Von der Suppenküche zum Rettungsdienst

Bitburg · Mit Suppenküchen und Nähstuben haben sie angefangen: In den 1870er Jahren legten Frauen die Basis für ein heute modernes Rettungs- und Sozialwesen im Eifelkreis, wenige Jahre nach der Gründung des Deutschen Roten Kreuzes vor 150 Jahren.

 Ein Foto aus alten Zeiten: die Sanitätskolonne im Kreis Bitburg aus dem Jahr 1939. Foto: DRK Bitburg

Ein Foto aus alten Zeiten: die Sanitätskolonne im Kreis Bitburg aus dem Jahr 1939. Foto: DRK Bitburg

Bitburg. 20 000 Mal rücken die Rettungswagen des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) Bitburg-Prüm Jahr für Jahr aus. Das war, als das DRK sich im Eifelkreis gegründet hat, anders. Damals hatte zunächst der Wohlfahrtsgedanke im Vordergrund gestanden. 1877 versammeln sich in Prüm Frauen unter dem Zeichen des Roten Kreuzes für soziale Aufgaben. Es folgen 1879 Bitburg und 1883 Neuerburg. Suppenküchen entstehen, in Nähstuben wird Kleidung hergestellt. "Das war eine Frauenbewegung, die echte Sozialarbeit geleistet hat", sagt Wolfgang Rieder, seit 1972 Geschäftsführer des DRK. Erst um die Jahrhundertwende kommen Sanitätskolonnen hinzu.
Der erste Krankenwagen fährt im Eifelkreis 1949. "Die waren damals stahlgrau und wurden von einem Sanitäter gefahren", sagt Rieder. "Als die Verbände Bitburg und Prüm 1974 fusionierten, hatten wir zwei oder drei Einsätze am Tag." Heute sind es im Schnitt 60. Statt neun hauptamtlichen Mitarbeitern sind es heute 540, davon 170 im Europäischen Bildungswerk.
Als Rieder in den 1970er Jahren als Ehrenamtlicher zum DRK kam, waren die Fahrzeuge noch nicht mit Funk ausgestattet. Heute gibt ein Ortungssystem der Leitstelle in Trier den Helfern Auskunft, wer am nächsten zum Einsatzort steht. So sind etwa die Rettungswagen aus Badem oft auch im Kreis Bernkastel-Wittlich unterwegs. Die meisten Einsätze, rund 55 Prozent, seien Krankentransporte, 36 Prozent Notfälle. "Wir sind im Kreis mit 14 Rettungswagen unterwegs", sagt der 63-Jährige. Bei Großeinsätzen stehe eine Reserve von rund zehn Fahrzeugen der Schnelleinsatzgruppen zur Verfügung. "So können wir unsere Schlagkraft innerhalb von wenigen Minuten verdoppeln."
Das Rote Kreuz stellt das Fahrzeug mit technischem Equipment sowie Fahrer und Assistent; die Notärzte sind in den Krankenhäusern Bitburg, Neuerburg und Prüm stationiert. "Zudem haben wir einen Standort mit einem niedergelassenen Arzt", sagt Rieder. Hinzu kommen die Ersthelfer.
Auch in den drei Sozialstationen mit 800 Hausnotrufkunden ist moderne Technik eingekehrt. "Wir haben die Schlüssel zu allen Wohnungen", sagt Rieder. Dass diese nicht in falsche Hände geraten, dafür sorge ein Sicherheitssystem, das mit Fingerabdruck funktioniere, wie etwa auch am Londoner Flughafen im Hochsicherheitstrakt. 120 000 Euro habe der Kreisverband vor drei Jahren dafür gezahlt. Wenn Rieder sich Ende des Jahres in den Ruhestand verabschiedet (der TV berichtete), sieht sein Nachfolger Rainer Hoffmann den demografischen Wandel als ein wichtiges Zukunftsthema für das DRK. Er hält es für notwendig, die sozialen Dienstleistungen wie etwa Sozialstationen, Tagespflege, Essen auf Rädern sowie betreutes Wohnen auszubauen. Einen weiteren Fokus will Hoffmann auf den Bereich der Kinder- und Jugendhilfe legen. Das DRK sei "ein Plus in dieser Welt", resümiert Rieder und betont: "Wir sind rund um die Uhr da, wenn Menschen Hilfe brauchen."Extra

... DRK-Geschäftsführer Wolfgang Rieder. Sie sind seit Mai 1972 Geschäftsführer beim DRK. Was waren Ihre ersten Aufgaben? Rieder: Ich sollte, so verlangte es der damalige Vorsitzende Landrat Karl Vogt, die beiden eigenständigen Rot-Kreuz-Verbände Bitburg und Prüm fusionieren. Das habe ich Ende 1973 perfekt gemacht - mein erster großer Wurf. Darauf bin ich persönlich sehr stolz, weil ich viele Freunde und Bekannte hatte, die mich unterstützt haben. Es gab auch viel Zurückhaltung und spürbare Barrieren. Wie hat das DRK Bitburg im größten und dünnsten besiedelten Landkreis in Rheinland Pfalz auf die veränderten Hilfsfristen reagiert? Rieder: Wir müssen in einem Flächenkreis die gleichen Zeiten einhalten wie in den Ballungsgebieten. Dazu haben wir innerhalb von eineinhalb Jahren drei Außenrettungsstellen gebaut, in Badem, Echternacherbrück und Winterspelt. So können wir die Frist von 15 Minuten gesetzeskonform einhalten. Das war ein organisatorisch und finanziell großer Aufwand. Dabei haben wir unser Anlagevermögen in den vergangenen acht Jahren von 3,6 auf neun Millionen Euro erhöht. Was möchten Sie Ihrem Nachfolger Rainer Hoffmann für die Zukunft mit auf den Weg geben? Rieder: Nutze deine Fähigkeiten, beschränke dich nicht auf Zuständigkeiten - bleibe dir treu, und sei aber immer offen für neue Ideen. mehiExtra

 Wolfgang Rieder. TV-Foto: Archiv

Wolfgang Rieder. TV-Foto: Archiv

Die Anfänge: Bundesweit gilt der Februar 1863 als Geburtsstunde des DRK. Vor dem Hintergrund der Schlacht von Solferino (1859) regt der Schweizer Henry Dunant die Gründung von freiwilligen Hilfsgesellschaften an. Das DRKim Eifelkreis hat 370 Mitarbeiter, zudem engagieren sich rund 800 Ehrenamtliche und 200 Jugendrotkreuzler in 14 Ortsvereinen. Im Rettungsdienst fahren 120 Mitarbeiter täglich im Schnitt 2500 Kilometer bei 60 Einsätzen, das entspricht 20 000 Einsätzen im Jahr. Sie sind in acht Wachen in Bitburg, Prüm, Arzfeld, Badem, Echternacherbrück, Neuerburg, Speicher und Winterspelt stationiert. 250 Hauptamtliche arbeiten in den drei Sozialstationen in Bitburg, Neuerburg und Prüm, die täglich rund 1000 Kunden versorgen, in der Tagespflege, die in Bitburg 34 und in Prüm 14 Pflegeplätze bietet, sowie im Bereich betreutes Wohnen. mehi

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