Unternehmen Prüm Türenwerk investiert zweistellige Millionensumme

Weinsheim · Das Prüm Türenwerk in Weinsheim wird im 50. Jahr seines Bestehens noch einmal deutlich vergrößert. Allein in diesem Jahr investiert man dort eine zweistellige Millionensumme – und macht derzeit Furore mit einer Neuentwicklung.

 Aus diesen Bändern werden Kanten: Türenwerk-Chef Stefan Burlage an der neuen, 180 Meter langen Anlage. Preis: elf Millionen Euro.

Aus diesen Bändern werden Kanten: Türenwerk-Chef Stefan Burlage an der neuen, 180 Meter langen Anlage. Preis: elf Millionen Euro.

Foto: Fritz-Peter Linden

In Weinsheim verdient man Geld mit etwas, das gar nicht existiert. Einer Fuge nämlich. Das Prüm Türenwerk hat dazu in den vergangenen Jahren die sogenannte Nullfugenkante entwickelt, jetzt steht die Serienproduktion.

Funktioniert folgendermaßen, man muss sich dazu nur eine Tür vorstellen: Das Große daran ist das Blatt, an den Seiten sieht man die Kante zur Falz, in die hüben das Schloss und drüben die Scharniere (Bänder) eingebaut sind. Alles zusammen sitzt in der Zarge, die in den Durchgang zwischen zwei Räumen eingepasst wird.

Die Kante zwischen Blatt und Falz – darum geht’s: Dort nämlich stößt bei beschichteten Türen das Oberflächenmaterial aneinander. Dadurch entsteht eine anfangs hauchdünne Fuge, aus der sich aber Klebstoff herausdrücken kann und die mit den Jahren der Abnutzung immer stärker sichtbar wird.

Nicht aber beim Türenwerk in Weinsheim, gegründet vor genau 50 Jahren (siehe Info): Dort, erklärt Geschäftsführer Stefan Burlage, hat man nämlich ein Verfahren entwickelt, bei dem diese Fuge verschwindet. Die äußere, sogenannte Funktionsschicht wird dabei „auf 400 Grad Celsius erhitzt und verbindet sich mit der Fläche“, sagt Burlage. „Dann sieht das wirklich fugenlos aus.“ Sieht nicht nur so aus, ist es sogar, genaugenommen.

In dieser Branche, ergänzt Burlage, „sucht jeder ein Alleinstellungsmerkmal. Das ist bei der Türentechnologie nicht einfach.“ Den Weinsheimern ist mit ihrer Nullfuge aber gelungen, ein solches zu entwickeln. Was dann auch gleich auf der großen Baumesse im vorvergangenen Januar in München eine Riesenresonanz gebracht habe. Die Nachfrage: immens.

Inzwischen läuft die Fertigung weitgehend, die ersten großen Holzhändler hätten das Produkt bereits eingelagert, sagt Burlage: „Das scheint ein Erfolg zu werden.“

Und damit gehen offenbar die Pläne der vergangenen Jahre ebenfalls auf: Zuletzt berichteten wir 2017 vom Türenwerk, damals entwickelte man gerade die Fertigung der Nullfugenkante und plante in Weinsheim auf weiteren vier Hektar Fläche rund 40 Millionen Euro auszugeben für, unter anderem, ein neues Zargenwerk. Auf vorhandener Fläche baute man inzwischen für fünf Millionen eine neue Verladehalle, in der die Kommissionen vollautomatisch für den Transport vorbereitet werden. Die Halle ging soeben in Betrieb.

Geplant ist außerdem ein Hochregallager für acht Millionen. Und das erwähnte Zargenwerk, der Spatenstich wird im März erfolgen. Preis? „30 Millionen. Ohne Maschinen.“ Damit sei man bereits bei gesamt 70 Millionen Euro, werde aber in den kommenden fünf Jahren „noch deutlich darüber hinaus“ investieren, sagt Stefan Burlage.

Die bisherige Entwicklung scheint all die neuen Ausgaben zu rechtfertigen: Erneut steigerte man die Produktionszahlen von 3800 Türen im Vorjahr auf jetzt 4100. Bei den Zargen sind es aktuell 3900 (Vorjahr: 3500). Alles pro Tag. Die Zargenzahl ist deshalb etwas kleiner, weil die nicht so oft getauscht werden wie Türen. Und weil man auch Türen fertigt, die in Stahlzargen eingesetzt werden, etwa in Krankenhäusern. Diese Zargen werden aber nicht in Weinsheim gebaut, sondern zugekauft.

Der Umsatz 2019: 145 Millionen Euro. Das macht einen Martkanteil von zwölf Prozent in der Bundesrepublik. Die 100 Millionen schaffte man erstmals 2013, seitdem steigert man sich stetig auf neue Rekorde – für 2020 rechnet Burlage mit 150 Millionen.

Dabei verkauft das Werk nicht einmal an Endkunden: „Wir beliefern nur den Fachhandel“, sagt Burlage. „Da haben wir eine klare Strategie: kein Do-it-yourself, keine Baumärkte.“ Und kein Onlinegeschäft. Außerdem bauen die Mitarbeiter in Weinsheim ausschließlich Innentüren. Und trotz der fortschreitenden Automatisierung sollen künftig noch mehr Menschen in Weinsheim arbeiten. Nicht einfach: Auch das Türenwerk muss mit der Demografie zurechtkommen, in absehbarer Zeit scheiden viele aus. Sie müssen ersetzt werden – und darüber hinaus will man weitere Mitarbeiter anheuern. Und natürlich ausbilden: Derzeit lernen im Türenwerk 18 Holzmechaniker, mit den weiteren, unter anderem kaufmännischen, Ausbildungsstellen sind es insgesamt 36 Lehrlinge.

 Wachstum in Weinsheim: Das Prüm Türenwerk erweitert seine Anlagen und steigert die Produktion.

Wachstum in Weinsheim: Das Prüm Türenwerk erweitert seine Anlagen und steigert die Produktion.

Foto: Fritz-Peter Linden
 Wachstum in Weinsheim: Stefan Burlage, Chef des Prüm Türenwerks.

Wachstum in Weinsheim: Stefan Burlage, Chef des Prüm Türenwerks.

Foto: Fritz-Peter Linden

Das Jubiläum begeht das Werk übrigens im September: Bei einem Fest mit der Kundschaft und einer weiteren Feier mit den Beschäftigten.

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