Von Kontrolleuren überrannt

KYLLBURG. (rh) "Jetzt erst recht! Bauer sein in unsicheren Zeiten": So lautete der Titel einer agrarpolitischen Tagung in Kyllburg, die sich mit den Aussichten für die Landwirtschaft nach der EU-Agrarreform beschäftigte.

Wie geht es weiter nach der Agrarreform? Wie machen es die Landwirte in anderen Bundesländern? Diesen und vielen anderen Fragen gingen die rund 30 Teilnehmer einer Podiumsdiskussion in der Katholischen Landvolkhochschule in Kyllburg nach. Rudolf Meyer begrüßte als Leiter der Einrichtung gleich zu Beginn Harald Glahn. Der Staatssekretär im Mainzer Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau referierte über die Auswirkungen der Reform. "Die Direktzahlungen der EU werden zum Teil entkoppelt. Das heißt, sie werden nicht mehr nach Anbauflächen und gehaltenen Tieren, sondern teilweise pauschal gezahlt. Sie orientieren sich an der Höhe der Beihilfe, die ein Betrieb im Durchschnitt der Jahre 2000 bis 2002 erhalten hat. Die Mitgliedsstaaten können die Teile der Prämien als Betriebsprämie oder als allgemeine oder nach Acker- und Grünland differenzierte Flächenprämie zahlen", erklärte der Politiker den Praktikern die Zukunft der Prämienregelung. Prinzipiell ist diesen das bekannt. Nur es praktisch umzusetzen, bereitet ihnen Sorgen. Vor allem gibt es auch starke regionale Besonderheiten, was ein einheitlich passendes Modell für alle Bundesländer offensichtlich nicht abdecken kann.Landwirtschaft büßt 1,4 Milliarden Euro ein

Die EU-Agrarpolitik wird noch bürokratischer und komplizierter, die deutsche Landwirtschaft gehört zu den Haupt-Verlierern der Reform. Sie muss mit Einkommenseinbußen von rund 1,4 Milliarden Euro rechnen. Insbesondere Milchbauern und Rindviehhalter werden benachteiligt. Die deutsche Nettozahlerposition in der EU verbessert sich nicht. Das sind die konkreten Klagen der Bauern vor Ort. Sie fühlen sich zunehmend auch als Buhmann der Nation. "Kein anderer Berufsstand wird so massiv kontrolliert, ja gegängelt, wie es sich die Landwirte gefallen lassen müssen", beklagte Hildegard Frey. Damit zielte sie auch auf Ausschreibungen des Bundesumweltministers, der in Fachzeitschriften nach so genannten "verdeckten Ermittlern" sucht, die laut Frey "programmatisch auf den Bauernhöfen schnüffeln sollen". Für diesen Fall befürchten die Landwirte, dass nicht nur Berater, sondern auch Kontrolleure sie "überrennen" werden. Während der Tagung konnten die Teilnehmer die Sichtweise aus drei verschiedenen Bundesländern kennen lernen. So standen Melanie Westerschulte vom Winzerverband Rheinland-Nassau. Sepp Rottenaicher, Umweltbeauftrager des Landes Bayern, und Ulrich Oskamp, Landwirt und Referent der Diözesan-KLB in der Diözese Münster Rede und Antwort. Westerschulte sprach in Hinblick auf das in Rheinland-Pfalz bevorzugte Regionalmodell von der "für die hiesige Landwirtschaft noch am günstigsten Variante". Seine Kollegen aus Bayern und NRW dagegen bevorzugten die Betriebsmodelle. Endgültig vorbei sei es mit "dem freien Bauern auf freier Scholle", hieß es aus der Teilnehmerrunde. Dennoch versuchten die Referenten, den Landwirten auch Mut zu machen. "Nehmen sie ihren Betrieb genau unter die Lupe. Planen sie so, als ob es staatliche Prämien überhaupt nicht gäbe", empfahl Sepp Rottenaicher. Er sieht für die Landwirte neben der Lebensmittelproduktion Chancen im Anbau nachwachsender Rohstoffe als Brennstoffersatz. Ulrich Oskamp forderte mehr Gerechtigkeit im internationalen Wettbewerb.

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