Von den Nazis geschändet, im Krieg zerstört

BITBURG. Erst nach dem Krieg wurde die Bitburger Synagoge an der Ecke Rautenberg/Neuerburger Straße abgerissen. 68 Jahre nach der Reichspogromnacht erinnert allein eine Tafel an das Gebäude, das erst nach dem Krieg abgerissen wurde.

Ein paar Grabsteine, das Straßenschild "Pelzers Gäßchen" und zwei Gedenktafeln - das sind wohl die einzig erhaltenen sichtbare Zeugnisse früheren jüdischen Lebens in Bitburg. Dabei lebten im Altkreis Bitburg Anfang des 20. Jahrhunderts rund 200 Juden. Grundstück verkauft an eine Erdölgesellschaft

1824 kam mit der Familie Pelzer die erste jüdische Familie aus Trier in die Stadt. Mit den Jahren wuchs die Zahl der Familien, deren Tote in Trier bestattet wurden. 1890 erhielt dann die Religionsgemeinschaft in Bitburg einen eigenen Friedhof, der sich an den städtischen Friedhof in der Erdorfer Straße anschloss. Im Jahr 1900 wurde der jüdischen Gemeinde ein Schulzimmer zur Erteilung des "israelitischen Religionsunterrichts" zugewiesen. 1905 wurde der jüdische Bürger Jakob Juda erster Stadtverordneter. Im Gegensatz zum teilweise erhaltenen Friedhof ist von der Synagoge nicht mehr übrig. Wer wissen möchte, wie das Gotteshaus für Bitburger jüdischen Glaubens ausgesehen hat, muss entweder die Ausgabe Juli/August 1985 des legendären Geißblatts hervorkramen oder in den Bildband "Bitburg von der Nachkriegszeit bis zu den 80er-Jahren" schauen. In dem 2002 erschienenen Buch ist neben zwei herausgeputzten jungen Herren vor dem Köster-Grundstück im Karenweg auf der linken Bildseite die Ruine der Synagoge zu sehen. Aus Unterlagen der Stadt geht hervor, dass das jüdische Versammlungs- und Gotteshaus wohl um 1900 errichtet worden ist. Das Grundstück gehörte laut einer Schülerarbeit der so genannten Synagogengemeinschaft. Alle jüdischen Bürger Bitburgs waren als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. 1938 wurde die Synagoge von Bitburger Nazis aufgebrochen und verwüstet. Das nicht mehr als Gotteshaus genutzte Gebäude ging samt Grundstück am 4. Dezember 1942 an die Reichsvereinigung der Juden. Wenige Monate vorher, am 23. April, verließen mit den Angehörigen der Familie Silve Kallmann (zwei Erwachsene, zwei Kinder) aus der Kölnerstraße 4 die letzten Juden die Stadt. Die bekannte Heimatdichterin Gerda Dreiser schrieb im Aufsatz "Bitburg war ihre Heimatstadt" über deren Eintrag im Melderegister "Unbekannt wohin verzogen… Das hieß damals ,Endstation: Vernichtungslager‘". Über das Schicksal der Familie geforscht hat Stefan Roos aus Welschbillig, der derzeit ein Buch über die Geschichte der Juden in der Südeifel vorbereitet. Nach seinen Recherchen wurde der Metzgermeister und Viehhändler mit seiner Familie nach Trier und später nach Stuttgart gebracht. Von dort aus ging ein Transport in ein Durchgangslager im polnischen Izbica. "Mitte Mai 1942 sind die Familienmitglieder im Vernichtungslager Belzec vermutlich vergast worden", sagt Roos. Der Besitz der Synagogengemeinschaft wurde im Dezember 1944 beschlagnahmt und den zuständigen Finanzämtern zur Verwertung übergeben. So weit kam es in Bitburg nicht. Bei den schweren Bombenangriffen auf die Stadt im Dezember 1944 wurde das Gebäude stark beschädigt. In den Jahren 1948 oder 1949 soll die Synagoge schließlich abgerissen worden sein. 1951 erreichte die Jüdische Kultusgemeinde Trier, dass der Übergang des Grundstücks an die Reichsvereinigung für nichtig erklärt wurde, heißt es in der Schülerarbeit. Anstelle der nicht mehr bestehenden Synagogengemeinschaft übernahm die Kultusgemeinde das Gelände. 1951 verkaufte diese die Fläche an die BP. Die Erdölgesellschaft veräußerte das Grundstück schließlich 1975 an den heutigen Besitzer.

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