Vom Galgen sieht man die Welt anders

"SommerHeckMeck" auf der Burg Dudeldorf: Im Mittelpunkt haben die Galgenlieder von Christian Morgenstern, dargeboten von Palma Kunkel und Florian Grupp, gestanden.

Dudeldorf. (gkl) Christian Morgenstern, ein Sprachjongleur par excellence, der vieles hinterlassen hat, was uns bis heute erfreut und erheitert, was uns aber auch nachdenklich stimmen sollte. So etwa der Satz: "Der Mensch ist ein Exempel der beispiellosen Geduld der Natur." Im Rahmen von "SommerHeckMeck" gab es einen Abend mit Texten von Christian Morgenstern in der Burg Dudeldorf. Es war eine Abendveranstaltung, die sich an die großen Kinder richtete, an die Kind gebliebenen Großen. Ausführende waren Palma Kunkel, die sich selbst "die singende Tellermine" nennt, und der Instrumentalist Florian Grupp.Es geht auf Dudeldorf um die berühmten "Galgenlieder" von Morgenstern, die Grupp teilweise für Kunkel vertont hat, und die Morgenstern selbst als "ein Stück Weltanschauung" bezeichnete. "Man sieht vom Galgen die Welt anders", hat der Verfasser über die Sammlung gesagt. Überschrieben hatte Kunkel den Abend mit "LaLu". Sie lud ihr Publikum ein zu einer Wanderung durch die Titanei. Vorsichtshalber reichte Annika Krump, so heißt Kunkel mit bürgerlichem Namen, einen roten Faden durch das Publikum, damit jeder wieder herausfinden kann aus jenem Fantasieland, in das sie ihre Zuhörer entführen will. Dann sang sie in einem etwas aufreizendem Geishakostüm vom Mondschaf und vom Zwi, vom Schicksal und vom ernsten Herrn. Sie ließ eine Säge singen und beschwor mit einer Blockflöte einen Galgenstrick.Kann man überhaupt diese Morgenstern'schen Gedichte auf die Bühne bringen? Kann man die Inhalte über die Rampe transportieren, die sich eigentlich einem Leser, der mit sich und dem Buch alleine ist, erschließen sollen? Man kann, zumindest wenn man so vorsichtig wie Kunkel ist. Da bekam die Hausschnecke, die über dem Rand der Bühnendekoration - einem überdimensionalen Buch mit einem Galgen auf dem Deckel - kroch, und immer wieder fragte "Soll i aus meinem Haus raus? Soll i aus meinem Haus nit raus?" keine neue, aber eine intensivere Bedeutung. Wenn sie ihr Bein entblößt und an ihrem Knie ein Gesicht erscheint, kann man die Inhalte von "Der Zwi" leichter verstehen.LaLu war kein Abend, bei dem man sich vor Lachen biegen konnte, und kein Abend mit Klamauk. LaLu war ein Abend des hintersinnigen Humors, der auch das Nachdenken des Publikums einforderte. Der Applaus steigerte sich nur langsam, hielt aber sehr lange an.

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