Von einem, der nicht lockerließ

Schwere Geburt: Bevor Bund, Land und Zweckverband die Konversion nach dem später vielzitierten "Bitburger Modell" aufs Gleis gesetzt hatten, wurde mit harten Bandagen gekämpft. An der Spitze der Bewegung: Landrat Roger Graef. Ein Blick zurück:

Bitburg. Die gelungene Konversion des Flugplatzes Bitburg ist keineswegs glücklicher Zufall, sondern Ergebnis zäher Verhandlungen, bei denen sich schließlich Bund, Land und der Zweckverband (siehe Extra) auf die städtebaulichen Verträge einigten, in denen die Erschließung des rund 500 Hektar großen Areals geregelt wurde. Doch es gab weit mehr Hürden zu nehmen:Heizen und Bewachen: "Wir waren der erste Konversionsfall, wo Land und Bund dazu bewogen wurden, die rund 500 Gebäude auf dem Flugplatz-Areal zu heizen und zu bewachen, so dass sie nicht alle in sich zusammenfallen und von Vandalismus zerstört werden - und damit für eine weitere Nutzung unbrauchbar gewesen wären", sagt Graef. Keine große Lösung: Anfangs sollte eine Hamburger Immobilienfirma im Auftrag des Bunds das Areal an einen Groß-Investor vermarkten. Erst als der nicht gefunden wurde, griff die vor Ort favorisierte kleinteilige Vermarktung. Das setzte allerdings ein klares Nutzungs-Konzept voraus, um Wildwuchs vorzubeugen. In Grundzügen stand bereits von Beginn an die Idee, einen Verkehrslandeplatz einzurichten und um Freizeitanlagen, Hotels und Gewerbe und Industrie zu ergänzen. Für dieses Ziel hat der Zweckverband auch einen Groß-Investor, der 1995 kurzfristig im Gespräch war, in die Wüste geschickt: Ein Niederländer gab an, das gesamte Areal für einen orientalischen Basar mit fliegenden Händlern, Marktschreiern und mehr nutzen zu wollen, rund 4500 Arbeitsplätze zu schaffen, und er bot dafür eine zweistellige Millionensumme. Doch den Akteuren vor Ort war der Spatz in der Hand (rund 70 ansiedelungswillige Firmen) lieber als die Taube auf dem Dach. Zentrale Anlaufstelle: "Für die praktische Abwicklung des Gesamt-Projekts war die Errichtung einer gemeinsamen Geschäftsstelle durch das Bundesvermögensamt Trier und den Zweckverband auf dem Flugplatz außerordentlich hilfreich", sagt Graef. Zumal Fach-Büros sich ebenfalls in der Geschäftsstelle im Tower niederließen und so die Wege für Unternehmer angenehm verkürzt werden konnten. Grundsätzliche Ziele: Durch eine städtebauliche Gesamt-Konzeption wurde sichergestellt, dass sich der Flugplatz nicht als Konkurrent zur Innenstadt entwickelt. So wurden Einzelhandels-Betriebe von vorneherein ausgeschlossen. Auch das Verbot des Dauer-Wohnens zählt zu den wichtigen Grundsatz-Entscheidungen. Zum einen sollte damit die Bildung eines Ghettos in Billig-Wohnungen verhindert werden. Zum anderen stand diese Entscheidung von Beginn an in Zusammenhang mit einer dritten Grundsatz-Entscheidung: dem Ziel "Industrieflughafen". Zwang zur Kooperation: Dank der Gründung des Zweckverbands Flugplatz Bitburg waren die Akteure vor Ort zum Kooperieren genötigt: Kreis, Stadt und Verbandsgemeinde Bitburg-Land sowie die beiden Ortsgemeinden Scharfbillig und Röhl mussten sich in wichtigen Fragen in diesem Zweckverband einigen. Ist doch der Zweckverband Verhandlungspartner von Bund und Land. Der Traum vom Fliegen: 1995 wollte das rheinland-pfälzische Sozialministerium ein Berufsförderungs- und Bildungswerk (das Euro-BBW) auf dem Flugplatz errichten. Doch das ließ sich nicht mit der angestrebten fliegerischen Nutzung des Areals vereinbaren. Die Bitburger standen vor der Wahl: Entweder platzt der Traum vom Fliegen oder der Traum vom Euro-BBW mit 130 Arbeitsplätzen am Standort Bitburg. Der Zweckverband wollte beides - und hatte Erfolg: Das Euro-BBW wurde in der Mötscher Straße angesiedelt, die langersehnte Instrumentenflug-Genehmigung wird noch dieses Jahr vom Luftfahrtamt Hahn erwartet. Hintergrund Flugplatz und Zweckverband: Knapp 500 Hektar misst der Flugplatz und erstreckt sich über die Gemarkungen von Bitburg, Scharfbillig und Röhl. Im Zweckverband sind der Kreis (37 Prozent anfallender Kosten), die Stadt Bitburg (37 Prozent), die Verbandsgemeinde Bitburg-Land (24 Prozent) und die beiden Ortsgemeinden Scharfbillig und Röhl (je ein Prozent). Rund 170 Hektar wurden im ersten Entwicklungsschritt erschlossen. Derzeit folgt die Erschließung weiterer knapp 60 Hektar. 200 Hektar zählen zur sogenannten Flugbetriebs-Fläche - mit Infrastruktur wie Rollbahn, Landebahn, Vorfelder und mehr. Rund 70 Hektar sind Wald- und Grünflächen. (scho)

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