Wär's einfach, würd's ja jeder machen - Ein Gespräch mit den Erfindern der Eifel-Pipeline

Prüm · Die Eifel-Pipeline - und was im großen "Verbundsystem" an Ideen und Technik drinsteckt. Der TV hat darüber mit den beiden Erfindern Arndt Müller und Helfried Welsch gesprochen.

 Das Verbundprojekt der Landwerke Eifel: Jede Menge Genehmigungen – und Ordner – gehören auch dazu, bis die Eifel-Pipeline gezogen werden kann (Foto links). Diese beiden freundlichen Herren haben sich das Ganze ausgedacht: Arndt Müller (links) und Helfried Welsch. TV-Fotos (2): Fritz-Peter Linden

Das Verbundprojekt der Landwerke Eifel: Jede Menge Genehmigungen – und Ordner – gehören auch dazu, bis die Eifel-Pipeline gezogen werden kann (Foto links). Diese beiden freundlichen Herren haben sich das Ganze ausgedacht: Arndt Müller (links) und Helfried Welsch. TV-Fotos (2): Fritz-Peter Linden

Foto: (e_pruem )
Wär's einfach, würd's ja jeder machen - Ein Gespräch mit den Erfindern der Eifel-Pipeline
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Es war der Nebensatz mit den "künstlichen neuronalen Netzen", an dem wir hängengeblieben waren: Helfried Welsch hat ihn gesagt, bei der Gründung der Landwerke Eifel vor einigen Wochen in Prüm.

Die Landwerke bilden das Dach, unter dem eines Tages das "Verbundsystem Westeifel" (Volksmund: Eifel-Pipeline) die Region versorgen soll - mit Trinkwasser, Energie und schnellem Internet (der TV berichtete). Und die neuronalen Netze sind das digitale Nervensystem dafür: Sie sollen alles miteinander abgleichen, steuern und die nötigen Entscheidungen treffen.

Arndt Müller und Helfried Welsch von den Stadtwerken Trier haben sich das Projekt ausgedacht: Die Stadtwerke sind neben den Kommunen in der Region Gesellschafter der Kommunalen Netze Eifel - der Wasserversorger im Eifelkreis.
"Der Ursprung der gesamten Idee", sagt Arndt Müller, "war hier in der Eifel. Wir haben hier gesessen und überlegt, wie man die erneuerbaren Energien - die es ja zu Hauf gibt - mit der restlichen Infrastruktur verbinden kann." Und auf diese Weise nebenbei auch noch eine CO2-freie Trinkwasserversorgung in der Eifel hinzubekommen.

Das Problem: Die Natur stellt ihre Energie nicht so ganz zuverlässig bereit: "Wir haben nicht immer Wind und nicht immer Sonne", sagt Müller.
Deshalb müsse man das System flexibilisieren. Stehe also den Windrädern eine Flaute bevor oder den Fotovoltaikanlagen eine Wolkenfront, müsse die Schaltzentrale umjustieren: zum Beispiel auf Strom aus Bio-Erdgas. Oder auf Turbinenstrom aus Trinkwasser. Der dann ja vielleicht irgendwo eine Pumpe antreibt, die kurz davor noch mit Strom aus Windkraft gelaufen ist. Motto: "Der richtige Erzeuger muss zur richtigen Zeit laufen. Und der richtige Abnehmer muss zur richtigen Zeit abnehmen", sagt Arndt Müller.

Dann habe man sehr lange überlegt und sich gefragt, wie das zu schaffen sei. Irgendwer muss sich ja ein Computerprogramm ausdenken, das dazu in der Lage ist. "Wir haben mit vielen Firmen Gespräche geführt", sagt Müller. "Die wenigsten konnten liefern, was wir wollten." Unter diesen Firmen waren auch große - sehr große - Konzerne. Allerdings habe man dort nicht so recht verstanden, was die Herren aus der Region Trier von ihnen wollten.

Ein kleineres Unternehmen namens Aquatune in Hahnstätten im Rhein-Lahn-Kreis kapierte es dann: Es ist die gleiche Firma, die auch die Software für die Hauptkläranlage Trier entwickelt hat. Für das Verbundprojekt tüfteln die Aqua-Tuner jetzt ebenfalls am Steuerungsprogramm: eben dem neuronalen Netz.
Alle Energieverbraucher und -erzeuger der Kläranlage (Blockheizkraftwerk, Turbinen, Fotovoltaik auf den Dächern) sind per Glasfaserkabel miteinander verbunden. Derzeit werde noch ein Wärmespeicher gebaut, "damit wir das Blockheizkraftwerk noch flexibler fahren können". Wenn alles so weit ist, steuert das Programm die gesamte Energieversorgung der Anlage. Automatisch und autonom.

Es ist das kleine Beispiel, das als Vorlage für das große Verbundsystem dient. Dort sind die Aufgaben dann nicht nur größer, sondern auch komplexer.
Und die Software muss sogar in die Zukunft schauen können: "Das neuronale Netz", sagt Helfried Welsch, "muss wissen: Welche Wetterlage habe ich in der nächsten Viertelstunde? Dementsprechend werden die Anlagen dann gesteuert."
So könnte, wenn einmal alles steht und aneinander hängt, eine Region zu großen Teilen autonom versorgt werden - mit Wasser, Strom und Kommunikation. "Das ist eigentlich der dezentrale Ansatz, der in der Energiepolitik immer propagiert wird", sagt Arndt Müller.

Der Unterschied: "Wir betrachten das nicht isoliert, sondern verbinden die Anlagen miteinander", sagt Helfried Welsch. Und das System sei "über jede erdenkliche Sparte zu erweitern".
So weit ist es aber noch nicht. Zuerst muss einmal der große Graben gezogen werden. Die Genehmigung steht bevor, die ersten Arbeiten sollen im Januar beginnen. Und bis dann wirklich alles gebaut, verlegt, verbunden und funktionsfähig ist, werden noch einige Jahre vergehen.

Es klingt alles ziemlich fantastisch. Aber, sagt Arndt Müller, "wir bauen hier kein Wolkenkuckucksheim". Alles sei mit akribischen Wirtschaftlichkeitsplänen versehen. Immerhin, ergänzt er, baue man nicht mit eigenem Geld, "deshalb müssen wir damit sorgfältig umgehen".
Ein cleveres System, das Wasser, Energie und Kommunikation liefert, und das zu bürgerfreundlichen Preisen: Warum ist noch niemand woanders darauf gekommen?

Zum einen ist es eben furchtbar kompliziert. Und zum anderen, sagt KNE-Vorstand Monika Hau, koste das nicht nur viel Geld, sondern "sehr viel Abstimmung. Zwischen den Trägern des Vorhabens, der Politik und den Kommunen".
Die immerhin scheint in der Region zu funktionieren. Und zwar so gut, dass man dort jetzt Vorreiter wird. Mit einer Idee, die zwei Ingenieure aus Trier in Prüm hatten.

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