„Es ist etwas Schreckliches passiert“ Warum ein Jäger in der Eifel ein Pferd auf der Weide erschossen hat

Bauler · Es ist wohl eine der schlimmsten Nachrichten, die man einer tierlieben Familie überbringen kann. Mitten in der Nacht steht ein Jäger vor ihrer Tür in der Eifel und berichtet, er habe ihr Pferd erschossen. Die Halter des Tieres: fassungslos. Was droht dem Schützen jetzt?

Das vordere Pferd wurde in Bauler erschossen. Die Eigentümer sind schockiert.

Foto: Viviane Bastin

Es ist die Nacht vom vergangenen Freitag auf Samstag. Knapp halb drei. Es klingelt an der Tür von Familie Bastin in Bauler an der luxemburgischen Grenze. Vor der Tür steht ein Jäger. „Es ist etwas Schreckliches passiert“, sagt er. „Du wirst doch wohl keines unserer Pferde erschossen haben“, antwortet Jonny Bastin, der sich in dieser Nacht in der Eifel befindet. Doch, hat der Jäger. Sofort eilen sie gemeinsam zur Weide, finden das tote Tier. Morgens darauf dokumentieren Polizei und Tierarzt den Fall.

Vorfall in der Eifel: Jäger hält Pferd für Wildschwein

Viviane und Jonny Bastin sind fassungslos. Wie kann es sein, dass ein Jäger eine zweijährige Stute erschießt, die zudem auf einer eingezäunten privaten Weide gestanden hat, die kein Jagdgebiet ist. Ein Versehen, sagt der Jäger. Er habe gedacht, dass es sich beim dem am Boden sitzend schlafenden Pferd um ein Wildschwein handeln würde. Familie Bastin wird emotional, wenn sie davon erzählen. Sie können nicht verstehen, wie so etwas passieren kann. „Das Pferd war unser Traum, sollte zu einem Turnierpferd ausgebildet werden.“

Dennoch möchten sie niemanden „in die Pfanne hauen“. Dem Jagdpächter, dessen Freund und Besucher das Pferd erschossen hatte, habe man angemerkt, dass es ihm sehr leid tue. „Wir wollen ein Zeichen setzen“, sagt die Familie. Darauf aufmerksam machen, dass genau hinschauen solle, bevor man abdrückt. In der Jagd nennt man das „ansprechen“. Heißt: Der Jäger muss vor dem Abdrücken Tierart, Alter, Geschlecht und eventuelle Krankheiten oder Verletzungen des Tieres erkennen. Inhalte, die man innerhalb des Jagdscheins (den der Jäger besitzt) lernt. Familie Bastin ist sich sicher: „Wer ein Pferd und ein Wildschwein verwechselt, der kann es nicht angesprochen haben.“

Das Pferd befand sich auf einer privaten Weide der Bastins. Das macht der Familie noch aus einem anderen Grund Sorgen: „Wir gehen teilweise nachts noch mit unserem Hund dort raus“, sagen sie. Dann lasse man ihn frei und spaziere über die Weide. „Was, wenn wir dort gewesen wären? Was wären wir gewesen? Kaninchen? Füchse?“

Ein weiterer Kritikpunkt, versehen mit sehr vielen Konjunktiven: Selbst, wenn es ein Wildschwein gewesen wäre und selbst, wenn er es hätte schießen dürfen, standen daneben noch drei andere Pferde. „Das ist normal bei den Pferden, wenn eines im Sitzen schläft, bewachen es die anderen“, sagen die Halter. Der Jäger hätte ihrer Meinung nach erkennen müssen, dass Pferde nicht ruhig neben einem Wildschwein stehen würden. „Wir haben seit 22 Jahren eigene Pferde, die bleiben nicht ruhig, wenn ein Wild im Gehege läuft.“ Der Schütze habe zugegeben, dass er die anderen Pferde gesehen hat“, sagt die Halterin. Hätte er das potenzielle Wild erschossen, hätte er außerdem die Pferde in Panik versetzen können.

Pferd erschossen: Polizei Bitburg ermittelt

Auch die Polizei geht der Sache nach. Wie der Leiter der Polizeiinspektion Bitburg, Mike Thull, auf Nachfrage unserer Zeitung erklärt, kämen Straftatbestände aus dem Strafgesetzbuch und dem Tierschutzgesetz in Betracht. Aber: „Es ist noch zu früh, um den Sachverhalt abschließend bewerten zu können“, sagt Thull.

Ein sehr ähnlicher Fall spielte sich im Jahr 2018 in Wilsdorf (Nordrhein-Westfalen) ab. Auch dort hatte ein Jäger ein Pferd auf einer Weide erschossen, auch er hielt es für ein Wildschwein. Der Schütze wurde freigesprochen. Die Begründung: Bei der Tötung eines Tieres handele es sich rechtlich um eine Sachbeschädigung. Da es keine „fahrlässige Sachbeschädigung“ gebe, müsse der Jäger vorsätzlich gehandelt haben. Das konnte das Amtsgericht Siegen nicht belegen.

Konsequenzen hatte der Fall für den Schützen dennoch: Die für ihn zuständige untere Jagdbehörde Gummersbach hat den Jagdschein des Mannes eingezogen. Fünf Jahre lang darf dieser nun nicht mehr auf die Jagd gehen.