fündig: 110 Gramm Amphetamin, 138 Gramm  Cannabis, 20 Ecstasy-Tabletten und neben dem Bett des Angeklagten ein Karton mit einer Pistole, einem Schlagring und mehreren Messern. Dann packt auch noch der ebenfalls festgenommene Kumpel aus und plaudert, dass man jüngst ein ganzes Kilo Amphetamin verkaufsfertig in 100-Gramm-Tütchen verpackt habe. 100 Gramm seien bei ihm zum „Verkauf in Kommission“  geblieben, der Angeklagte habe 110 Gramm für sich behalten.

In der Anklageschrift von  Staatsanwalt Matthias Juchem liest sich  das in etwa so: Gewerbsmäßiger Handel mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, wobei der Angeklagte auch Waffen bereitgehalten habe (straferschwerend). Insgesamt betrage der errechnete Verkaufserlös  4750 Euro. Danach belehrt der Vorsitzende Richter Hardt den Angeklagten über die äußerst wohltuende Wirkung eines vollen Geständnisses in Bezug auf das Strafmaß. Und immerhin hat der 27-Jährige schon fünf Wochen Untersuchungshaft abgesessen. An dem Punkt setzt Verteidiger Michael Angele an und schlägt eine verfahrensverkürzende Absprache vor.

Sein Mandant wolle gestehen. Nach der Beratung zwischen Kammer, Anklage und Verteidigung erhält der Angeklagte ein Angebot: Nicht weniger als drei Jahre und neun Monate und nicht mehr als vier Jahre und drei Monate Haft für ein volles Geständnis.

Der Angeklagte gesteht. Auch das Kilo Amphetamin, das ja „stofflich“ nicht mehr in voller Menge sichergestellt werden konnte, ist inbegriffen. „2000 Euro habe ich im Ankauf dafür bezahlt“, erklärt der Angeklagte. Bei  wem er gekauft hat, sagt er nicht – muss er auch nicht. Und die Pistole sei wohl ein unbrauchbares Modell aus dem Krieg, das er bei einer Dachbodenräumung gefunden und als Dekoteil mitgenommen habe. Ebenso Deko sei der Schlagring –  „den habe ich selbst aus Blei gegossen“. Dazu ein Polizeibeamter, der in der Wohnung dabei war: „Das war wohl ein altes, rostiges Ding. Nicht mehr verwendbar.“ Zur Nullrunde wird erwartungsgemäß die Zeugenanhörung des Kumpels. Gegen den wird gesondert ermittelt, niemand muss sich vor Gericht selbst belasten  und er wird deshalb über sein Zeugnisverweigerungsrecht belehrt. Die Antwort: „Ich habe schon mit meiner Anwältin Schwiering gesprochen und sage nichts.“

Eher optimistisch fällt die Expertise der psychiatrischen Sachverständigen aus. Der Angeklagte sei nicht Amphetaminabhängig und er mache deutlich, dass er sein Leben ändern wolle. „Ich will in der Haft etwas lernen“, sagt der 27-Jährige dann. Seine Mutter und die Zwillingsschwester sitzen im Zuschauerraum.

Vier Jahre und drei Monate – das Höchstmaß im garantierten Rahmen – beantragt Staatsanwalt Juchem. Verteidiger Angele beantragt mit drei Jahren und neun Monaten das untere Minimum. Die Kammer entscheidet sich mit vier Jahren Haft für einen Mittelweg. Außerdem sollen beim  Angeklagten 500 Euro für seine Rauschgifteinnahmen eingezogen werden.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig, da wegen der verfahrensverkürzenden Absprache erst nach einer Woche Erklärungen zulässig sind.

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