Vorhersage für die nächsten Tage: Windstille

Neuerburg /Irrel · Die Kreisverwaltung hat den Flächennutzungsplan der Verbandsgemeinde Südeifel abgelehnt. Glaubt man dem Bürgermeister, lag das an Formalitäten. Windkraftgegner sagen hingegen: "Im Plan hat nichts gestimmt."

 ARCHIV - Windräder drehen sich am 24.06.2014 bei Ebersbach (Bayern) im Wind (Langzeitbelichtung). Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa (zu dpa: "Studie: Verbraucher verlieren Vertrauen zu Energieversorgern" vom 05.07.2014) +++(c) dpa - Bildfunk+++

ARCHIV - Windräder drehen sich am 24.06.2014 bei Ebersbach (Bayern) im Wind (Langzeitbelichtung). Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa (zu dpa: "Studie: Verbraucher verlieren Vertrauen zu Energieversorgern" vom 05.07.2014) +++(c) dpa - Bildfunk+++

Foto: Karl-Josef Hildenbrand (dpa)

Die Muxerather Höhe ist mit rund 550 Metern die höchste Erhebung im Naturpark Südeifel. Der Hügel bietet daher auch einen guten Ausblick über ebendiesen: die Äcker, die Bäume, die Felsen und die Windräder. Mehr als 160 sind es an der Zahl. 37 davon drehen sich in der Verbandsgemeinde Südeifel. Wenn es nach VG-Bürgermeister Moritz Petry geht, sollen es mehr werden.
Doch die Vorhaben der Verwaltung wurden erst mal gestoppt. Kürzlich lehnte die Kreisverwaltung den Flächennutzungsplan der Verbandsgemeinde ab (der TV berichtete). Bislang sind rund 850 000 Euro in Gutachten, Berechnungen und Expertengespräche geflossen. Es ist Geld, das die Südeifeler womöglich umsonst ausgegeben haben. Ganz zu schweigen von den rund 25 Millionen, die der VG laut Bürgermeister Moritz Petry verloren gingen, sollten die Anlagen nicht gebaut werden. Und das alles wegen einer Formalität, so der Christdemokrat.

Die Formalien Das sogenannte Zielabweichungsverfahren sei nicht abgeschlossen. Deshalb habe der Kreis eine Absage erteilt. Was das genau heißt? Einen Antrag auf Zielabweichung stellt eine Gemeinde dann, wenn sie alte Pläne verwerfen will, um neue umzusetzen. In diesem Fall bedeutet das: Zwölf Vorzugsgebiete wurden ausgewiesen, auf denen sich einmal Windräder drehen sollen.
Nun hat Petry am 19. Januar ein Schreiben an die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Nord geschickt und darum gebeten, dieser "Zielabweichung" zuzustimmen. Erst am 11. April hatte die Behörde das Verfahren eingeleitet, wie eine Mitarbeiterin auf Anfrage des TV mitteilt. Fast drei Monate lag der Brief also in Koblenz. Damit sei man aber noch im Zeitplan.
Was herauskommt, ist weiter offen. Denn die Planung der VG ist alles andere als unstrittig. Formal hat der Kreis sie zwar nur wegen der nicht vollendeten Zielabweichung abgelehnt, aber in Bitburg hat man schon seit Sommer 2016 Schwierigkeiten mit den Vorhaben der Südeifeler.
Auf eine Reihe von Problemen hatte die Verwaltung schon in einer Stellungnahme im August vergangenen Jahres hingewiesen.

Der Abstand Da wäre etwa die Entfernung der Windräder zu den Wohngebieten. Die neue Landesregierung schreibt seit Anfang des Jahres einen Mindestabstand von 1000 Metern vor. Die ausgewiesenen Flächen im Plan liegen mit rund 750 Metern aber näher an den Siedlungen. Hier müsste also eine Ausnahmeregelung ausgehandelt werden. Oder ein Großteil der geplanten Anlagen fiele weg.

Der Naturschutz Aber das ist längst nicht alles. Auch die Lage der Windräder könnte Schwierigkeiten machen. Schließlich liegt fast die gesamte Verbandsgemeinde Südeifel in einem Naturpark. Davon abgesehen, dass neuerdings in den Kernzonen solcher Schutzgebiete keine Anlagen gebaut werden dürfen, braucht man auch für die anderen Gebiete eine Sondergenehmigung der SGD Nord.
Gegen ein "Überziehen" des Naturparks mit "mosaikartigen Flächen" sprach sich der Kreis schon früher aus. In der Stellungnahme heißt es, die Pläne der VG würden "Löcher in vorhandene geschlossene, wenig gestörte Wälder reißen" und damit die "Schönheit des Naturparks Südeifel […] großflächig zerstören". Und auch die Lärmbelastung durch die Anlagen bereitet dem Kreis Sorgen.
Auch der Bürgerinitiative Gegenwind geht es um den Naturschutz. Vorsitzender Enno Harms sagt: "In diesem Plan stimmt gar nichts." Er und seine Mitstreiter sehen in den Sonderflächen seltene Arten gefährdet - etwa den Rotmilan, den Waldkauz und die Wildkatze. Sie befürchten außerdem, dass den Rotorentürmen auch alte Bäume zum Opfer fallen könnten, etwa ein rund 140 Jahre altes Laubgehölz bei Neuerburg.
Würden all diese Räder gebaut, blieben auch die Touristen aus, da ist sich Harms sicher. Doch wie viele sollen es eigentlich werden?

Die Anzahl Bürgermeister Moritz Petry spricht gegenüber dem TV von zehn bis zwölf Rotoren. Wer sich die Sonderflächen ansieht, bemerkt aber, dass Flächen von einigen Hundert Hektar Land für die Anlagen ausgewiesen wurden: Platz für rund 150 Windräder. Von solchen Zahlen geht auch der Kreis als "worst case" aus. Und das seien zu viele für den Naturpark.
Rund zwölf Prozent der Fläche der Verbandsgemeinde sind für Windenergie ausgewiesen - zwei Prozent gibt das Land vor. Dadurch befürchtet die Kreisverwaltung, "dass die geschützte Landschaft massiv technisch überprägt wird".
Petry fühlt sich von den Vorschriften der neuen Landesregierung und der Absage des Kreises überrumpelt. Deshalb hat er gegen Letztere Widerspruch eingelegt. Für diesen Widerspruch will der Kreis nun eine Begründung.
Indes fordert die Obere Naturschutzbehörde für das Zielabweichungsverfahren eine Karte mit Biotopen nach, die Forstverwaltung fordert, ein Gebiet bei Irrel wegen eines 170 Jahre alten Buchenbestandes aus dem Plan zu streichen. Insgesamt gibt es also noch einiges zu besprechen. Auch im VG-Rat wird das Thema am Mittwoch, 21. Juni, 18 Uhr in der Bürgrhalle, diskutiert.
Der Bürgermeister hofft indes weiter darauf, dass er sich mit der Verwaltung und der SGD Nord einigt. Maßgeblich wird wohl der Abschluss des Zielabweichungsverfahrens sein. Die Entscheidung fällt Ende Juni.
MeinungZu schnell, zu viel

Hunderttausende Euro hat die Verbandsgemeinde Südeifel investiert, um ihren Flächennutzungsplan durchzuboxen. Und das, ohne nach links und rechts zu schauen. Da werden Anlagen direkt neben Wohngebieten oder mitten im Naturpark ausgewiesen, und dann wundert man sich, wenn die Vorlagen abgelehnt werden. Zähneknirschend wird die VG einem Kompromiss zustimmen müssen. Hätte die Verbandsgemeinde schon in der Planung die Gesetzesänderungen beachtet, hätte sie ihren Bürgern jede Menge Kosten ersparen können. Schließlich sind die schon länger bekannt. Tja, das passiert eben, wenn man zu schnell zu viel will. c.altmayer@volksfreund.de

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