Was passiert, wenn der Hausarzt in Rente geht?

Speicher · Fünf Hausärzte praktizieren derzeit in der VG Speicher. Zwei davon sind über 60 Jahre alt. Wer kümmert sich um die Patienten, wenn die Mediziner in Ruhestand gehen? Um diese und weitere Fragen rund um die ärztliche Grundversorgung ging es jetzt bei einer öffentlichen Ratssitzung in Speicher - mehr als 100 Besucher waren dabei.

Speicher. Zum Augenarzt nach Daun, zum Frauenarzt nach Trier: Wenn Sanni Koster aus Speicher zu einem Facharzt will, dann muss sie sich ins Auto setzen. Denn in der Verbandsgemeinde Speicher gibt es nur wenige Spezialisten. "Wer kein Auto hat, ist auf öffentliche Verkehrsmittel oder auf ein Taxi angewiesen", sagt die Rentnerin. Immerhin sei Speicher derzeit noch gut mit Hausärzten versorgt. "Ich wohne direkt neben meinem Hausarzt Detlef Stiemert." Doch da gibt es etwas, das Sanni Koster beunruhigt. Sie fragt: "Viele Hausärzte gehen in den nächsten Jahren in Rente. Was passiert dann?"
Diese Frage stellen sich auch die Mitglieder des Verbandsgemeinderats Speicher. Aus diesem Grund hatten sie nun zu einer öffentlichen Ratssitzung eingeladen, in der es um die zukünftige ärztliche Versorgung der Gemeinde ging.
Knapp 100 Bürger waren gekommen um mit Thomas Christ von der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz, mit Helmut Berscheid vom Eifelkreis Bitburg-Prüm und dem Speicherer Hausarzt Dr. Detlef Stiemert zu diskutieren. Es war Thomas Christ, der in seinem Vortrag die Problematik in der Verbandsgemeinde auf den Punkt brachte: "Es gibt in der VG derzeit fünf Hausärzte (im Versorgungsbereich der VG sind es sieben, Anm. d. Redaktion), drei in Speicher und zwei in Orenhofen - davon sind zwei über 60 Jahre alt."
Mit diesen Zahlen, so Christ, liege Speicher ungefähr im Landesdurchschnitt. "Für das Land Rheinland-Pfalz gilt: 50 Prozent der tätigen Hausärzte gehen voraussichtlich bis 2020 in Rente."
Detlef Stiemert gehört zu diesen 50 Prozent. "Ich stehe kurz vor der Rente", sagt der Hausarzt, der seine Praxis in der Speicherer Altstraße hat. Er sagt: "In Sachen ärztlicher Versorgung wird es bald eng in der Verbandsgemeinde - es ist fünf vor zwölf." Auf der Versammlung am Donnerstag versuchte er mit drastischen Worten, auf die Situation aufmerksam zu machen. Seine Forderung: "Wir brauchen einen Arbeitskreis, in dem sich die Fraktionsvorsitzenden, der VG-Bürgermeister Manfred Rodens, die Ortsbürgermeister und hiesigen Ärzte zusammensetzen und gemeinsam Lösungen erarbeiten."
Ärztehaus möglich


Eine mögliche Lösung hat der Mediziner auch schon parat: die Einrichtung eines Ärztehauses in den Räumen der jetzigen Realschule, in der ab Sommer 2018 voraussichtlich der Unterricht eingestellt werden soll.
"Es könnte eine sogenannte Berufsausübungsgemeinschaft entstehen, mit Ärzten, die dort ihre Zweitpraxis betreiben." Er könne sich eine Radiologie sowie weitere Fachärzte und Hausärzte in den Räumen vorstellen. "Aber so weit sind wir noch lange nicht, das ist Zukunftsmusik", weiß der Mediziner. Für eine solche Lösung müsse ein Investor gefunden werden, und auch die Gemeinde müsse das Projekt tatkräftig unterstützen. Die Verbandsgemeinde hat sich nun in einem ersten Schritt für das Projekt "lokale Zukunftswerkstätten zur Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung" des Landes Rheinland-Pfalz beworben.
VG-Bürgermeister Rodens erklärt: "Gemeinsam mit lokalen Akteuren des Gesundheitswesens und unter Mitwirkung der Kassenärztlichen Vereinigung werden in diesem Rahmen Ideen und Maßnahmen zur Sicherung der ärztlichen Grundversorgung in den Gemeinden entwickelt." Ob Speicher allerdings in das Programm aufgenommen wird, entscheidet sich erst in den kommenden Wochen. Für Rodens steht dennoch fest: "Wir haben die Dringlichkeit des Problems in der VG erkannt und werden uns zügig darum bemühen, damit die ärztliche Versorgung in Speicher auch in Zukunft gesichert ist." Es gehe vor allen Dingen darum, junge Ärzte nach Speicher zu locken. "Voraussetzung dafür sind perfekte Rahmenbedingungen, wie gute Kitas und gute Schulen." Den von Detlef Stiemert vorgeschlagenen Arbeitskreis hält Rodens für eine gute Idee. Ob und ab wann dieser eingerichtet wird, möchte der VG-Bürgemeister allerdings noch nicht sagen. mfr

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