Walburgas Kampf für freie Fahrt

Auf! Walburga, dein Radweg, jetzt isser auf! Die Sau! Blöder Radweg, blöder", hab ich zu Walburga gesagt. Obwohl als Radweg ausgewiesen, war die Strecke über den Bitburger Flugplatz bis vor Kurzem nämlich keineswegs befahrbar.

"Nur die Hinweis-Schilder fehlen noch." Und was macht Walburga: Fängt an zu hyperventilieren, unter der Kittelschürze bebt's und wackelt's, und dann kippt sie um. Das war zuviel für sie. Daran hätte ich sie nicht erinnern dürfen - an unseren Fahrradausflug, damals, als wir den Plan hatten, einer gelben Linie im von der Kreisverwaltung, der VG und den Touristinformationen herausgegebenen Radatlas Südeifel zu folgen. "Und wenn ich mal einen Plan hab, dann mach ich das auch", hab ich ihr gesagt. Das war etwa zehn Minuten, nachdem wir Scharfbillig verlassen hatten - hinter uns ein rumpeliger Feldweg, vor uns der Bitburger Flughafen, dazwischen ein zweieinhalb Meter hoher Zaun und Natodraht. Und die gelbe Linie führte genau da drüber. "Walburga", hab ich gesagt. "Du gehst vor." Sie wollte nicht. Was das für ein Radweg sein soll, wollte sie wissen, ob ich überhaupt Karten lesen könne und, wenn ja, warum zum Teufel dann da ein Zaun stehe. "Der Zaun ist noch vom Kalten Krieg", hab ich ihr gesagt. Und dann wurd's wunderlich. "Kalter Krieg, so ein Mist!" Der sei vorbei. Vorbei, hat Walburga gesagt. "Da mach ich nicht mit." Und wenn der Putin noch so viele Raketenabwehrdinger bauen wolle, deklamierte sie. Wir seien schließlich im Zeitalter des Terrorismus. "Al-Qaida, Pitter - da bringen Zäune in der Südeifel nix". Aus Protest werde sie das politisch überholte Hindernis überwinden - zumal ja auch der Herr Landrat mit seinem Radatlas oder wer auch immer Erfinder der gelben, angeblich fahrbaren Linie in diesem Buch ist, zu wollen scheine, dass sie, Walburga, in ihrem Alter noch zu klettern beginnt.Walburga kletterte. Ich trank Stubbi und wunderte mich. Ob sie sich beim Häkeln immer Polit-Magazine reinpfeift?Beim dritten Stubbi hatte sie den Gipfel des Zauns erklommen. Eine Fußspitze steckte auf jeder Seite in einer Drahtmasche, mit der linken Hand umklammerte sie den kleinen Ast eines Baumes. Die B-Note war miserabel. Und dann gab der Ast nach. Um ihr das Aufwachen im Krankenhaus zu versüßen, hatte ich bei ihren Freundinnen vom Häkelclub ein riesiges handbesticktes Transparent in Auftrag gegeben und ein Video davon gedreht, wie wir das von der Brücke über die B 51 baumeln ließen. "Freie Fahrt über den Flughafen - Tod dem Kalten Krieg". Walburgas Protest hat offensichtlich gewirkt, bald kommen sogar Radweg-Schilder an besagte Stelle. Das muss sie jetzt erstmal verdauen. Also bis dann, euer

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