Forstwirtschaft Und wieder grüßt der saure Regen – warum Hubschrauber im Wald bei Oberkail Kalk ausstreuen

Oberkail · Kalk am Duschkopf ist unerfreulich, im Wald kann er aber nützlich sein. Deswegen gab es in Oberkail in den vergangenen Wochen eine Waldkalkung. Das bringt nicht nur den Bäumen etwas, sondern auch uns Menschen.

Bei Waldkalkung im Wald Oberkail wird mit Hubschraubern Kalk verteilt
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Waldkalkung in Oberkail

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Foto: Trierischer Volksfreund/Veronika Königer

Ein Hubschrauber kreist über den Baumwipfeln, an einem Seil unter ihm hängt ein großer Trichter. Plötzlich öffnet er sich und eine große, orangefarbene Staubwolke geht über dem Wald nieder. Der Helikopter dreht ab und zieht eine Staubfahne hinter sich her, verschwindet fast zwischen den Bäumen, steigt wieder auf und die Szenen wiederholen sich.

Dieses Spektakel, das in den vergangenen Wochen im Wald bei Oberkail zu beobachten war, ist eine Waldkalkung. Einen Vormittag lang war der TV gemeinsam mit Förster Tarlach Wohlers vor Ort und hat sich von dem Leiter des privat geführten Forstreviers Oberkail erklären lassen, was eine Waldkalkung überhaupt ist und wieso sie den Bäume und auch uns Menschen nützt.

Wie funktioniert eine Waldkalkung?

Bei einer Waldkalkung wird Kalk mittels einem Hubschrauber im Wald verstreut. Das klappt nur im Team: ein Hubschrauberpilot in der Luft und ein Baggerfahrer am Boden, der den Hubschrauber belädt. Wichtig sind auch die LKW-Fahrer, die den Kalk holen und zu den Landeplätzen der Hubschrauber bringen.

Klingt simpel, aber dafür ist viel Konzentration und eine gute Zusammenarbeit vor allem zwischen Hubschrauberpilot und Baggerfahrer gefragt. Denn eine Runde der Kalkung dauert nur 90 Sekunden. Der Hubschrauber schwebt über der Lichtung, auf der der Kalk abgeladen ist. An einem circa zwanzig Meter langen Seil hängt unter ihm ein Streukübel. Das ist ein mannshoher trichterförmiger Kübel, in den ungefähr eine Tonne Kalk passt. Die füllt der Baggerfahrer mit der Schaufel hinein, dann fliegt der Hubschrauber los und lässt den Kalk etwa sieben bis zehn Meter über den Baumspitzen ab. Der Pilot sieht auf einem Bildschirm im Cockpit genau, wo er den Kalk verteilen muss – das läuft über GPS.

Während der Hubschrauber in der Luft ist, lädt der Baggerfahrer die nächste Runde Kalk auf und wartet, bis der Pilot wieder über der Lichtung schwebt. Die nächste Tonne kommt in den Streubehälter, und schon geht das Ganze wieder von vorne los. Damit alles so genau und schnell klappt, stehen beide in ständigem Funkkontakt.

Der Kalk, der verwendet wird, ist kohlensaurer Magnesiumkalk. Pro angefangene 500 Tonnen muss Förster Tarlach Wohlers eine Probe des Kalks nehmen und zum Landesuntersuchungsamt schicken. Dort wird der Kalk auf Schadstoffe, Kerngröße und Wassergehalt überprüft. Der in Oberkail eingesetzte Kalk kommt aus der Region, aus Wallersheim. Er ist laut dem Förster in keiner Weise gesundheitsschädlich – nur etwas staubig.

Waldkalkungen wie diese sind nur etwa alle zehn Jahre notwendig. Die Kalkung in Oberkail kostet etwa 100.000 Euro und wird zu einem großen Teil vom Land Rheinland-Pfalz gefördert.

Was nützt der Kalk?

Eine Waldkalkung kann zum einen das Grundwasser schützen. Jahrzehntelang sind Schadstoffe, zum Beispiel von Kraftwerken oder Autoabgasen, in den Waldboden eingedrungen – Stichwort saurer Regen (siehe Infobox). Dadurch haben sich dort Säuren angesammelt. Die Säuren bilden einen sogenannten Horizont. Gelangen weitere Säuren in den Boden, bewegt sich dieser Horizont Richtung Grundwasser. Im Zuge dessen werden in den Böden vorhandene Schadstoffe und Schwermetalle gelöst und können ins Wasser gelangen.

Kalk ist basisch, das heißt, er bildet einen Gegensatz zu den Säuren und kann den übersäuerten Waldboden deswegen neutralisieren. Indem er die im Boden vorhandenen und die neu dazukommenden Säuren abpuffert, bewirkt er, dass der Säurehorizont keinen Nachschub mehr bekommt und nicht weiter Richtung Grundwasser wandert.

Ist der Waldboden zu sauer, schadet das auch den Bäumen. Ihre Feinwurzeln sterben auf Dauer ab und sie bekommen zu wenig Nährstoffe. Blätter und Nadeln vergilben und fallen ab, teilweise sterben die Bäume ganz. Auch dagegen kann der Kalk helfen. Die Bäume sollen durch die Waldkalkung wieder in die Lage versetzt werden, die Nährstoffe aufzunehmen, die sie benötigen.

Wer macht die Waldkalkung in Oberkail?

In Deutschland gibt es insgesamt nur sieben Firmen, die sich auf Waldkalkungen spezialisiert haben. In Oberkail hat HeTraLog aus Schleswig-Holstein die Kalkung übernommen, in Zusammenarbeit mit einem Unternehmen aus Dortmund, von dem die Lastwägen zum Transport des Kalks kommen. Da es nur so wenige Anbieter für Waldkalkungen gibt, sind die Arbeiter der Firmen oft bundesweit unterwegs und jede Woche in einer anderen Gegend Deutschlands im Einsatz.

Wie lange dauert das Ganze?

Das hängt ganz von der Fläche ab, die gekalkt werden soll. In Oberkail sind es es 630 Hektar, pro Hektar werden drei Tonnen Kalk ausgebracht. Ein Team schafft bis zu 300 Tonnen Kalk am Tag, in Oberkail waren teils mehrere Teams im Einsatz. Dort kommt allerdings erschwerend hinzu, dass nur bei klarem Himmel gekalkt werden konnte. Grund dafür ist die nahe Airbase Spangdahlem. Wegen dieser durften Hubschrauber nur fliegen, wenn für die Amerikaner Sichtkontakt möglich war.  Deswegen waren die Teams mehrere Wochen vor Ort.

Sind Waldkalkungen wirklich notwendig?

Zu Waldkalkungen gibt es zwei Lehrmeinungen, sagt Förster Tarlach Wohlers. Die einen finden, die Waldböden seien in der Vergangenheit schon oft genug gekalkt worden und es sei nicht mehr notwendig. Deswegen sind Waldkalkungen in Deutschland auch nicht mehr so häufig wie noch im letzten Jahrtausend.

Die anderen, zu denen auch der Förster gehört, sind der Meinung, dass Waldkalkungen weiterhin nötig sind. Denn der aktuelle Waldzustandsbericht zeige, dass viele Bäume immer noch unter den eingetragenen Schadstoffen leiden. Wohlers bekräftigt: „Wir stehen voll hinter der Waldkalkung!“

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