Von oben ist unten mehr zu erkennen

Überraschende Perspektiven zeigen die Bilder, die noch bis Ende des Jahres im Rathaus Bitburg-Land zu sehen sind. Aufgenommen hat sie der in Lambertsberg wohnende Christian Credner. Der ehemalige Kardiologe fotografiert aus der Luft, bleibt dabei aber auf dem Boden.

 Der Drachenfotograf: Christian Credner zeigt im Rathaus Bitburg-Land eine Auswahl seiner Luftbildaufnahmen. TV-Foto: Uwe Hentschel

Der Drachenfotograf: Christian Credner zeigt im Rathaus Bitburg-Land eine Auswahl seiner Luftbildaufnahmen. TV-Foto: Uwe Hentschel

Bitburg. Die Leidenschaft von Christian Credner sind Luftbilder. Und hätte er Höhenangst, so wäre das kein Hindernis. Denn der pensionierte Arzt bleibt unten und schickt nur seine beiden Fotoapparate auf Reisen. Kleine handliche Digitalkameras ohne viel Schnickschnack, die an einem Drachen befestigt sind. Kein gewöhnlicher Drachen, sondern ein sogenannter KAP-Drachen. KAP ist die Abkürzung für die englische Bezeichnung "Kite Aerial Photography", was so viel bedeutet wie Luftaufnahmen mit dem Flugdrachen.

Technik dient vorwiegend archäologischen Zwecken



Bis zu 100 Meter kann Credner seinen Flügelkastendrachen in die Luft steigen lassen, um dann per Fernauslöser Bilder zu schießen.

Die Fotos, die dabei entstehen, zeigen nicht nur die Welt von oben, sondern auch von unten. Denn der Hobby-Fotograf setzt diese Technik vor allem für archäologische Zwecke ein. "Die Luftbildarchäologie findet in Deutschland viel zu wenig Beachtung", sagt Credner. Und das, obwohl sie eigentlich sehr einfach, kostengünstig und effektiv sei. So sind auf vielen seiner Bilder Felder und Wiesen zu sehen, unter denen die Überreste römischer Siedlungen schlummern. Aus der Erdperspektive sind sie nicht zu erkennen, aber aus der Luft. Und das, obwohl Erde darüber liegt (siehe Extra).

Einige dieser Aufnahmen werden derzeit im ersten Stock des Rathauses Bitburg-Land ausgestellt. Und auch der Fotograf ist hin und wieder anwesend, um den Besuchern die Hintergründe der einzelnen Bilder und die Umstände, wie sie entstanden sind, zu erläutern. Und manchmal erklärt er ihnen auch, was auf dem Bild eigentlich zu sehen ist. Denn das ist auf den ersten Blick nicht immer erkennbar.

Aber der Drachenfotograf knipst nicht nur verborgene Kulturdenkmäler, sondern auch Steinbrüche, Wege, Windräder oder Kühe und zeigt diese aus neuen Perspektiven. Manchmal werden die Digitalfotos am Computer nachbearbeitet.

Doch meist reiche schon die automatische Bildkorrektur aus, um das Motiv völlig zu verfremden, sagt Credner und zeigt das Luftbild einer Baustelle: Wer nicht weiß, was darauf abgebildet ist, hat kaum eine Chance, es zu erkennen. Wer es trotzdem versuchen möchte, hat dazu noch bis zum 30. Dezember Gelegenheit.

Extra Wie Verborgenes sichtbar wird: Dass unterirdische Reste von Siedlungen oft aus der Luft zu erkennen sind, liegt daran, dass Gräser und Getreide dort unterschiedlich hoch wachsen. Befindet sich beispielsweise unter der ebenen Erdoberfläche ein befestigter Graben, so ist die Humusschicht, die sich darauf gebildet hat, dicker. Deshalb wächst dort auch das Gras höher, weil der Nährstoffgehalt höher ist. Dort, wo unter der Erde jedoch die Reste einer Mauer liegen, ist die Humusschicht dünner, und das Gras wächst dementsprechend weniger hoch. Besonders gut lassen sich diese Unterschiede aus der Luft erkennen, wenn die Sonne möglichst tief steht (morgens/abends), weil dann die unterschiedlich hohen Gräser auch unterschiedlich lange Schatten werfen. (uhe)

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