Vom Untergang eines Badegewässers

Luxemburg/Bitburg/Trier · 1976 wurde sie von Luxemburg als Badegewässer ausgewiesen. 2011 hat die Sauer diesen Status endgültig verloren. Einen großen Unterschied macht es nicht: Da der Fluss immer wieder zu stark mit Fäkalbakterien belastet war, hat Luxemburg das Baden ohnehin fast jedes Jahr verboten.

 Ob mit oder ohne Luftmatratze und Schwimmreifen: Das Baden in der Sauer haben die Luxemburger Behörden endgültig untersagt. Auf deutscher Seite darf weiterhin nach Herzenslust geplanscht werden. Empfohlen wird es nicht. TV-Foto: Archiv

Ob mit oder ohne Luftmatratze und Schwimmreifen: Das Baden in der Sauer haben die Luxemburger Behörden endgültig untersagt. Auf deutscher Seite darf weiterhin nach Herzenslust geplanscht werden. Empfohlen wird es nicht. TV-Foto: Archiv

Luxemburg/Bitburg/Trier. Sommer 2009 auf der Sauer. Erst eine Flussbiegung, dann eine Stromschnelle. Der Boden schrappt über Steine, während sich das Plastikkanu gefährlich nach links neigt. Gegenpaddeln. Geschafft. Doch wenige Meter weiter wartet unweit eines Campingplatzes schon die nächste Überraschung: ein Hindernisparcours aus planschenden Kindern, wasserballwerfenden Jugendlichen und schwimmenden Erwachsenen.
Eine Überraschung fürwahr. Denn obwohl die Sauer vom Großherzogtum 1976 offiziell als Badegewässer ausgewiesen wurde, war das Baden dort nahezu durchgehend verboten: Zu hoch war die gemessene Konzentration von Fäkalbakterien und damit auch die Gefahr, dass Badende erkranken. Rare Ausnahme: das Jahr 2009. Beruhend auf Messungen des Vorjahres hatte die EU-Kommission 2009 allen 20 luxemburgischen Badeplätzen (davon neun an der Untersauer) bescheinigt, die Mindestanforderungen der Badegewässerrichtlinie zu erfüllen. Und so wagten sich viele Menschen erstmals, in dem idyllischen Flüsschen zu planschen. Ob sie es bereuen mussten, ist nicht zu erfahren.
Fest steht: Die Freude am Baden in der Sauer war von kurzer Dauer. 2010 fiel Luxemburg im jährlichen Report der EU wieder negativ auf: 45 Prozent (oder neun von 20) seiner Badegewässer hatten die Tests nicht bestanden und mussten offiziell "geschlossen" werden. Denn ironischerweise hatten die bakteriologischen Wasseruntersuchungen des Jahres 2009 ergeben, dass die Sauer wieder zu stark mit Fäkalbakterien belastet war.
"Die Badegewässerqualität war an der Sauer noch nie gut", sagt Nora Welschbillig vom luxemburgischen Wasserwirtschaftsamt. Ein wichtiger Grund dafür ist, dass das Wasser fast aller Bäche und Flüsschen des Großherzogtums früher oder später in der Sauer landet - und damit auch fast das gesamte Abwasser. Ein anderer, dass die luxemburgische Abwasserreinigung vielerorts zu wünschen übrig lässt - und das, obwohl in den vergangenen Jahren zig Millionen Euro in Kläranlagen geflossen sind. "Wir sind beim Bau von Kläranlagen sehr im Verzug", sagt Welschbillig.
So viel zur bakteriologischen Qualität der Sauer. Hinzu kommt laut Welschbillig, dass der Fluss ohnehin an den meisten Stellen zu flach zum Schwimmen ist. Daher hat das Großherzogtum dem ganzen Hick-Hack nun ein Ende gesetzt. Seit diesem Jahr ist die Sauer (und auch die Our, wo es bei Vianden einen ausgewiesenen Badeplatz gab) ganz einfach kein Badegewässer mehr. Und schon ist Schluss mit den peinlichen Statistiken, die bisher einmal jährlich EU-weit publiziert wurden: Für 2011 bescheinigen die Messungen den verbliebenen luxemburgischen Badestellen am Sauer-Stausee und den Badeseen in Weiswampach und Remerschen eine hervorragende Qualität. In den Grenzflüssen hingegen ist das Baden laut Welschbillig nun verboten. Und zwar nicht Jahr für Jahr wieder, sondern generell. Allerdings nur auf luxemburgischer Seite (siehe Extra). Auf deutscher Seite darf, wer das unbedingt will, nach Herzenslust planschen.
Ein Vergnügen, von dem Johannes Meyer von der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord allerdings abrät. "Wer in einem Fluss badet, badet auch immer im Abwasser", sagt er. Die Bakterien kriege man da gar nicht alle raus …
Also vielleicht doch lieber Kanu fahren. Vermutlich muss man dabei ab sofort auch weniger planschenden Menschen ausweichen. In Rheinland-Pfalz werden generell keine Flüsse als Badegewässer ausgewiesen, da sie oft mit Bakterien belastet sind. "Wir raten vom Schwimmen in Fließgewässern ab", sagt Heike Spannagel, Pressesprecherin des Umweltministeriums. Nicht nur zu Ehec-Zeiten, sondern grundsätzlich. Denn die Situation könne sich von einer Minute auf die andere ändern. Verboten ist das Baden laut Spannagel allerdings nicht. Doch: "Wer entgegen der Empfehlung in einem Fluss schwimmt, macht das auf eigene Verantwortung". kah

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