Vom Adeligenstift zum Altenheim
Nicht nur Vinzentinerpatres, auch Schwestern des Heiligen Vinzenz haben in Niederprüm gelebt und gearbeitet. Von 1929 bis 1991 führten Schwestern und Bäbchen den Vinzentinern den Haushalt. Während die Herren im Kloster lebten, waren die Frauen und Mädchen im Marienhaus untergebracht.
Niederprüm. Acht Nonnen zogen 1929 mit ihrer Schwester Oberin Laurenzia ins Marienhaus ein, um sich bis 1991 um die lebenspraktischen Dinge im Kloster zu kümmern - kochen, waschen, putzen, nähen, den Haushalt besorgen. Zu tun gab es immer. Und so wie die "Herren" ihre Schüler zu frommen und gebildeten Christenmenschen erzogen, bildeten die Schwestern die Bäbchen aus. Bäbchen nannte man die Mädchen, die nach dem Besuch der Volksschule bei den Vinzentinerinnen den Haushalt lernten.
Im Kloster gab es täglich eine warme Mahlzeit
Das Gebäude gehörte von 1190 bis 1802 zum Besitz der Benediktinerinnenabtei und befand sich danach wie das Kloster bis 1929 in der Hand von Privatleuten. Eine Weberei, Spinnerei und eine Schneidemühle hat es dort Ende des 19. Jahrhunderts gegeben, bis Sylvester und Susanna Flesch das Anwesen erwarben, dort eine Gaststätte mit Saal und Kegelbahn einrichteten und die Schneidemühle wieder in Betrieb nahmen. Nachdem durch einen Kurzschluss der vordere Dachstuhl der Gaststätte abgebrannt war, kauften die Vinzentinerinnen aus Köln-Nippes das Gebäude und die ersten Schwestern bezogen das zu renovierende Marienhaus.
Dreißiger Jahre, das hieß Arbeitslosigkeit, Not und Hunger für viele Menschen in Deutschland. Dass es bei den Vinzentinern täglich eine warme Mahlzeit umsonst gab, wurde dankbar angenommen, erzählt Kurt Kleusch. Krankenschwester, Nähschwester, Schwester Ökonomin - wie bei den Patres auch waren die Aufgaben klar verteilt.
Mitte des zweiten Weltkrieges mussten die Vinzentinerinnen das Haus auf Druck der Nazis hin verkaufen. Mit Gottfried Fuchs aus Köln kam ein Scheinhandel zu Stande, die Schwestern flohen ins Mutterhaus und ins benachbarte Belgien, um sofort nach dem Krieg das wie abgesprochen an sie zurückgegebene Marienhaus wieder zu beziehen. Ein Altersheim sollte es nun werden, 35 bis 40 alte Menschen dort leben und gepflegt werden.
Doch der Aufbau kostete Zeit, Energie, Nerven und vor allem Rohstoffe, die nur schwer zu besorgen waren. Der Tauschhandel mit Briten, Franzosen und Amerikanern aber auch untereinander blühte, Naturalien waren eine sicherere Währung als Geld, berichtet Kurt Kleusch. Nach dem Krieg, erinnert sich das ehemalige Klosterbäbchen Adelheid Schon aus Neidenbach, wurden die Bäbchen zusammen mit der "Hamsterschwester" Petronella zu den umliegenden Bauernhöfen hamstern geschickt. Mit einem Handwägelchen ging es auf nach Dingdorf, Oberlauch und die anderen Nachbarorte, und immer brachten sie Kartoffeln, Brot, Äpfel, Butter, Eier und Speck mit zurück. Den Bauern dankten Schwestern und Bäbchen mit einem einfachen Spruch, erzählt Adelheid Schon: "Vielen Dank und Gottes Lohn, der Heilige Josef dankt's euch schon!"
Schwestern eröffnen Kindergarten und Nähschule
Nach dem Krieg, noch während der Bauarbeiten am zukünftigen Altersheim, eröffneten die Schwestern den ersten Kindergarten in Niederprüm und eine Nähschule im Marienhaus.
Bis 1991 betreuten sie zahlreiche alte Menschen in ihren Mauern, dann wurde das Haus erneut an einen Privatmann verkauft. Vier Schwestern blieben in Niederprüm, drei zogen in andere Ordenshäuser um. Kurt Kleusch erinnert sich: "Schwester Luitgardis wurde Chefköchin, Schwester Irmenhild versah den Pfortendienst, Schwester Albina war für die Waschküche und das Bügelzimmer zuständig und Schwester Marina besuchte alte und kranke Menschen im Dorf."