Waffenprozess: Jäger muss nicht hinter Gitter

Bitburg · Der Bitburger, der weit über 100 Waffen ohne Erlaubnis besessen hat, ist gestern vom Schöffengericht am Amtsgericht Bitburg zu einer Freiheitsstrafe, ausgesetzt zur Bewährung, verurteilt worden. Das Gericht hat offen Kritik an der Ordnungsbehörde des Eifelkreises Bitburg-Prüm geübt: Denn der bekannte Waffenbesitzer war nie kontrolliert worden.

Bitburg. "Das, was bei Ihnen gefunden worden ist, sprengt das Verständnis jedes normalen Menschen, der glaubt, dass Leute, die mit Waffen umgehen, auch dazu geeignet sind und dies sicher tun", sagte Udo May, Vorsitzender Richter des Schöffengerichts bei der gestrigen Verhandlung am Amtsgericht Bitburg zum Angeklagten. Nach einer anonymen Anzeige waren bei dem 59-jährigen Schießobmann der örtlichen Kreisgruppe des Landesjagdverbandes etwa 140 Waffen und Waffenteile, mehrere zehntausend Schuss selbst hergestellter Munition und 63 Kilogramm explosives Schießpulver zum Herstellen von Munition sichergestellt worden. Es war der größte Fund illegaler Waffen, den es in der Region je gegeben hat (der TV berichtete).
Allein für das Vorlesen der Liste der Waffen, die der Mann illegal besaß, benötigte Staatsanwalt Volker Blindert trotz hohen Lesetempos länger als zweieinhalb Minuten.
Was die Verhandlung am Amtsgericht zutage förderte, ging aber noch deutlich weiter. Der jahrelange Jungjäger-Ausbilder hatte die selbst hergestellte Munition auch zur Schießausbildung verkauft. Das Groteske: Nahezu jeder der örtlichen Jäger wusste davon, niemand unternahm etwas dagegen. Wohl auch, weil der Angeklagte vor allem als gutmütiger und hilfsbereiter Mensch gerade unter Waffenbesitzern bekannt war. "Wenn jemand etwas gebraucht hat, dann wusste er, dass mein Mandant helfen konnte", sagte Verteidiger Dr. Günther Grün. Der Angeklagte reparierte auch Waffen, baute sogar welche selbst. Darunter auch mehrere Schießkugelschreiber. Mindestens zwei davon hat er laut Anklage sogar verschenkt. Und es sei schon zu Unfällen mit diesen gefährlichen Waffen gekommen.
Ob er wusste, dass das alles verboten ist, wollte der Vorsitzende vom recht wortkargen Angeklagten wissen. "Ich hatte mir da keine Gedanken gemacht", sagte dieser. Er habe eben auch mal an Waffen "rumgespielt" und "Dinge ausprobiert".
Am Ende konnte das Gericht gar nicht alle Details der Anklage mündlich verhandeln, es hätte den Rahmen gesprengt. Staatsanwalt Blindert forderte wegen mehrerer Verstöße gegen das Waffengesetz, eines Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz und eines Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz zwei Jahre und sechs Monate Gefängnis für den Beschuldigten.
30 neue Ermittlungsverfahren


Strafmildernde Umstände sah der Staatsanwalt im Geständnis und in der Kooperation des Jägers. Durch seine Mithilfe sind rund 30 weitere Ermittlungsverfahren mit waffenrechtlichem Hintergrund gegen andere Personen angelaufen. Die Verteidigung forderte eine Strafe auf Bewährung. Das Gericht folgte diesem Antrag und verurteilte den 59-Jährigen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, ausgesetzt zur Bewährung. Zusätzlich muss er 1500 Euro Geldbuße an einen gemeinnützigen Verein zahlen. Staatsanwaltschaft und Verteidigung verzichteten auf Rechtsmittel, das Urteil ist damit rechtskräftig.
"Ihm wurde es auch zu leicht gemacht", führte Verteidiger Grün aus. Nie habe die zuständige Ordnungsbehörde des Eifelkreises Bitburg-Prüm den Mann kontrolliert, sagte auch Richter May mit durchaus kritischem Unterton in der Urteilsbegründung. Und das, obwohl der Behörde bekannt war, dass der Mann auch rund 140 legale Waffen besaß.

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