Von der Schulbank an die Werkbank

BIESDORF. (dab) Schülerpraktikum einmal anders: Am Sankt-Josef-Gymnasium in Biesdorf nahmen die Schüler der Jahrgangsstufe elf am Projekt "Compassio" teil. Das ist Lateinisch und bedeutet Mitleid oder Mitgefühl.

Drei Wochen lang Sozialpraktikum liegen hinter Martin Esch und Beate Niederprüm. Die beiden Schüler sind 16 Jahre alt und haben kürzlich Praktika in den Westeifel-Werken in Hermesdorf absolviert. "Es war gut, einmal zu sehen, wie es anderen Leuten geht", sagt Beate. Während ihres Praktikums haben die Schüler den behinderten Menschen bei Arbeiten in der Fabrik unter die Arme gegriffen. "Wir kümmern uns um die Leute, reden und knuddeln mit denen, gehen sie waschen", sagt Beate. "Den Rollstuhlfahrern habe ich beim Toilettengang geholfen, andere haben mit mir über ihre Probleme gesprochen, mit anderen habe ich zusammen gespielt", erzählt Martin von seiner Arbeit. "Ich hätte nicht gedacht, dass das so spannend ist und so viel Spaß macht. Das ist aber auch anspruchsvoll und verlangt viel Konzentration." Drei Wochen lang raus aus der Schule - stattdessen die tägliche Arbeit mit behinderten Menschen. Das war für die Schüler zuerst eine große Umstellung: "Am Anfang war ich noch etwas skeptisch", gibt Martin zu. "Da konnte ich mir die Arbeit noch nicht so richtig vorstellen. Aber man konnte sich schnell hier einfinden." Ein solches Praktikum ist für die Schüler nicht bloß Arbeit, es bringt ihnen auch persönlich etwas. Das weiß Marion Bröder, Sozial-Pädagogin bei den Westeifel-Werken. Sie betreut die Schul-Praktikanten vor Ort: "Es findet ein ganz gravierender Rollenwechsel statt. In der Schule sind die Lehrer für einen verantwortlich, hier wechselt der Schüler in die Betreuer-Rolle und ist selber verantwortlich für andere Leute." Für das Sozialpraktikum stellt das Sankt-Josef-Gymnasium Biesdorf die Schüler drei Wochen vom Unterricht frei, für alle Schüler der Jahrgangsstufe elf ist es Pflicht. So wie Martin und Beate in den Westeifel-Werken beschäftigt waren, arbeiteten ihre Mitschüler in Alten- und Pflegeheimen, in Jugendhilfeheimen, oder bei häuslichen Sozialdiensten. "Die Schüler helfen bei der Pflege von behinderten oder schwachen Menschen in dem Rahmen, der ihnen erlaubt ist", sagt Pater Willi von Rüden vom Biesdorfer Gymnasium. "Sie sollen also nicht einfach nur Ersatz sein beispielsweise zum Spülen, sondern selbst am Menschen arbeiten." Das hält Pater von Rüden gerade während der Schulzeit für unheimlich wichtig: "Die Schüler sollen da nicht nur Fachwissen pauken, sondern auch soziale Fähigkeiten lernen. Der Mensch lernt nicht nur für den Kopf, wir haben es eine Herzensbildung genannt." Martin und Beate jedenfalls sind von ihrem Sozialpraktikum begeistert. Sie würden das direkt nochmal machen: "Nach diesen drei Wochen sieht man einmal, wie gut es einem selber geht", sagt Martin.

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