Vom Wandel der Wirtschaften

Trier/Schoden/Mannebach · Mit Bier und Würstchen lässt sich heute kaum jemand noch in Wirtschaften locken. Ihre Zahl sinkt. Die traditionelle Dorfkneipe steht vor dem Aus. Wer überleben will, braucht neben Qualität Ideen. Ein Blick hinter die Theke.

Früher, da gab es den Frühschoppen. Nach der Kirche ging\'s in die Kneipe. Früher, da kamen die Männer nach der Arbeit auf ein Bier vorbei und standen umgeben von dichtem Rauch in drei Reihen vor der Theke, ehe einer die "Quetsch" holte, die anderen sangen und das Bier in Strömen floss. "Früher mussten wir die Leute hier auch unter der Woche um ein Uhr nachts rausschmeißen", sagt Elke Firmenich von der Trierer Traditionskneipe Alt Zalawen. "Früher haben wir in sechs Tagen sechs Fässer Bier, sechs Flaschen Batralzem, 100 Rohesser und 100 Fleischwürstchen verkauft", sagt der Gastwirt Thomas Herrig aus Meckel (Eifelkreis Bitburg-Prüm). Früher, ja früher - das waren goldene Zeiten.

Heute haben Gastwirte es schwer. "Die Zeit der Dorfkneipen und Landgaststätten ist vorbei", sagt Rolf Servatius, der selbst eine solche Wirtschaft betreibt: Das Gasthaus Servatius in Wittlich-Wengerohr. Es existiert seit 1852. Ein rustikaler Familienbetrieb mit Tradition. Und ein Betrieb ohne Zukunft. "Meine Kundschaft stirbt aus", sagt Servatius. Der 61-Jährige macht noch so lange, wie er Lust hat. Dann ist Schluss. Denn einen Nachfolger hat er nicht. Und er glaubt auch nicht, dass eine normale Kneipe auf dem Dorf noch Chancen hat.
Auch Christel Maxmina hat sich damit abgefunden, dass sie die letzte sein wird, die das Gasthaus Bidinger in Schoden bei Saarburg betreibt, das seinen Gästen zwei Kegelbahnen und drei wechselnde Tagesessen bietet. Ihre drei Kinder haben kein Interesse, den Betrieb zu übernehmen. Dank der Terrasse läuft das Geschäft im Sommer gut. Der Winter jedoch ist ruhig. Erst seit die Kegelbahnen ringsum dichtgemacht haben, ist Maxminas Bahn wieder öfter besetzt.

"Man kann solch ein Haus nicht leiten, wenn man davon leben muss", sagt Sara Roden vom Haus Sonnenberg in Deudesfeld (Vulkaneifel) - einer Pension mit Wirtschaft. Die 29-Jährige arbeitet nebenher in einem anderen Betrieb. Zwar hat sie Angst vor der Zukunft. Doch hat sie auch Pläne. Wenn ihre Eltern in Rente gehen, möchte sie investieren und ein spezielles Angebot für Kinder schaffen, die sich oft schon nach wenigen Tagen in der Eifel langweilen.

"Wir haben innerlich abgeschlossen", sagt Maria Feld vom Gasthaus Hubertusgrotte im Hunsrückort Monzelfeld. Während der Hotelbetrieb weitergeht, macht ihre Gaststätte am 1. Januar dicht. Und sie freut sich drauf. "Wir haben 33 Jahre lang von morgens bis spät abends gearbeitet. Jetzt kommt unsere Zeit", sagt Feld. Sie glaubt, dass die Krise Schuld am Niedergang der Wirtschaften ist. "Es sparen doch alle." Andere geben dem Rauchverbot Schuld. Der Promillegrenze. Den Dorfgemeinschaftshäusern. Dem Fernsehen, dem Internet, den Zeiten, die sich geändert haben.

Wer morgen noch da sein will, muss sich etwas einfallen lassen. Das Gasthaus Herrig aus Meckel bemüht sich um ein Angebot, das Menschen auch von weit her in das 400 Einwohner-Dorf lockt. Ein Dorf, ohne Durchgangsverkehr, Geschäfte oder Sehenswürdigkeiten: "außer einem wunderschönen Friedhof", sagt Thomas Herrig. Er setzt dabei nicht nur auf regionale Produkte der Dachmarke Eifel. "Menschen gieren nach Events", sagt er. Und die gibt er ihnen: Gourmetpartys rund um Eifeler Spezialitäten, kulinarisches Kabarett, Musikdinners, Lesungen oder Konzerte mit Sängerinnen aus dem Ort. Er bindet die Meckeler Vereine und auch die Bewohner: Am Kirmesmontag stiftet immer ein Gast den Schinken, lädt all seine Freunde ein und die trinken dann Herrigs Bier. Das Konzept geht auf. Auch dank der Möglichkeiten, die soziale Netzwerke wie Facebook bieten.
Auf ähnliche Weise gelingt es Hans-Günter Felten, sein Mannebacher Brauhaus voll zu kriegen. Er setzt auf regionale Produkte: eigenes Bier, eigenen Whiskey, hausgemachte Marmelade, Mannebacher Käse & Co. und auf Events mit in der Region bekannten Künstlern. "Wir sind auf dem Weg zur Kulturbrauerei", sagt Felten. Er ist einer von vielen, die es dank eines charakteristischen Angebots schaffen, dem Trend zu trotzen. "Das ist aber alles mit sehr viel Arbeit verbunden", sagt er. Gastronomie bedeute Fleiß.

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