Was, wenn Kampfjets Loopings fliegen?
Vor kurzem hat ein zivil genutzter tschechischer Kampfjet über Bitburg-Mötsch für zahlende Fluggäste Loopings gedreht - ein Beschwerdefall, den ein Vertreter der Luftwaffe nutzte, um den Mitgliedern des Kreistags Bitburg-Prüm zu verdeutlichen, wie die militärische Flugüberwachung funktioniert.
Bitburg/Prüm. Noch immer sind die Ausläufer der großen Wellen zu spüren, die das Thema Fluglärm im vergangenen Jahr in der Region geschlagen hat: Die Menschen hatten sich schon an ruhigere Zeiten gewöhnt, als das 52. Jagdgeschwader vor etwa einem Jahr aus seinen Einsatzorten in Afghanistan und dem Irak zurückgekehrt war - und es über der Eifel wieder deutlich lauter wurde. Hinzu kamen die Scheinangriffe eines amerikanischen Kampfjets auf das Eifeldorf Nattenheim, die weit über die Grenzen des Kreises hinaus für Empörung sorgten. Kein Wunder, dass Politiker diesem Thema inzwischen Bedeutung zumessen.
Auch in der Kreistagssitzung am Montag war es Teil der Tagesordnung. Hans-Ludwig Rau, Oberst der Luftwaffe, informierte die Mitglieder des Kreistags über die Arbeit der militärischen Flugüberwachung - und hatte gleich einen ungewöhnlichen aktuellen Fall aus Bitburg im Gepäck. Am 19. Februar war um 16.11 Uhr bei der Luftwaffe eine Beschwerde eingegangen: Über Bitburg-Mötsch sei ein Kampfjet in viel zu geringer Höhe geflogen und habe noch dazu Loopings gedreht. Etwas, das dort auch deswegen verboten ist, weil eine vor kurzem ins Leben gerufene Lärmschutzkommission erwirkt hat, dass in einem Umkreis von 28 Kilometern um Spangdahlem keine taktischen Übungsflüge mehr zulässig sind (der TV berichtete).
Die Luftwaffe ging der Sache nach und stellte fest: Tatsache, der Beschwerdeführer hatte recht. Allerdings handelte es sich nicht um einen militärischen Flug. Laut Rau war ein zivil genutztes tschechisches Jagdflugzeug, das gegen Geld Gäste vom Bitburger Flugplatz nach Luxemburg bringt, die Ursache der Irritationen. Da die Luftwaffe nur für militärische Flüge zuständig ist, leitete sie die Informationen ans Innenministerium weiter.
45 Sensoren, deren Daten 37 Server verarbeiten
Informationen, die die Luftwaffe gewinnen konnte, weil sie von 45 Sensoren flächendeckende Radardaten empfängt, die sie mit Hilfe von 37 Servern verarbeitet. So kann sie zu jeder Zeit jede einzelne Flugbewegung über Deutschland verfolgen. Es genügt ein Mausklick auf eines der zahlreichenden sich bewegenden Pünktchen auf der Radarkarte, um Aussagen über Flughöhe, Geschwindigkeit und Route der Flugzeuge zu erhalten.
So kann die Luftwaffe Beschwerden nachgehen. 5000 davon erreichen sie jährlich. Bei einigen handelt es sich um Schadensersatzforderungen: zersplitterte Schaufensterscheiben, Schindeln, die auf den Porsche des Nachbarn fallen, oder geplatzte Aquarien. Im Jahr 2008 hat die Luftwaffe deutschlandweit 850 Fälle untersucht. Rau betonte, dass es für solche Untersuchungen dringend notwendig sei, dass Beschwerdeführer genaue Informationen über Ort, Datum und Uhrzeit nennen. "Hier wird absolut nichts vertuscht. Wir gehen den Beschwerden nach", sagte er.
Wer also Beschwerden hat, kann sich an das Bürgertelefon der Luftwaffe wenden. Es ist von Montag bis Donnerstag von 8 Uhr bis 17 Uhr und freitags zwischen 8 Uhr und 12:30 Uhr erreichbar unter Telefon 0800/8620730.
Meinung
Gut, dass sich was bewegt
Fluglärm kann die Lebensqualität stark einschränken. Daher ist es gut zu sehen, wie ernst dieses Thema inzwischen genommen wird: von der Bevölkerung, von Politikern, von der deutschen und auch der amerikanischen Luftwaffe. Ebenso erfreulich ist es zu sehen, wie viel sich alleine im vergangenen Jahr bewegt hat: Eine internationale Arbeitsgruppe hat mit Rückendeckung des Innenministeriums Maßnahmen erarbeitet, die den besonders lärmgeplagten Regionen von Rheinland-Pfalz und dem Saarland tatsächlich Entlastung bringen könnten. All das ist keineswegs selbstverständlich. Und es könnte betroffenen Bürgern das Gefühl geben, nicht ganz alleine damit zu sein, wenn Piloten für zahlende Gäste über einem Stadtteil Bitburg Loopings drehen - oder sich ähnlich rücksichtslos verhalten. k.hammermann@volksfreund.de